Avalons böse Schwestern
nicht weit von einem zerstörten Fenster entfernt, ringelte, zuckte und peitschte etwas über den Boden. Es war ein lebender Gegenstand, momentan aber nicht zu erkennen, doch Sekunden später schon identifizierten wir ihn als Schlange.
»Das ist sie!« Suko gab noch einmal Gas. Kurz danach bremste er plötzlich. Ich wurde zurück, dann nach vorn geschleudert, hämmerte gegen das Gurtschloß und war endlich frei.
Wir fielen mehr aus dem Wagen, als daß wir sprangen. Wir zogen unsere Waffen. Um die Schlange zu erreichen, brauchten wir nur wenige Schritte zu gehen. Genau in diesem Moment schien sie einen neuen Energiestoß erhalten zu haben, denn sie schnellte mit dem vorderen Ende in die Höhe.
Es sah aus, als würde sich ein breites Stück Gummiband aus einem Kreis lösen. Der Schädel war noch vorhanden, das Maul ebenfalls, die Schlange hatte es auch aufgerissen, aber in seinem Innern tobte ein Feuer, das nicht von ihr stammte.
Es loderte, es knisterte, es brannte den Rachen aus, und aus den Augen quollen Rauchwolken, die widerlich stanken.
Ich ließ die Beretta verschwinden.
Suko hielt schon die Peitsche bereit, doch ich war schneller, denn ich hatte mein Kreuz.
Damit ging ich gegen die Kreatur der Hölle an!
Ob es der Satan in Verkleidung war, wußte ich nicht, aber ich konnte den Kräften meines Talismans durchaus vertrauen. Den rechten Fuß setzte ich dicht hinter den Schädel der Schlange und schaffte es, den Körper zu Boden zu drücken.
Der Kopf schnellte trotzdem hoch, das Maul auch.
Aber da war mein Kreuz.
Ich preßte es auf die Haut der Schlange, ungefähr zwischen die Augen, und ich brauchte es nicht einmal zu aktivieren. Die Kräfte des Lichts waren stärker, als das in der Schlange versinnbildlichte Böse. So etwas wie ein irrer, böser Schrei drang aus dem Maul des Monstertiers, und ich sprang zurück, weil sich der Schädel so hektisch wie die Rotorblätter eines Hubschraubers bewegte.
Die Schlange starb.
Suko und ich schauten zu, wie dieses widerliche Monstertier zerplatzte.
Es war kaum zu fassen, daß sie einmal normal gelebt hatte. Wenn auch angetrieben durch eine teuflische Magie, denn sie wirkte auf uns wie ein Riesentier aus dem Kaufhaus.
Sie sank zusammen.
Verbrannt, schwarz, grau und braun schimmernd. Nicht mehr als ein Klumpen. Wir gingen beide davon aus, daß sich Asmodis’ Geist aus diesem Körper zurückgezogen hatte.
Eine Legende hatten wir zerstört.
Noch gab es Avalons böse Schwestern.
Und es gab die zerbrochene Scheibe, die darauf hinwies, daß sich der Pfarrer und die alte Frau in höchster Lebensgefahr befanden. Wir machten uns nicht erst die Mühe, die Eingangstür einzutreten, sondern kletterten durch das zerstörte Fenster in das Zimmer…
***
Das Entsetzen fror Anna und den Pfarrer ein. Sie konnten nicht mehr fliehen!
Deshalb auch dieser wahnsinnige Schock!
Damana war bewaffnet. Sie hielt den Speer mit dem Aufsatz waagerecht, so daß die mit einer Maske verzierte Spitze geradewegs auf den Pfarrer und die Frau wies.
Es war nicht die Waffe, die beide so störten, ihr Entsetzen galt dem Aussehen dieser Person. Aus der Nähe sah sie noch schlimmer aus, denn das war kein Gesicht mehr, es war nur noch ein bleiches Etwas aus schief zusammengenähter Haut. Der Mund stand offen, die Augen waren nur mehr starre Glotzer, und das schwarze Haar war wie eine bewegungslose Hut zurückgekämmt.
Wie ein Roboter, schoß es dem Geistlichen durch den Kopf. Ein Geschöpf ohne Seele, eine Furie, der im Moment der Motor abgedreht worden war. Der Mund des Pfarrers bewegte sich. Er wollte der anderen Person etwas sagen, aber nur ein sehr rauhes Flüstern drang über seine Lippen. Worte waren nicht zu verstehen, zudem mischte sich das heisere Flüstern noch mit schmatzenden Speichelgeräuschen.
Er wich zurück. Als er sich umschaute, sah er Anna noch immer am Boden liegen. Sie versuchte jedoch, aus der Gefahrenzone zu kriechen, was ihr nur mühsam gelang, denn immer wieder rutschte sie mit dem verletzten Knie über den Boden.
Die Frau gab ein unwilliges Knurren von sich. Es schien ihr nicht zu gefallen, daß jemand versuchte, die Flucht zu ergreifen. Deshalb ging sie auch vor.
Sie kümmerte sich nicht um den Pfarrer, stieß ihn zur Seite, und Ingles prallte gegen die Wand.
»Bitte nicht, bitte nicht…« Anna bat um ihr Leben. Sie hatte alles aus ihrer anderen Perspektive gesehen, und sie ahnte, daß sie Gnade nicht erwarten konnte.
Damana ging schneller. Der Speer in ihrer
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