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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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war mittlerweile heller geworden, hatte eine dunstig blaue Farbe. Die Sonne versteckte sich noch immer hinter den Bergen auf dem Festland, kündigte aber ihren Aufgang durch zunehmend strahlenden Glanz an. Togodumnos nahm ein langes Schwert zur Hand, auf dessen Klinge das stärker werdende Licht blitzte. Die Druiden lehren, dass es zwei Arten von Opfergaben gibt: Gaben, die zusammengetragen werden, um Menschen und Götter in eine Gemeinschaft zu fügen, sowie Gaben, die zerbrochen werden, um sie für den Menschen unbrauchbar zu machen.
    »Diese Waffen haben wir von unseren Feinden in Stammesgefechten erbeutet. So wie ich diese Klinge zerbreche«, sagte er, stellte sich mit der Hacke auf die Schwertspitze, hob sie an, bis das Metall ächzte und nachgab, »beende ich die Feindschaft, die zwischen uns lag. Ihr Götter unseres Volkes, nehmt dieses Opfer an!« Das Schwert zersprang, flog kreiselnd davon, als er es losließ. Die kurvige Flugbahn war vor dem blassblauen Himmel deutlich zu sehen, bis das Schwert mit einem lauten Platschen in den dunklen Wassern unter ihnen verschwand.
    Caratac griff nach einem Speerschaft und brach die Spitze des Speeres an einem Stein entzwei. »Dieser Speer soll niemals mehr keltisches Blut trinken! Möge die Göttin der Raben das Opfer annehmen!«
    Wenn sich der Hass zwischen den einzelnen Stämmen nur so einfach ertränken ließe!, dachte Boudicca. Aber vielleicht versetzt die römische Bedrohung sie so sehr in Angst und Schrecken, dass sie alte Feindschaften begraben.
    Die Könige traten nacheinander vor, brachten Schwerter und Speere herbei, Schutzschilde mit kunstvoll ausgearbeiteten, dreispiraligen Bronzeverzierungen, Teile von Pferdegeschirren und Klingen von den Streitwagen, den stärksten Waffen der Stämme in einem Krieg. Alle Gaben waren sowohl Kunst- als auch Nutzgegenstände, Schätze, mit denen man sich die Unterstützung Gleichgesinnter hätte erkaufen können. Aber womöglich gab es keine Gleichgesinnten, wenn sie die Gunst der Götter nicht auf ihrer Seite hatten. Während der Stapel der Opfergaben schrumpfte, tastete Boudicca nach ihrem Dolch, fragte sich, ob sie ihn ebenfalls opfern solle. Doch obwohl sie von königlicher Geburt war, hatte sie weder Stand noch Macht. Wozu also die Götter bemühen, zumal bei einem Ritual wie diesem?
    Ihr Heiligen Götter, dachte sie bei sich, wenn ihr mir sagt, was euch gefallen würde, dann werde ich mein Bestes tun, ein Opfer zu bringen. Da verspürte sie plötzlich ein Schwindelgefühl, als ob die Erde sich unter ihr bewegt hätte. Einen Moment lang fiel es ihr schwer zu atmen. Boudicca hatte stets geglaubt, dass die Götter ihr zuhörten, aber plötzlich wusste sie, dass sie gehört worden war, und erschauerte, fragte sich, ob es klug von ihr gewesen war, so nebenbei ein Opferangebot zu machen.
    Inzwischen hatte sich das gekräuselt wellige Wasser vom letzten hineingeworfenen Schutzschild wieder geglättet. Ein leichter Wind wehte den Geruch des Feuers heran, das Bendeigid beaufsichtigte. Der Himmel war jetzt hell, die gezackten Berge am östlichen Horizont golden umrandet. Ardanos und Cunitor streiften die weißen Roben ab, legten sie beiseite, gingen zum Dornenbaum und lösten den Haltestrick, mit dem der Hengst angebunden war.
    Die Icener waren große Pferdeliebhaber, und Boudicca hatte die Tiere während der letzten Jahre sehr vermisst. Der Hengst war prächtig, sein glänzendes Fell und die klaren Augen verrieten, dass er in guter Verfassung war. Doch als sie das Pferd ansah, spürte sie noch etwas anderes. Sie hatte schon unzählige wilde Tiere gesehen, Tiere, die man getötet hatte, um sie zu verzehren oder als Opfergabe darzubringen. Aber in diesem Augenblick schien alles um sie herum – das Tier, die Menschen, das dunkle Wasser unter den Klippen – plötzlich sehr viel wirklicher. Nein, dachte sie, das Opfer macht alles nur heiliger …
    Das Tier riss aufgeschreckt an dem Strick, als einer der Raben einen heiseren Schrei ausstieß. Alle spürten, dass nicht nur die Vögel, sondern auch die Götter nach einer Opfergabe verlangten.
    Während die beiden jüngeren Druiden das Pferd festhielten, ging Mearan langsam um das Tier herum und fächelte ihm mithilfe des mit Silberglocken behangenen Zweiges Luft zu. Die Ohren des Hengstes zuckten nervös, folgten dem Glockenklingeln.
    »Der Kopf dieses Pferdes ist die Morgenröte! Seine Augen die Sonne und sein Atem der Wind«, sang Lugovalos. »Sein Rücken ist so breit wie das

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