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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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durfte je vergessen, daß es ihre Pflicht war, das Vergehen im Garten Eden zu sühnen. Mit Ausnahme der heiligen Maria, der Mutter Christi, konnte keine Frau gut sein. Alle Frauen waren Sünderinnen; sie hatten nie die Möglichkeit gehabt, etwas anderes zu sein. Es war die Strafe dafür, Eva, also Frau zu sein: sündhaft, voller Auflehnung und Zorn gegen den Willen Gottes. Gwenhwyfar flüsterte ein Gebet und zwang sich, wieder im Halbschlaf zu versinken.
    Igraine fand sich damit ab, hinter geschlossenen Vorhängen zu reisen, obwohl sie sich nach frischer Luft sehnte. Sie überlegte, was in aller Welt mit diesem Mädchen los sein konnte. Gwenhwyfar hatte sich mit keinem Wort gegen die Vermählung gesträubt – nun, auch sie hatte sich nicht gegen ihre Heirat mit Gorlois aufgelehnt. Wenn sie an das wütende und verängstigte Mädchen dachte, das sie gewesen war, empfand sie Mitgefühl für Gwenhwyfar. Aber weshalb verkroch sie sich hinter Vorhängen, anstatt dem Leben mit hocherhobenem Haupt entgegenzutreten? Wovor fürchtete sie sich? Hielt sie Artus für ein Ungeheuer? Schließlich heiratete sie keinen alten Mann; Artus war jung und bereit, sie mit Ehrerbietung und Achtung zu behandeln.
    Sie schliefen in einem Zelt, das auf einem sorgsam ausgesuchten, trockenen Platz errichtet worden war, und lauschten auf den stöhnenden Wind und den trommelnden Regen. Igraine erwachte mitten in der Nacht und hörte Gwenwyfars Weinen.
    »Was ist mit dir, mein Kind? Bist du krank?«
    »Nein, Mutter… glaubt Ihr, ich werde Artus gefallen?«
    »Ich sehe keinen Grund, warum das nicht der Fall sein sollte«, antwortete Igraine freundlich, »du weißt doch, wie schön du bist.«
    »Bin ich das?« fragte sie leise. Es klang nicht naiv, nicht selbstbewußt, als erwarte sie eine Schmeichelei, wie man es bei einer anderen Frau sicher angenommen hätte. »Meine Stiefmutter Alinor sagt, ich habe eine zu große Nase und Sommersprossen wie eine Kuhmagd.«
    »Königin Alinor…«, Igraine sagte sich vor, sie müsse nachsichtig sein; Alinor war kaum älter als Gwenhwyfar und hatte in sechs Jahren vier Kinder geboren, »… wahrscheinlich ist sie kurzsichtig. Du bist wirklich schön. Ich habe noch nie so schönes Haar gesehen.«
    »Ich glaube, Artus liegt nicht viel an Schönheit«, seufzte Gwenhwyfar, »er hat noch nicht einmal danach gefragt, ob ich schiele, eine Hasenscharte oder nur ein Bein habe.«
    »Gwenhwyfar«, erinnerte Igraine sie freundlich, »jede Frau wird nur wegen ihrer Mitgift geheiratet. Aber der Großkönig muß auch noch auf seine Ratgeber hören. Kannst du dir nicht vorstellen, daß auch er nachts wachliegt und sich fragt, was das Glück ihm bescheren mag? Er wird dich dankbar und glücklich begrüßen, denn du besitzt Schönheit, ein angenehmes Wesen und bist gebildet. Er hatte sich damit abgefunden zu nehmen, was er nehmen muß. Wie glücklich wird er sein, wenn er feststellt, daß du nicht… was war es noch… schielst, pockennarbig bist und auch keine Hasenscharte hast. Er ist noch jung und hat wenig Erfahrung mit Frauen. Ich bin sicher, Lancelot hat ihm erzählt, daß du schön und tugendsam bist.«
    Gwenhwyfar seufzte: »Lancelot ist König Artus' Vetter, nicht wahr?«
    »Ja. Er ist der Sohn des Königs Ban von Benwick und meiner Schwester, der Hohepriesterin von Avalon. Er ist ein Kind der Großen Ehe… weißt du etwas darüber? In der Bretagne fordert ein Teil des Volkes immer noch die alten heidnischen Gebräuche«, erklärte Igraine. »Selbst als Uther zum König gemacht wurde, brachte man ihn auf die Dracheninsel und krönte ihn nach dem alten Ritus, obwohl man von ihm nicht verlangte, die Ehe mit dem Land zu schließen. In Britannien
    tut das der Merlin, und er wird anstelle des Königs geopfert, wenn es die Not fordert…«
    Gwenhwyfar erwiderte erstaunt: »Ich wußte nicht, daß man die alten heidnischen Gebräuche in Britannien immer noch pflegt. Wurde… wurde auch König Artus so gekrönt?«
    »Wenn ja«, antwortete Igraine, »dann hat er mir nichts davon gesagt. Vielleicht haben sich die Zeiten geändert, und Artus gibt sich damit zufrieden, daß der Merlin sein Erster Ratgeber ist.«
    »Kennt Ihr den Merlin, Mutter?«
    »Er ist mein Vater.«
    »Wirklich?« Gwenhwyfar starrte sie in der Dunkelheit an. »Ist es wahr, daß Uther Pendragon durch die Zauberkünste des Merlin in Gestalt des Gorlois vor Eurer Hochzeit zu Euch kam, und Ihr hieltet ihn für den Herzog von Cornwall und glaubtet, eine treue und

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