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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Luft rang, wagte ich, die Augen zu öffnen und sah um seinen Körper einen sanften Lichtschein.
    Es ist vollbracht, und sie ist bei mir… Große Mutter, ich bin in deinen Augen unwürdig… aber jetzt ist die Kraft zurückgekehrt… ich wagte nicht zu atmen, aus Angst, in lautes Weinen auszubrechen. Nach all diesen Jahren, nach meinem eigenen Verrat und meiner Treulosigkeit ist sie zu mir gekommen, und ich bin wieder Priesterin! Im fahlen Mondlicht sah ich am Rande des Rains schimmernde Augen, als seien Tiere in der Hecke. Aber Schatten bemerkte ich nicht. Ja, wir waren nicht allein! Das Kleine Volk aus den Hügeln hatte gewußt, wo wir waren, und was die Göttin hier vollbracht hatte. Sie kamen, um die Vereinigung zu sehen, die es nicht mehr gab, seit Uriens alt und die Welt grau und christlich wurde. Ich hörte ehrfürchtiges Flüstern und erwiderte es in einer Sprache, von der ich kaum ein Dutzend Worte kannte. Ich sprach kaum hörbar den Segen, während Accolon in Ehrerbietung vor mir kniete. »Es ist geschehen. So sei es!«
    Ich beugte mich über ihn und küßte ihn auf die Stirn und wiederholte: »Es ist geschehen. Geh mit ihrem Segen.« Ich weiß, er wäre geblieben, wenn ich die Frau gewesen wäre, mit der er in den Garten gekommen war. Aber die Priesterin verließ er schweigend, ohne das Wort der Göttin in Zweifel zu ziehen. Ich schlief nicht in dieser Nacht. Bis zum Morgengrauen ging ich in dem Garten auf und ab und wußte nun, von Entsetzen geschüttelt, was zu tun war. Ich wußte nicht, wie oder ob ich allein tun konnte, was ich begonnen hatte. Doch ich mußte selbst meine Schritte zurückverfolgen, so allein, wie ich vor langer Zeit zur Priesterin geworden war. Mir wurde in dieser Nacht eine große Gnade zuteil. Aber ich wußte, ich würde keine Zeichen mehr erhalten und keine Hilfe mehr, bis ich mich selbst, ohne Beistand, wieder zur Priesterin gemacht hatte, zu der ich einst ausgebildet worden war. Unter der Haube, die Uriens zu tragen mir gebot, verbarg sich noch immer der verblaßte Halbmond, das Zeichen ihrer Gnade. Aber es würde mir jetzt nichts helfen. Ich blickte zu den verblassenden Sternen empor und wußte nicht, ob die aufgehende Sonne mich bei dieser Nachtwache überraschen würde. Schon ein halbes Leben lang war ich dem magischen Auf und Ab der Sonne entfremdet. Ich kannte nicht mehr den Punkt am östlichen Horizont, an dem ich die aufgehende Scheibe begrüßen mußte. Ich wußte nicht einmal mehr, ob der Lauf des Mondes mit dem Zyklus meines Körpers übereinstimmte… so weit hatte ich mich von meinem Leben in Avalon entfernt! Allein auf mich gestellt, mußte ich in meiner verblaßten Erinnerung alles wiederfinden, was einmal Teil meiner selbst gewesen war. Noch vor Sonnenaufgang ging ich geräuschlos in mein Gemach. Ich suchte im Dunkeln und fand das einzige Zeichen, das mir von Avalon geblieben war – das kleine Sichelmesser, das ich der toten Viviane abgenommen hatte… ein Messer, wie ich es als Priesterin getragen und bei meiner Flucht in Avalon zurückgelassen hatte. Ich band es um die Hüfte und ließ das Obergewand darüberfallen. Ich würde es nie mehr wieder ablegen. Es sollte mich bis in Grab begleiten. So trug ich verborgen die einzige Erinnerung, die ich an diese Nacht behalten konnte. Ich zog mir nicht einmal den Halbmond auf der Stirn nach, teils wegen Uriens – er hätte mich danach gefragt – und teils, weil ich wußte, daß ich noch nicht würdig war, ihn zu tragen. Ich wollte den Halbmond nicht zur Schau stellen, wie er die verblaßten Schlangen auf den Armen trug – als Schmuck und als eine halbvergessene Erinnerung an das, was einmal gewesen und vergangen war. In der nächsten Zeit, die zu Jahren anwuchs, erfüllte ein Teil von mir wie eine bemalte Puppe die Pflichten, denen ich als Königin nachzukommen hatte: Spinnen und Weben, Zubereiten von Heiltränken, Umsorgen seines Sohns und Enkelkindes, Anhören seiner Geschichten, Besticken seiner Kleider, Pflege der Kranken und Siechen… all das tat ich, ohne viel darüber nachzudenken, und mein Körper erstarb, wenn Uriens kurz und auf widerwärtige Weise von ihm Besitz ergriff.
    Aber das Messer hing an meiner Seite, und ich konnte es hin und wieder berühren, um mir Sicherheit zu verschaffen. Allmählich lernte ich wieder den Gang der Sonne von der Tagundnachtgleiche zur Sonnenwende und wieder zurück zur Tagundnachtgleiche zu zählen… ich zählte quälend langsam wie ein Kind oder eine Priesterschülerin. Es

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