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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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die er nicht kommen konnte. Was soll werden, wenn sie sich lieben? Lancelot ist ehrenhaft, und ich könnte schwören, Gwenhwyfar tugendhaft. Nichts als Unglück kann daraus entstehen.
Igraine verwarf ihren Verdacht. Beide ritten in sittsamem Abstand voneinander und versuchten nicht, sich an den Händen zu halten. Sie lächelten, denn sie waren jung und freuten sich über den strahlenden Frühlingstag.
    Gwenhwyfar ritt zu ihrer Hochzeit, und Lancelot brachte seinem König, Vetter und Freund Pferde und Männer.
Warum sollten sie nicht glücklich sein und froh und übermütig miteinander scherzen? Ich bin eine mißtrauische alte Frau, die nur Schlechtes denken kann.
Aber Besorgnis blieb in ihrem Herzen.
Was soll daraus werden? Lieber Gott, wäre es Verrat, einen kurzen Blick in die Zukunft zu erbitten?
Dann überlegte sie – gab es für Artus einen ehrenhaften Weg, sich dieser Ehe zu entschlagen? Es wäre ein schlimmes Los, wenn der Großkönig eine Frau heiratete, die ihr Herz bereits verschenkt hat. Es gab in Britannien genügend junge Frauen, die ihn lieben und mit Freuden heiraten würden. Aber die Mitgift war übergeben, die Braut hatte das Haus ihres Vaters verlassen, die lehenspflichtigen Könige und Vasallen versammelten sich bereits, um die Hochzeit des jungen Königs zu feiern. Igraine beschloß, mit dem Merlin zu sprechen. Er, der Erste Ratgeber des Königs, konnte diese Vermählung vielleicht verhindern – aber war das ohne Krieg und Hader möglich? Es wäre auch für Gwenhwyfar eine Schande, vor den Augen ganz Britanniens zurückgewiesen zu werden. Nein, es war zu spät! Die Hochzeit mußte stattfinden wie geplant. Igraine ritt seufzend weiter. Jetzt hielt sie den Kopf gesenkt, und der strahlende Frühlingstag hatte für sie seine ganze Schönheit verloren. Ärgerlich mahnte sie sich, ihre Zweifel und Ängste seien ohne Grund und nur die Hirngespinste einer alten Frau. Oder schickte ihr der Teufel diese Schreckgedanken, um sie zu verleiten, das Gesicht anzurufen, dem sie abgeschworen hatte? Denn dann wäre sie wieder das Mittel der sündigen Magie und Zauberei.
    Immer wieder kehrten Igraines Augen zu Gwenhwyfar und Lancelot zurück. Ja, beide umgab beinahe sichtbar und wie eine Wolke die Aura von Hunger, Sehnsucht und Verlangen!
    Kurz vor Sonnenuntergang erreichten sie Caerleon. Die Burg stand auf einem Hügel, an der Stätte eines früheren römischen Kastells, und man sah noch immer ein paar römische Mauern. Igraine dachte:
Sehr viel anders hatte es bei den Römern wohl auch nicht ausgesehen.
Auf den Hängen wimmelte es von Zelten und Menschen, und sie glaubte einen Augenblick lang an eine Belagerung. Aber dann fiel ihr ein, daß die Menschen alle zur Hochzeit des Großkönigs gekommen sein mußten. Gwenhwyfar wurde wieder bleich und ängstlich.
    Lancelot versuchte, in die auseinandergefallene Kolonne wenigstens wieder etwas Ordnung zu bringen. Gwenhwyfar verschleierte sich und ritt schweigend neben Igraine.
    »Wie bedauerlich, daß alle Euch müde und erschöpft von der Reise sehen«, sagte Igraine zu der Braut. »Aber dort kommt Artus! Er reitet uns entgegen.«
    Gwenhwyfar war so erschöpft, daß sie kaum den Kopf hob. Artus trug eine lange blaue Tunika und das Schwert in der kostbaren roten Scheide an der Seite. An der Spitze des Zuges hielt er kurz an, um mit Lancelot zu sprechen. Dann teilten sich Fußvolk und Reiter vor ihm, während er sich Igraine und Gwenhwyfar näherte.
    Artus verbeugte sich vor Igraine: »Hattet Ihr eine gute Reise, Mutter?« Aber seine Augen richteten sich dabei auf Gwenhwyfar, und Igraine bemerkte, wie sie sich angesichts ihrer Schönheit weiteten. Die Gedanken des jungen Mädchens konnte sie beinahe lesen.
Ja, ich bin schön, Lancelot findet mich auch schön. Werde ich aber meinem Herrn, werde ich Artus gefallen?
    Artus streckte die Hand aus, um seiner Braut beim Absitzen zu helfen; sie schwankte leicht, und er griff mit beiden Armen nach ihr.
    »Meine Herrin und Gemahlin, seid willkommen in Eurem Heim und meinem Haus. Ich hoffe, Ihr werdet hier glücklich sein! Möge dies ein ebenso froher Tag für Euch wie für mich sein.« Gwenhwyfar spürte die Röte in ihren Wangen.
Ja, König Artus sieht gut aus,
sagte sie sich entschlossen,
mit den blonden Haaren und den ernsten grauen Augen.
Wie sehr unterschied er sich aber von Lancelots munterem, fröhlichem Wesen; mit welch anderen Augen er sie ansah – für Lancelot war sie wie die Statue der Jungfrau Maria auf dem Altar

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