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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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heiraten? Wenn alles so geht, wie ich mir vorstelle, wirst du die Gemahlin des Großkönigs!«
    Gwenhwyfar sank das Herz. »Ich hätte Angst, seine Königin zu sein.«
    »Du fürchtest dich sowieso vor allem und jedem«, grollte ihr Vater. »Du brauchst einen Mann, der gut für dich sorgt. Und der König ist dazu besser geeignet als sein Feldherr!« Er sah, wie es um ihren Mund zuckte und fügte etwas freundlicher hinzu: »Na, na, mein Täubchen, wer wird denn gleich weinen. Du kannst mir glauben, ich weiß, was das beste für dich ist; bin doch dein Vater. Ich beschütze dich und vermähle dich mit einem zuverlässigen Mann, der sich gut um mein hübsches, kleines Hasenherzchen kümmert.«
    Seinem Zorn hätte sie sich standhaft widersetzen können.
Aber wie,
dachte Gwenhwyfar verzweifelt,
kann ich mich über den besten aller Väter beklagen, dem nur mein Wohlergehen am Herzen liegt?

3
    An einem der ersten Frühlingstage, ein Jahr nach Artus' Krönung, saß die Königinmutter Igraine in ihrer Klosterzelle über eine Altardecke gebeugt und stickte. Ihr ganzes Leben lang hatte sie diese feine Arbeit geliebt. Aber als junges Mädchen und nach ihrer Vermählung mit Gorlois war sie – wie alle Frauen – völlig vom Weben, Spinnen und Nähen der Kleider für den Haushalt in Anspruch genommen. Als Uthers Königin standen ihr dann genügend Dienstleute zur Verfügung, und sie hatte die Muße, feine Stickarbeiten herzustellen, seidene Borten und Bänder zu weben. Und hier im Kloster nutzte sie ihr Können für einen guten Zweck. Sonst, dachte Igraine mit leiser Wehmut, würde sie wie so viele Nonnen nur diese einfachen dunklen Wollstoffe weben, aus denen alle Kleider, auch ihre eigenen, genäht wurden, oder das glatte aber langweilige weiße Leinen für Schleier, Hauben und Altartücher.
    Nur zwei oder drei Schwestern konnten Seide weben oder feine Stickarbeiten übernehmen, und Igraine war die Geschickteste von allen.
    Sie war unruhig. Als sie sich heute morgen an den Stickrahmen gesetzt hatte, glaubte sie wieder diesen Schrei zu hören und drehte sich unwillkürlich um. Es schien, als rufe Morgaine von irgendwoher in tiefster Not und Verzweiflung: »Mutter!« Aber in der Zelle herrschte Schweigen, und sie war allein. Igraine schlug ein Kreuz und machte sich wieder an die Arbeit.
    Trotzdem… entschlossen kämpfte sie gegen die Versuchung an. Sie hatte vor langer Zeit das Gesicht als Werk des Bösen erkannt und ihm abgeschworen, wollte mit Zauberei nichts mehr zu tun haben. Sie glaubte nicht, daß Viviane ein schlechter Mensch war, aber die Alten Götter von Avalon standen sicher mit dem Teufel im Bund, denn sonst hätten sie in einem christlichen Land schon lange keine Macht mehr gehabt. Und sie hatte ihre Tochter den Alten Göttern überlassen …
    Im vergangenen Spätsommer hatte Viviane ihr eine Botschaft überbringen lassen.
Wenn Morgaine sich bei dir aufhält, sage ihr, daß alles gut ist.
Aufgeschreckt hatte Igraine ihr geantwortet, sie habe Morgaine seit Artus' Krönung nicht gesehen und angenommen, sie sei auf Avalon.
    Die Äbtissin des Klosters mißbilligte, daß eine ihrer Stiftsdamen einen Boten aus Avalon empfing. Auch als Igraine erklärte, es handle sich um eine Nachricht von ihrer Schwester, hatte sie energisch erwidert, sie könne nicht zulassen, daß zwischen dem Kloster und diesem gottlosen Platz eine Verbindung bestehe.
    Igraine machte sich damals große Sorgen. Morgaine hatte Avalon verlassen. Das konnte nur bedeuten, daß sie sich mit Viviane zerstritten hatte. Noch nie war es vorgekommen, daß eine Priesterin mit den höchsten Weihen ohne Auftrag die Insel verließ. Wenn Morgaine ohne Wissen und Erlaubnis der Herrin gegangen war, stellte dies einen so unerhörten Verstoß dar, das Igraine schauderte. Wohin konnte sie wohl gegangen sein? War sie gar mit einem Mann davongelaufen? Lebte sie gesetzlos, ohne den Segen von Avalon oder der Kirche? War sie zu Morgause gegangen? Lag sie tot an einem unbekannten Ort? Igraine betete ununterbrochen für ihre Tochter, unterdrückte aber immer wieder die Versuchung, das Gesicht zu befragen.
    Trotzdem schien Morgaine in diesem Winter oft bei ihr zu sein – nicht die blasse, ernste Priesterin wie bei der Krönung, sondern das kleine Mädchen, der einzige Trost in den verzweifelten, einsamen Jahren in Cornwall. Die kleine Morgaine in einem safranfarbenen Kleidchen mit den hübschen Bändern. Das ernste Kind mit den dunklen Augen und im scharlachroten Mantel…

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