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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wiegte das bibbernde Geschöpf an ihrer Brust, der kleine Kopf drehte sich, und eine rosa Zunge schleckte über ihre Hand.
    Boudicca wickelte den Welpen in ihren Schal und trat über einen der Steine zurück auf den Pfad. Doch dann hielt sie noch einmal an, hob ihr Stoffband auf und hängte es zurück über den Ast am Haselbaum.
    Als sie zurück an die Hütte kam, wunderte sie sich über die Erleichterung, die sie in den Gesichtern ihrer Diener sah, und fragte sich, wie lange sie wohl an der Quelle gewesen sein mochte. Doch keiner von ihnen wagte zu fragen, was sie da so sorgfältig in ihren Schal gewickelt hielt.
    »Willst du heute Nacht hierbleiben, meine Königin?«, fragte Calgac. »Denn wenn wir uns jetzt auf den Rückweg machen, könnten wir noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück in der Festung sein …«
    Sie starrte ihn an. Nach Eponadunon zurück? Wo alles sie daran erinnern würde, was sie verloren hatte? Nein, das konnte sie nicht. Sie wollte Raum, Licht und ein Bett, in dem sie nie zuvor in den Armen ihres Gemahls gelegen und sich in trügerischer Sicherheit gewähnt hatte. In westlicher Richtung lag ein Gehöft, das sie einst mit Prasutagos besucht hatte, als er ihr Land und Leute gezeigt hatte. Gemäß den Hochzeitsvereinbarungen gehörte es ihr.
    »Weder noch …«, sagte sie langsam. »Wir werden den Wagen beladen und den Weg nach Westen nehmen, nach Ramshill. Fahrt ihr zurück nach Eponadunon.« Sie nickte den Kriegern zu. »Sagt meinem Gemahl, wo ich bin und dass er jetzt getrost in seine Feste zurückkehren kann und keine Vorwürfe zu fürchten braucht, denn ich werde nicht dort sein.« Und ich brauche mir ebenfalls keine Vorwürfe anhören, dachte sie im Stillen.
    Glück zu finden erwartete sie gar nicht, aber vielleicht ja Heilung, die mit der Zeit kommen würde. Doch jetzt musste sie erst einmal etwas Milch für den jungen Hund beschaffen, dachte sie, während sich der Welpe in ihrer Brust vergrub.

DREIZEHN
    Schnee spritzte auf, als der kleine Hund über die Böschung purzelte. Sein bleiches Fell verschwand in dem Weiß, aus dem er dann plötzlich wieder hervorsprang wie ein fleischgewordener Wintergeist. Er rutschte ein Stück, hüpfte erneut in die Höhe, hinterließ auf dem ganzen Hang verteilt seine Tapser.
    »Wie er den Schnee liebt!«, rief die kleine Temella, von der nur die großen grauen Augen und eine rot gefrorene Nase zu sehen waren. Der Rest des Kopfes war in einen dicken Schal gewickelt.
    »Bogle liebt einfach alles!«, meinte Boudicca vergnügt. Als sie im vergangenen Herbst auf das Gehöft bei Ramshill gezogen war, war nichts vor dem kleinen Welpen sicher gewesen. Taschen, Körbe, einfach alles war zum Spielzeug geworden. Er hatte sich prächtig entwickelt und war, was seine riesigen Pfoten von Anfang an hatten erwarten lassen, schnell zu einem großen Hund herangewachsen, der ausgelassen herumtollte und nach den Herbstblättern im Wind jagte. Der Färbung seines Fells nach vermutete sie, dass er eine Mischung zwischen Jagdhund und einer größeren Rasse war. Jetzt im Winter hatte er den Schnee entdeckt, reichte ihr bis ans Knie und wuchs noch immer. Boudiccas rote Stute schnaubte, als der junge Hund zwischen ihren Beinen tollte, bellte und gleich wieder davonstob. Doch Roud war inzwischen an seine Possen gewöhnt, denn wohin Boudicca auch ritt oder ging, der Hund war immer irgendwo in Pfeifweite. Und Temella war so etwas wie eine ständige Begleiterin geworden. Das Mädchen war die Älteste der drei Kinder, die Boudicca mit einer kräftigen Suppe am Tag ihrer Niederkunft aufgepäppelt hatte. Sie war etwa einen Monat nach Boudicca auf das Gehöft bei Ramshill gekommen, wo sie sich als Dienstmagd und Botin an sie gehängt hatte und ihr wie ein Schatten überallhin folgte.
    Boudicca sog die knisternd kalte Luft tief ein. Um diese Jahreszeit war eigentlich nur mit wenig Schneefall zu rechnen. Solch ein Schneesturm, wie er die vergangenen drei Tage getobt hatte, sodass sie keinen Fuß vor die Tür hatten setzen können, war ungewöhnlich. Das Bild der Äcker und Weiden war völlig verändert. Der Schnee hatte sämtliche landschaftlichen Unregelmäßigkeiten geglättet und eine makellos weiße Fläche gezaubert. Sogar die blätterlosen Zweige der Esche, die als Schattenspender über der rituellen Feuerstelle hingen, waren weiß ummantelt; und der alte Fuhrweg, der an die Küste führte, war nur mehr als leichte Mulde im Schnee erkennbar. Unter dieser weißen Decke lagen

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