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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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nicht daran, daß die Steine nicht unter Schnee begraben lagen… niemals blieb der Schnee zwischen den Ringsteinen liegen. Ich vermutete, auch bei einem kleinen Ring würde der Zauber wirken, denn die Magie übte ihre Kraft hier immer noch aus. Im Mittelpunkt des Rings entdeckte ich ein winziges Bündel – ein zusammengerolltes Stück Leder mit einer Sehne verschnürt. Und meine Finger bewiesen ihre alte Geschicklichkeit; mühelos gelang es mir, den Knoten zu lösen, und ich schüttete den Inhalt in meine Hand. Es schienen Samenkörner zu sein, doch es waren die winzigen Pilze, wie sie vereinzelt in der Nähe von Avalon wuchsen. Man konnte sie nicht essen; die meisten Menschen hielten sie für giftig, denn sie verursachten Erbrechen, Krämpfe und Blutfluß. Aber wenn man beim Fasten nur ganz wenig zerkaute, konnten sie die Pforten zu dem
Gesicht öffnen… dieses Geschenk war kostbarer als Gold. In Uriens'
Land gab es diese Pilze nicht. Ich konnte mir nur vorstellen, das Kleine Volk hatte sich auf eine weite Wanderschaft begeben, um sie zu finden. Die mitgebrachten Speisen ließ ich zurück: getrocknetes Fleisch, Früchte und einen Honigkuchen.
Es
war kein Lohn, denn ihr Geschenk war unbezahlbar! Ich wußte jetzt, was ich zu tun hatte: Ich würde mich in der Nacht der Wintersonnenwende in mein Gemach
zurückziehen und dort das Gesicht wieder beschwören, dem ich mich verschlossen hatte. Auch wenn die Pforten zur Vision mir wieder offenstanden, konnte ich es wagen, die Göttin anzurufen, ihre Gegenwart beschwören und darum bitten, mir wieder den Segen zu erteilen, den ich verschmäht hatte. Ich fürchtete nicht, diesmal nicht erhört zu werden, denn die Große Mutter schickte mir dieses Geschenk, durch das ich Sie finden würde. In tiefer Dankbarkeit kniete ich nieder und wußte, daß mein Beten erhört, mein Frevel gesühnt war.

10
    Der Schnee auf den Hügeln begann zu schmelzen, und in den geschützten Tälern blühten bereits die ersten Frühlingsblumen. Die Herrin vom See ging hinunter zum Ufer, um den Merlin von Britannien an der Barke zu begrüßen. Kevin sah blaß und erschöpft aus. Sein Gesicht wirkte hager; er schleppte sich mühsamer als gewöhnlich auf seinen verkrümmten Beinen vorwärts und stützte sich dabei schwer auf einen Stock. Niniane ließ sich ihr Mitleid nicht anmerken, als sie feststellte, daß er gezwungen war, seine Harfe einem Dienstmann anzuvertrauen. Sie tat so, als sehe sie es nicht, denn sie wußte wohl, wie sehr ihn das in seinem Stolz treffen mußte. Langsam ging die Priesterin neben ihm her zu ihrem Haus und hieß ihn dort willkommen. Sie wies ihre Frauen an, das Feuer neu zu entfachen und ließ Wein bringen. Kevin trank nur einen Höflichkeitsschluck und verbeugte sich ernst, um ihr zu danken.
    »Was führt Euch so früh im Jahr nach Avalon, Ehrwürdiger Merlin?« fragte sie. »Kommt Ihr aus Camelot?«
    Kevin schüttelte den Kopf. »Ich verbrachte dort einen Teil des Winters«, erwiderte er, »und sprach oft mit Artus' Ratgebern. Aber bei den ersten Anzeichen des Frühlings zog ich in einer Mission nach Süden zu den Bündnistruppen… vermutlich sollte ich jetzt sagen: in das Reich der Sachsen. Und ich glaube, Ihr wißt, wen ich dort sah, Niniane. War das Morgauses Werk oder Eure Entscheidung?«
    »Weder noch«, antwortete die Priesterin ruhig. »Gwydion selbst wollte es. Er wußte, daß er trotz seiner Ausbildung zum Druiden Erfahrungen im Kampf sammeln mußte… es hat bereits in früheren Zeiten Krieger unter den Druiden gegeben. Und so entschloß er sich, in den Süden, in das Reich der Sachsen zu gehen… Die Sachsen sind Artus' Verbündete, aber der Großkönig wird ihn dort nicht zu Gesicht bekommen. Aus Gründen, die Euch ebenso bekannt sind wie mir, wollte er Artus nicht unter die Augen treten.«
    Nach kurzem Schweigen fügte sie hinzu: »Ich kann nicht beschwören, daß Morgause ihn nicht beeinflußt hat. Aber wenn er überhaupt bei jemandem Rat sucht, dann bei ihr.«
    »Wirklich?« fragte Kevin mit erhobenen Augenbrauen. »Ja, vermutlich schon… sie ist die einzige Mutter, die er je kennengelernt hat. Und sie regierte Lots Reich ebenso gut wie ein Mann… sie tut es noch, auch mit ihrem neuen Gefährten.«
    »Ich wußte nicht, daß sie einen neuen Gefährten hat«, sagte Niniane. »Ich sehe nicht so gut wie Viviane, was in den einzelnen Reichen vor sich geht.«
    »Gewiß, das Gesicht leitete sie«, stimmte Kevin zu, »und wenn sich das Gesicht ihr verschloß, hatte

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