Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
darunterträgt…
    Sie zwirbelte den Faden, zwirbelte ihn, sah, wie die Spindel sich drehte und drehte… Gwydion mußte inzwischen ein großer Junge sein… drei Jahre war er alt. Man konnte ihm schon ein Holzschwert und hölzerne Ritter geben, wie sie damals Gareth welche geschnitzt hatte. Er würde nicht mehr mit kleinen Katzen und Klötzchen spielen wollen… Sie erinnerte sich an Artus' Gewicht auf ihrem Schoß, als sie sich hier in Caerleon, an Uthers Hof, um ihn kümmerte… Wie gut, daß Gwydion seinem Vater nicht ähnlich sah. Ein kleines Ebenbild von Artus an Lots Hof hätte in der Tat zu Gerüchten geführt. Früher oder später würde jemand Spule und Spindel zusammenfügen und den richtigen Faden spinnen, der zur Antwort führte… Ärgerlich warf Morgaine den Kopf zurück. Man fiel beim Spinnen zu leicht in Gedanken. Aber sie mußte ihren Teil der Arbeit erledigen; im Winter brauchte man das Garn zum Weben. Die Damen wollten eine Tafel-decke für Festtage nähen… Cai war nicht der einzige Mann unter fünfzig auf der Burg; es gab noch Kevin, den Barden. Er war mit Neuigkeiten aus dem Sommerland gekommen… Wie langsam die Spindel zu Boden sank… drehen und drehen… als führten die Finger ein ihr eigenes Leben… selbst in Avalon hatte sie das Spinnen gehaßt… in Avalon, bei den Priesterinnen, wollte sie immer Stoffe färben, um dem verhaßten Spinnen zu entgehen…
    Beim Spinnen verselbständigten sich ihre Gedanken… Der drehende Faden erschien ihr wie der Schlangentanz den Berg hinauf… rund und rund wie die Erde, die um die Sonne kreiste, obwohl die unwissenden Menschen glaubten, die Sonne drehe sich um die Erde… Die Dinge waren nicht immer, wie sie zu sein schienen… Vielleicht kreiste die Spindel um den Faden, wie der Faden immer wieder um sich selbst kreiste und sich wand wie eine Schlange… oder wie ein Drachen am Himmel… Wenn sie ein Mann wäre, könnte sie mit der Legion Caerleon reiten. Dann brauchte sie wenigstens nicht hier zu sitzen und spinnen, spinnen, spinnen, rund und rund und rund… Aber selbst die Legion kreiste um die Sachsen, und die Sachsen umkreisten sie, rund und rund, ebenso wie das Blut in ihren Adern kreiste, das rote, fließende Blut… es floß… floß… spritzte ins Feuer…
    Morgaine hörte ihren Schrei erst, nachdem er das Schweigen im Raum zerrissen hatte. Sie ließ die Spindel fallen, die in das Blut rollte, das hellrot aufspritzte und ins Feuer fiel…
    »Morgaine! Schwester, habt Ihr Euch mit der Spindel in die Hand gestochen? Was ist mit Euch?«
    »Blut auf dem Herd…«, stammelte Morgaine. »Seht doch, dort, dort vor dem Thron des Königs, vor dem König erschlagen wie ein Schaf auf der Schlachtbank…«
    Elaine schüttelte sie; verwirrt legte Morgaine ihre Hand auf die Augen. Dort floß kein Blut, nur die schrägen Strahlen der Nachmittagssonne fielen auf den Boden.
    »Schwester, was habt Ihr gesehen?« fragte Gwenhwyfar sanft.
Mutter Göttin! Es ist wieder geschehen!
Morgaine versuchte, ruhig zu atmen.
    »Nichts, nichts… ich muß eingeschlafen sein und einen Augenblick lang geträumt haben.«
    »Habt Ihr nichts gesehen?« erkundigte sich Calla, die dicke Frau des Kämmerers, und sah Morgaine neugierig an. Morgaine erinnerte sich daran, wie sie das letzte Mal – es lag schon länger als ein Jahr zurück – beim Spinnen in Trance gefallen war und vorausgesehen hatte, daß Cais Lieblingspferd sich im Stall das Bein brach und getötet werden mußte. Ungeduldig erwiderte sie: »Nein, es war nichts als ein Traum… gestern nacht habe ich davon geträumt, eine Gans zu essen. Und seit Ostern habe ich kein Geflügel mehr gesehen. Nicht jeder Traum muß ein Zeichen sein.«
    »Wenn Ihr weissagen wollt, Morgaine…«, neckte sie Elaine, »… dann kündet uns etwas Vernünftiges. Sagt uns, wann die Männer nach Hause kommen, damit wir den Wein vorwärmen, oder ob Meleas Borten für ein Mädchen oder einen Jungen sticken soll. Oder wann die Königin schwanger werden wird!«
    »Halte den Mund, du Biest«, zischte Calla, denn Gwenhwyfars Augen füllten sich mit Tränen.
    Morgaines Kopf schmerzte unter den Nachwehen der ungewollten Trance. Vor ihren Augen tanzten kleine Lichter; blasse, glühende Farbtupfen, die größer und größer wurden, bis sie nichts anderes mehr sah. Sie wußte, sie sollte sich nicht dagegen wehren, aber noch während sie das dachte, wurde sie wütend: »Ich habe diese alten Späße so satt! Ich bin keine Dorfhexe, die sich mit

Weitere Kostenlose Bücher