Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
die Sachsen zu kurzen Sommerübungen werden lassen. Aber Artus benutzte dieses friedliche Jahr, um die Befestigungen entlang der Küste auszubauen,
»Ich habe schon wieder Durst«, klagte Pellinores Tochter Elaine. »Darf ich vielleicht gehen und veranlassen, daß man uns ein paar Krüge Wasser bringt, Herrin?«
»Rufe Cai… er wird sich darum kümmern«, erwiderte Gwenhwyfar. Morgaine dachte:
Sie hat sich gemacht. Aus einem ängstlichen und furchtsamen Mädchen ist eine Königin geworden.
»Ihr hättet Cai heiraten sollen, als der König Euch darum bat, Lady Morgaine«, sagte Elaine, als sie zurückkehrte und sich neben der Herzogin auf die Bank setzte. »Er ist der einzige Mann unter fünfzig auf der Burg. Seine Frau wird nie ein halbes Jahr allein im Bett verbringen müssen.«
»Er ist dein, wenn du ihn möchtest«, antwortete Morgaine freundlich.
»Ich frage mich immer noch, warum Ihr nicht eingewilligt habt«, ließ sich Gwenhwyfar vernehmen, als sei es ein alter Kummer. »Es wäre so passend gewesen… Cai steht als Ziehbruder des Königs hoch in seiner Gunst, Ihr seid Artus' Schwester, und seit Lady Igraine das Kloster nicht mehr verläßt, rechtmäßige Herzogin von Cornwall!«
Drusilla, die Tochter eines der kleineren Könige im Osten, stichelte: »Sagt mir, wenn die Schwester des Königs und sein Bruder heiraten, ist das nicht Inzest?«
»Sie sind Halbschwester und Ziehbruder, du Gans«, schimpfte Elaine. »Aber ich würde gerne wissen, Lady Morgaine, sind es nur sein Hinken und die Narben, die Euch abschrecken? Cai ist bestimmt keine Schönheit. Aber ich glaube, er wäre ein guter Gemahl.«
»Du kannst mir nichts vormachen«, antwortete Morgaine und gab sich gutgelaunt – hatten diese Frauen denn nichts anderes als Ehen im Kopf? »Dir liegt nichts an meinem Eheglück mit Cai. Du hoffst doch nur, daß eine Hochzeit die Langeweile des Sommers vertreibt. Sei nicht so anspruchsvoll. Griflet hat im Frühling Meleas geheiratet, und damit haben wir erst einmal genug gehabt.«
Sie warf einen Blick auf Meleas, deren Gewand sich bereits über dem gewölbten Leib spannte. »Im nächsten Jahr um diese Zeit hast du sogar ein kleines Kind, das du verwöhnen und verhätscheln kannst.«
»Aber Ihr seid immer noch unverheiratet, Herrin«, ließ sich Alienor von Galis vernehmen. »Und Ihr könnt kaum auf eine bessere Verbindung hoffen, als mit dem Ziehbruder des Königs!«
»Ich habe es nicht eilig, mich zu verheiraten, und Cai liegt ebensowenig an mir wie mir an ihm.«
Gwenhwyfar kicherte: »Das stimmt. Er hat eine so spitze Zunge wie Ihr, und er ist nicht der Geduldigste… seine Frau wird friedfertiger sein müssen als die heilige Brigid. Und Ihr, Morgaine, habt auf alles eine scharfe Antwort.«
»Wenn sie heiratet, müßte sie für ihren Hausstand spinnen«, meinte Meleas. »Und wie üblich drückt Morgaine sich wieder einmal um ihren Anteil an dieser Arbeit.« Damit ließ sie die Spindel wieder kreisen, und die Spule sank langsam zu Boden. Morgaine antwortete achselzuckend: »Es stimmt. Ich rauhe lieber Wolle auf, aber es ist keine mehr da.« Sie griff zögernd nach ihrer Spindel.
»Trotzdem seid Ihr die beste Spinnerin unter uns«, sagte Gwenhwyfar, »Euer Faden ist immer gleichmäßig und reißt nie. Meiner reißt schon, wenn man ihn nur ansieht.«
»Ich hatte schon immer geschickte Hände. Vielleicht bin ich das Spinnen einfach leid. Denn ich habe es schon als sehr kleines Mädchen von meiner Mutter gelernt.« Widerstrebend begann Morgaine, die Spindel zu drehen. Ja, es stimmte. Sie haßte das Spinnen und drückte sich nach Möglichkeit. Sie drehte und zwirnte den Faden zwischen den Fingern, zwang ihren Körper zur Ruhe, und nur ihre Finger bewegten sich, während sich die Spule drehte und drehte und auf den Boden sank… hinunter und wieder hinauf; der Faden glitt durch ihre Finger… allzu leicht versank man dabei in Gedanken. Die Frauen schnatterten über die kleinen alltäglichen Begebenheiten… Meleas und ihre morgendliche Übelkeit… eine Frau war mit unerhörten Geschichten über Lots Lüsternheit von dessen Hof zurückgekommen…
Ich könnte ihnen viel erzählen, wenn ich wollte. Nicht einmal die Nichte seiner Frau war vor seinen gierigen Händen sicher… Ich mußte meine ganze Klugheit und meine scharfe Zunge einsetzen, um mich nicht in seinem Bett wiederzufinden. Ihm ist jede recht, Jungfrau oder Matrone, Herzogin oder Stallmagd, wenn sie nur einen Rock und das richtige
Weitere Kostenlose Bücher