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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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schnitt mit Vivianes kleinem Sichelmesser die Riemen durch, mit der die Scheide am Gürtel hing. Sie war alt, der Samt ausgefranst, die kostbaren Gold- und Silberfäden der Stickereien waren stumpf und fleckig. Morgaine nahm die Scheide, und plötzlich stand sie am Ufer eines großen Sees. Sie hörte das Schilf rascheln…
    »Ich sagte, nein, ich möchte keinen Wein. Ich kann Wein zum Frühstück nicht mehr sehen«, sagte Gwenhwyfar. »Vielleicht findet Elaine in der Küche frische Milch… Morgaine? Bist du in Ohnmacht gefallen?«
    Morgaine blinzelte und starrte Gwenhwyfar an. Langsam wußte sie wieder, wo sie war und versuchte, klar zu sehen. Nein, es stimmte nicht! Sie ritt nicht wie eine Wahnsinnige am Ufer eines Sees entlang und hielt die Schwertscheide in einer Hand… doch hier sah alles wie in der Feenwelt aus. Alles schien sie durch sich kräuselndes Wasser zu sehen. Es erinnerte sie an einen Traum… wenn sie sich nur deutlich daran erinnern könnte… Morgaine versicherte, daß ihr nichts fehlte. Sie versprach, in die Meierei zu gehen, wenn es in der Küche keine Milch gab. Aber ihr Gesicht wanderte noch immer in den Irrgängen des Traumes… wenn sie sich doch nur erinnern könnte, was sie geträumt hatte, dann würde alles gut werden… Morgaine ging die Treppe hinunter. In der frischen Luft, die selbst im Sommer kühl blieb, verlor sie das Gefühl, daß diese Welt jeden Augenblick zerfließen und wieder zum Feenreich werden konnte. Schmerzen durchrasten ihren Kopf. Ihr seltsamer Wachtraum ließ sie den ganzen Tag nicht mehr los… sie hatte Excalibur in den See geworfen, damit das Schwert nicht der Feenkönigin in die Hände fiel… nein, das war es auch nicht… und wieder versuchte sie in Gedanken den seltsam zwanghaften Traum zurückzuverfolgen.
    Am späten Nachmittag, als die Sonne schräg am Himmel stand, verkündeten die Fanfaren König Artus' Ankunft. Morgaine spürte die Unruhe, die ganz Camelot erfaßte. Sie eilte mit den anderen Frauen zu den Wällen, von denen man ins Tal hinunterblicken konnte. Sie beobachtete, wie der Heerzug des Königs mit wehenden Bannern der Burg entgegenritt. Gwenhwyfar stand zitternd an ihrer Seite. Sie war größer als Morgaine. Aber mit ihren schlanken, blassen Händen und den zerbrechlich schmalen Schultern erschien sie der Schwägerin wie ein Kind… ein großes, dünnes Kind, das ängstlich auf seine Strafe wartet für eine Missetat, die es nur in der Vorstellung begangen hat. Verzagt zupfte sie Morgaine am Ärmel. »Schwester… muß mein Gebieter es erfahren? Es ist geschehen, und Meleagrant ist tot. Artus hat keinen Grund zur Fehde. Warum soll er nicht glauben, daß der edle Lancelot mich rechtzeitig fand… rechtzeitig, um zu verhindern…«
    Sie flüsterte wie ein kleines Mädchen und konnte nicht weitersprechen.
    »Schwester«, entgegnete Morgaine, »es liegt bei Euch, es ihm zu sagen oder nicht.«
    »Aber… wenn er es von anderen erfährt?«
    Morgaine seufzte. Konnte Gwenhwyfar nicht wenigstens einmal sagen, was sie eigentlich meinte. »Wenn Artus etwas hört, das ihn bekümmert, wird er es nicht von mir hören. Und niemand hat sonst das Recht zu sprechen. Aber er kann dir nicht vorwerfen, daß man dich in eine Falle gelockt und zur Lust gezwungen hat.«
    Und dann wußte es Morgaine, als habe sie die Stimme des Christenpriesters gehört, wie er zu der bebenden Gwenhwyfar sagte… jetzt oder damals, als die Königin noch ein Kind war… daß keine Frau geschändet werde, es sei denn, sie verführt einen Mann dazu, so wie Eva einst Adam zur Sünde verlockte. Die heiligen jungfräulichen Märtyrerinnen von Rom hatten lieber den Tod erlitten, als ihre Keuschheit zu verlieren…
deshalb
zitterte Gwenhwyfar. Sie glaubte wirklich, es sei ihre Schuld und sie verdiene den Tod für die Sünde, sich der Schande geöffnet zu haben. Sie mochte noch so sehr versuchen, das Vorgefallene zu verdrängen oder es in Lancelots Armen zu vergessen. Und weil sie dabei nicht ihr Leben eingesetzt hatte, besaß Artus nun das Recht, es ihr zu nehmen, sie dafür zu töten… und keiner konnte die Stimme beruhigen, die sie schuldig sprach.
Sie fühlt sich Meleagrants wegen schuldig, damit sie nicht daran denken muß, wie sie es mit Lancelot getrieben hat…
    Trotz der warmen Sonne fröstelte Gwenhwyfar. »Ich wollte, er wäre hier, und wir könnten in die Burg zurück. Oh, sieh doch, da fliegen Falken! Ich fürchte mich vor diesen Vögeln. Ich denke immer, daß sie auf mich

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