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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Ich möchte nicht, daß Gwydion dich hier findet… er ist inzwischen ein großer Junge, und ihm entgeht nicht mehr so leicht etwas.« Lochlann lachte leise.
    »Dem…
ihm ist kaum etwas entgangen, seit er der Brust seiner Amme entwöhnt wurde. Er hat Lancelot nicht aus den Augen gelassen, solange er hier war… selbst an Beltane nicht. Aber ich glaube, du mußt dir keine Sorgen machen… er ist noch nicht alt genug, um
daran
zu denken.«
    »Ich bin nicht so sicher«, erwiderte Morgause und tätschelte ihm die Wange. Gwydion tat nichts, bis er sich einer Sache sicher war, damit niemand über ihn lachen konnte. Er war so selbstbewußt, daß er nicht ertragen konnte, wenn jemand ihm sagte, er sei für etwas zu jung
    – schon als Vierjähriger hatte er zornig darauf bestanden, mit den älteren Jungen Vogelnester auf den Klippen auszuheben und sich dabei beinahe zu Tode gestürzt.
    Morgause erinnerte sich an diesen Vorfall und auch an andere, wenn sie ihm verboten hatte, etwas zu tun, und er ihr mit finsterer Miene entschlossen erwiderte: »Aber ich werde es tun, und auch du kannst mich nicht daran hindern.« Sie konnte darauf immer nur antworten: »Das wirst du nicht, oder ich werde dich mit eigenen Händen verprügeln.« Es machte keinen Unterschied, ob sie ihn schlug oder nicht. Er wurde dadurch nur noch störrischer, es sei denn, sie prügelte ihn wirklich windelweich.
    Einmal hatte sie tatsächlich die Geduld verloren und war hinterher über sich selbst erschrocken, weil sie dieses Kind erbarmungslos geschlagen hatte… Keiner ihrer Söhne, selbst nicht der willensstarke Gareth, war je so eigenwillig gewesen. Gwydion ließ sich von nichts abbringen und tat, was er wollte. Deshalb ging sie die Sache geschickter an, als er älter wurde. »Das wirst du nicht tun, oder ich werde deiner Amme befehlen, dir die Hose auszuziehen und dich wie ein kleines Kind vor dem ganzen Gesinde mit der Weidenrute zu schlagen.« Das hatte eine Weile gewirkt, denn Jung Gwydion war sehr auf seine Würde bedacht. Aber inzwischen setzte er seinen Willen wieder durch, und niemand konnte ihn daran hindern. Nur ein grober Mann hätte den Knaben zur Vernunft prügeln können, aber er hatte eine Art, es jeden, der ihn beleidigte, früher oder später spüren zu lassen.
    Morgause vermutete, er würde angreifbarer werden, sobald er begann, sich für Mädchen zu interessieren. Gwydion war ein dunkelhäutiges Feenkind wie Morgaine. Aber er sah ebenso gut aus wie Lancelot. Vielleicht würde er wie Lancelot auch gleichgültig gegen Frauen bleiben? Morgause dachte im Bewußtsein
dieser
Demütigung einen Augenblick darüber nach. Lancelot… seit vielen Jahren hatte sie keinen so gutaussehenden Mann getroffen, und sie hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, daß auch die Königin nicht abgeneigt wäre…
    Aber der Ritter hatte vorgegeben, ihre Zeichen nicht zu verstehen. Er redete sie von früh bis spät in aller Form mit ›Tante‹ an. Und wenn man an Lancelots Benehmen ihr gegenüber dachte, hätte man tatsächlich annehmen können, sie sei eine ältere Frau… eher Vivianes Zwillingsschwester und nicht jung genug, um Vivianes Tochter zu sein!
    Morgause frühstückte inzwischen im Bett und unterhielt sich mit ihren Frauen über die täglichen Pflichten. Sie hatte sich die Kissen bequem in den Rücken gelegt und genoß diese müßige Zeit im Bett – man hatte ihr von dem frischen Gerstenbrot gebracht, und jetzt im Sommer gab es täglich frische Butter. Gwydion betrat das Gemach.
    »Guten Morgen, Ziehmutter«, begrüßte er sie, »ich war im Wald und habe dir ein paar Beeren gebracht. In der Vorratskammer steht Sahne… wenn du willst, laufe ich hinunter und hole sie dir.«
    Morgause betrachtete die taufrischen Beeren in der Holzschale. »Wie aufmerksam von dir, mein Ziehsohn«, sagte sie und umarmte ihn gerührt. Als er noch jünger war, kletterte er bei solchen Gelegenheiten neben sie in das Bett, und sie fütterte ihn mit Honigbrot; im Winter kuschelte er sich wie ein verhätscheltes Kind in ihre Pelzdecken. Jetzt sehnte sie sich danach, den kleinen warmen Körper an sich geschmiegt zu fühlen.
Aber,
so dachte sie,
dafür ist Gwydion jetzt wirklich zu alt.
    Der Knabe richtete sich auf und strich sich die Haare aus dem Gesicht – er ließ sich äußerst ungern liebkosen. Darin glich er Morgaine, die auch immer so spröde gewesen war.
    »Du bist früh aufgestanden, mein Sonnenschein. Und das nur, um deiner alten Ziehmutter eine Freude zu machen?

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