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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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verfluchen? Das ist nicht mein Trachten«, entgegnete Morgaine rasch. »Aber ich bin nicht länger Euer Spielzeug. Das Kind, um dessentwillen Ihr Himmel und Erde in Bewegung gesetzt habt, werde ich nicht in Avalon gebären. Diesen Triumph gönne ich Euch nicht!«
    »Morgaine…«, Viviane streckte ihr die Hand entgegen, aber Morgaine wich zurück.
    »Möge die Göttin an Euch handeln, wie Ihr an mir gehandelt habt, Herrin.« Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und stürzte aus dem Haus.
    Erstarrt blieb Viviane sitzen, als seien Morgaines letzte Worte wirklich ein Fluch gewesen.
    Als Viviane schließlich wieder klar denken konnte – es war schon spät am Tag und die scharfe Mondsichel hing bereits silbern am westlichen Himmel –, befahl sie einer Priesterin: »Ich möchte, daß meine Nichte Morgaine, die junge Herrin, sich bei mir einfindet. Ich habe ihr nicht erlaubt zu gehen.«
    Die Priesterin ging, kam aber lange nicht wieder; es war bereits finster, und Viviane hatte sich von einer anderen Priesterin etwas Speise bringen lassen, als sie schließlich zurückkehrte. »Herrin«, sagte die Angekommene, noch ganz außer Atem, und verbeugte sich mit bleichem Gesicht. Vivianes Kehle war wie zugeschnürt. Sie mußte wieder daran denken, wie vor langer Zeit eine Priesterin nach der Geburt eines ungewollten Kindes sich aus Verzweiflung mit dem Gürtel an einer der Eichen im Hain erhängt hatte.
Morgaine! Kam die Todesbotin, um mich davor zu warnen? Würde sie Hand an sich legen?
Mit trockenem Mund sagte sie: »Ich habe dir befohlen, meine Nichte Morgaine hierher zu bringen.«
    »Herrin, ich kann nicht.«
    Viviane erhob sich mit einem schrecklichen Gesichtsausdruck. Die junge Priesterin wich so schnell zurück, daß sie fast über ihren Rock fiel.
    »Was ist mit der Herrin Morgaine?«
    »Herrin…«, stammelte die junge Frau, »…sie… war nicht in ihrem Zimmer. Ich fragte überall nach ihr. Ich fand… das fand ich in ihrer Kammer.« Sie hielt den Schleier, die Tunika aus Hirschleder, den silbernen Halbmond und die kleine Sichel, die Morgaine bei ihrer Priesterweihe erhalten hatte, in den Händen. »Am Ufer sagte man mir, sie habe die Barke gerufen und sich zum Festland fahren lassen. Man glaubte, sie handle auf Euren Befehl.«
    Viviane holte tief Luft, streckte die Hand aus und nahm der Priesterin Messer und Halbmond ab. Sie blickte auf den Tisch mit dem Essen, und ein entsetzliches Gefühl der Schwäche überfiel sie. Sie setzte sich, aß schnell ein Stück Brot und trank einen Becher Wasser aus der Heiligen Quelle. Dann sagte sie: »Es ist nicht deine Schuld. Es tut mir leid, daß ich so streng zu dir war.«
    In ihrer Hand lag Morgaines kleines Messer, und als sie es ansah, fiel ihr Blick zum ersten Mal in ihrem Leben auf die pulsierende Ader. Sie dachte, wie leicht man doch das Messer über das Handgelenk ziehen und beobachten konnte, wie das eigene Leben verströmte.
Dann wäre die Todesbotin für mich gekommen und nicht für Morgaine. Wenn sie Blut haben muß, soll sie mein Blut haben.
Aber Morgaine hatte das Messer zurückgelassen. Sie würde sich weder erhängen noch die Adern öffnen. Sie war sicher zu ihrer Mutter gegangen, um Rat und Trost zu suchen. Eines Tages würde sie zurückkommen. Und wenn nicht, lag es in der Hand der Göttin.
    Als die Priesterinnen Viviane allein gelassen hatten, verließ sie das Haus und ging im blassen Schimmer des neuen Mondes den Pfad zum Spiegelsee hinauf.
    Artus ist gekrönt und ein König,
dachte sie.
Alles, was ich in den letzten zwanzig Jahren geplant hatte, hat sich ergeben… und doch bin ich allein, und das Liebste auf der Welt ist von mir gegangen. Mit mir soll geschehen, was die Göttin will. Aber noch einmal, bevor ich sterbe, möchte ich das Gesicht meiner Tochter, meines einzigen Kindes sehen. Laß mich wissen, Mutter, daß es ihr gutgeht.
Aber auf der Fläche des Spiegels zeigten sich nur Schatten und Schweigen.
    Dahinter blitzte jedoch ein Schwert in der Hand ihres Sohnes Balan.

    Morgaine erzählt…
    Die kleinen dunklen Ruderer schenkten mir keine besondere Aufmerksamkeit. Sie waren an das Kommen und Gehen auf der Insel gewöhnt, und in ihren Augen war alles gut, was eine Priesterin tat. Keiner kam auf den Gedanken, mit mir zu sprechen, und ich richtete meinen Blick entschlossen auf die äußere Welt.
    Ich hätte mich auf dem geheimen Pfad aus Avalon wegstehlen können. Indem ich das Boot benutzte, konnte ich sicher sein, daß Viviane von meinem Gehen

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