Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
ihr um. Dann streckte er die Hand aus und führte sie wie ein kleines Kind. Er hatte sehr weiße Zähne und fröhliche Augen, die im Feuerschein dunkel glänzten.
    Andere Lichter tauchten auf, und irgendwann – sie wußte nicht genau wo – übergab er das Pferd einem anderen Mann und führte sie in einen Lichterkreis – sie erinnerte sich nicht, ein Gebäude betreten zu haben, aber sie stand in einer großen Halle. Hier saßen bekränzte Männer und Frauen an einer Tafel. Manche trugen Herbstlaub im Haar, aber sie sah auch Frühlingsblumen; die kleinen weißen Schneeglöckchen, die blühen, noch ehe der Schnee geschmolzen ist. Sie hörte Harfenklänge.
    Ihr Führer stand immer noch an ihrer Seite. Er brachte sie zu der hohen Tafel; und dort sah sie ohne große Überraschung die Frau, der sie schon einmal begegnet war. Sie trug eine geflochtene Krone aus geschälten Weidenzweigen. Die grauen, alterslosen Augen der Frau sahen sie wissend an, als sei ihnen nichts verborgen. Der Mann drückte Morgaine sanft auf eine Bank und gab ihr einen Krug in die Hand. Er war aus einem Metall, das sie nicht kannte… das Getränk schmeckte süß und angenehm nach Torf und Heidekraut. Morgaine trank durstig, stellte aber fest, daß sie zu schnell auf leeren Magen getrunken hatte – sie fühlte sich benommen. Sie erinnerte sich jetzt an die alte Geschichte
    –
Kommst du jemals in das Land der Feen, darfst du weder etwas essen noch etwas trinken…
Aber das war nur eine alte Geschichte. Man würde ihr nichts zuleide tun.
    Sie fragte: »Wo bin ich hier?« Die Herrin antwortete: »Dies ist die Burg Chariot, und du bist willkommen hier, Morgaine, Königin von Britannien.« Morgaine schüttelte den Kopf: »Nein, nein, ich bin keine Königin. Meine Mutter war Königin, ich bin nur die Herzogin von Cornwall …«
    Die alte Frau lächelte: »Es macht keinen Unterschied. Du bist müde nach der langen Reise. Iß und trink, kleine Schwester. Morgen führen wir dich, wohin du gehen möchtest. Jetzt ist es Zeit für das Mahl.«
    Auf ihrem Teller lagen Früchte und Brot – ein weiches, dunkles Brot aus einem unbekannten Getreide. Aber Morgaine glaubte, es schon einmal gegessen zu haben… Sie sah, daß der Mann, der sie hierher geleitet hatte, goldene Reife um die Handgelenke trug, die sich wie lebende Schlangen wanden… sie rieb sich die Augen und glaubte zu träumen. Aber als sie wieder hinsah, waren es nur Armreife, vielleicht sogar Einritzungen in die Haut, wie sie Artus seit seiner Krönung hatte. Manchmal, wenn sie den Fremden ansah – die Fackeln blendeten sie so –, glaubte sie, auf seiner Stirn den Schatten eines Hirschgeweihs zu sehen… die alte Frau trug eine Krone und Goldschmuck, aber hin und wieder schien es nur eine Weidenkrone zu sein; die Halskette war aus Muscheln, kleine rosafarbene Muscheln, die der Göttin geheiligt waren. Irgendwo spielte eine Harfe, aber die Musik war schöner und lieblicher als die Harfenklänge in Avalon…
    Morgaine war nicht mehr müde. Das süß schmeckende Getränk hatte Erschöpfung und Hunger vertrieben. Später reichte ihr jemand eine Harfe, und auch Morgaine sang und spielte. Noch nie hatte ihre Stimme so weich, klar und lieblich geklungen. Beim Spielen versank sie in einen Traum. Die Gesichter, die sie umgaben, erinnerten sie an Menschen, die sie schon einmal irgendwo gesehen hatte… Sie glaubte, am Ufer einer sonnigen Insel entlangzugehen und eine seltsam geschwungene Harfe zu spielen… Dann wieder saß sie in einem großen ummauerten Hof, und ein weiser Druide in merkwürdigen langen Gewändern lehrte sie den Gebrauch von Kompaß und Sternensucher. Sie hörte Lieder und Klänge, die ein verschlossenes Tor öffnen oder Ringsteine aufrichten konnten. Sie lernte alles und wurde mit einer goldenen Schlange gekrönt… Die Herrin sagte, es sei Zeit, sich zur Ruhe zu begeben – am nächsten Tag würde man sie und ihr Pferd auf den Weg bringen. In dieser Nacht schlief Morgaine in einem kühlen Raum, in dem Blätter hingen – oder waren es Wandteppiche, die sich drehten und veränderten, die Geschichten aus der Vergangenheit erzählten? Morgaine sah sich selbst in den Wandteppich gewoben. Sie hielt die Harfe in der Hand, und auf ihrem Schoß saß Gwydion… sie sah sich zusammen mit Lancelot – er spielte mit ihrem Haar und hielt ihre Hand; und sie glaubte, sich an etwas erinnern zu müssen; aus irgendeinem Grund sollte sie auf Lancelot zornig sein. Aber sie konnte sich nicht erinnern

Weitere Kostenlose Bücher