Avalons böse Schwestern
»verdammt!«
Ich schwieg.
»Sind sie schon weg, John? Haben sie es geschafft, die Grenze zu überwinden?«
»Keine Ahnung.«
»Aber du müßtest es eigentlich wissen. Und du weißt auch, daß es nicht so einfach ist.«
»Eben, nicht einfach.«
Wir standen ratlos nebeneinander. Wir fühlten uns genarrt, von den Mächten des Bösen wie auf den Arm genommen. Ich kam nicht mehr zurecht, denn mir fehlte genau der Punkt, wo ich den Hebel ansetzen mußte.
Ich kannte die Pläne nicht. Wenn sie Avalon nicht erreicht hatten, dann mußten sie sich noch irgendwo in dieser Gegend aufhalten. Davon ließ ich mich nicht abbringen.
»Es kann noch nicht sehr lange her sein«, sagte Suko. »Vielleicht sind sie noch auf dem Weg.«
»Ja, das denke ich auch.«
»Deshalb sollten wir nachschauen.«
»Wo, bitte?«
»Im Ort selbst?«
Mir rann ein Schauer über den Rücken. Diese Möglichkeit war nicht auszuschließen, und ich konnte einfach nicht lächeln, wenn ich daran dachte, daß die Schlange und die drei gefährlichen Frauen mit Menschen zusammentrafen…
***
Die Schlange war gekommen, und sie waren unterwegs.
Yodana, Damana und Rogetta spürten plötzlich, wie wohl sie sich fühlten, unter dem Schutz des Bösen zu stehen. Er war wie ein Motor, der sie antrieb und dabei den Haß noch stärker in ihnen aufflammen ließ.
Es war einfach ein gutes Gefühl, zu wissen, so gut wie unbesiegbar zu sein, und sie wollten es auch beweisen.
Die Schlange konnte nicht normal sprechen, sie schaffte es dennoch, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, denn sie meldete sich auf dem Weg der Telepathie, und ihre Worte drangen in die Hirne der drei Frauen ein. Sie überdeckten dort deren eigene Gedanken, und das Böse führte sie fortan einem neuen Ziel entgegen.
»Avalon läuft uns nicht weg. Wir sollten einen Versuch starten. Es gibt hier Menschen, die nicht auf unserer Seite stehen. Die noch immer beten, die in die Kirche gehen, die auch einen Pfarrer haben, der zu ihnen predigt. Wir sollten ihn, sein Haus und anschließend auch seine Kirche zerstören.«
Die Worte träufelten wie Gift in das Bewußtsein der drei bösen Frauen.
Und sie fielen auf fruchtbaren Boden, denn keine von ihnen machte Anstalten, sich dagegen zu wehren.
Sie waren einverstanden.
Noch standen sie in einem kleinen Waldstück, in dem sich Niedrighölzer ausgebreitet hatten. Zwischen den Zweigen hatten Spinnen ihre Netze gewoben und warteten auf frische Beute. Auch die drei Frauen kamen sich vor wie Spinnen, die ihre Netze ausgeworfen hatten, aber noch hatten sie die Beute nicht entdeckt.
Sie standen zusammen. Die grüne, häßliche Riesenschlange mit dem großen Maul hatte ihren Körper zusammengeringelt und umgab die drei Frauen wie ein Schutzwall. Den Kopf leicht angehoben, die Kiefer geöffnet, aus dem sie einen zischenden Strahl hervorblies. Es klang wie ein Befehl.
Die drei bösen Frauen nahmen ihn auch so auf. Sie gingen auf das Dorf zu.
Und vor ihnen kroch wie ein Führer die Riesenschlange über den Boden…
***
Der Pfarrer und Anna, zwei völlig normale Menschen, standen zusammen und begriffen die Welt nicht mehr. Was Ingles befürchtet hatte, war tatsächlich eingetreten.
Die schrecklichen Phantasien und Theorien waren zu einer grausamen Wahrheit geworden, das Böse hatte sein Reich verlassen, um einzudringen in die Welt der Menschen, wo es dann einen Vernichtungsfeldzug beginnen konnte.
Anna stand noch immer auf dem Stuhl. Sie hatte die Schlange gesehen, und sie bemerkte auch, wie sich das monströse Tier vorbewegte und Kurs auf das Pfarrhaus nahm.
Aber sie sah noch mehr.
Aus dem Hintergrund erschienen drei Gestalten – Frauen…
Seltsame Personen mit unterschiedlichen Haarfarben. Eine Blonde im weiten Kleid, eine Rothaarige halbnackt, und ein schwarzhaariges Geschöpf, das aussah, als würde es eine Maske tragen, denn so häßlich konnte kaum das Gesicht eines Menschen sein.
Es waren die Freundinnen der Schlange, sie dienten ihr, sie waren die Bösen, die Gestalten, die auf dieser Welt nichts zu suchen hatten und besser ins Reich der Toten gehörten.
Näher und näher kamen sie.
Dabei waren ihre Blicke auf das Fenster gerichtet, und Anna wußte jetzt, wie sie das Haus betreten würden. Sie fing an zu zittern, sie wollte schreien und hatte zugleich den Eindruck, als würden ihre Füße von der Stuhlfläche abheben.
Da half es auch nichts, daß sie sich noch an der Schulter des Pfarrers abstützte. Anna konnte nicht mehr auf dieser kleinen Fläche
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