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Avalons Geisterschiff

Avalons Geisterschiff

Titel: Avalons Geisterschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Hundert Meter weiter nördlich sieht es schon anders aus...«
    »Ja«, murmelte ich. »Ja, da muss ich Ihnen wohl vertrauen, Earl.«
    »Sicher. Aber warum haben Sie gefragt?«
    »Weil ich über ein Phänomen nachdenke, das im Prinzip keines ist. Es geht um Maße und Ausmaße.« Ich räusperte mich kurz. »Sie haben das Schiff doch in der Nacht gesehen. Können Sie sagen, ob es eher klein oder groß gewesen ist?«
    »Normal, würde ich meinen.«
    »Also groß?«
    »Genau.«
    »Und daran stoße ich mich. Ich habe das Schiff gesehen. Wenn es sich nicht verkleinert hat, hätte es auf dem Grund gar nicht liegen können, ohne aus dem Wasser zu ragen.«
    »Das sehe ich auch so.«
    »Aber es liegt auf dem Grund und hat trotzdem nicht aus dem Wasser geragt, mein Lieber. Genau das ist mein Problem, über das ich nachdenken muss.«
    Cameron nickte mir zwar zu, aber sein Gesichtsausdruck zeigte zugleich deutlich, dass er mich nicht verstanden hatte.
    Ich beugte mich abermals über die Bordwand und sah das Schiff tatsächlich von irgendwelchen Strömungen erfasst, die an seinen Seiten entlang glitten.
    Die Tiefe und das Wasser schienen ihm überhaupt nichts auszumachen, denn es bewegte sich nicht.
    »Ich fasse es nicht«, sagte Earl Cameron mit leiser Stimme. »Ich bin wie vor den Kopf geschlagen. Warum sehen Sie das Schiff und warum ich nicht?«
    Das Lächeln zog meine Lippen in die Breite. »Genau das ist die Frage, auf die ich eine Antwort finden muss.« Ich wollte sie haben. Und sie war gar nicht mal so schwer, das wusste ich. Es war nur noch ein kurzer Gedankensprung, dann hatte ich es. Meine Güte, ich kam mir im Moment wie vernagelt vor, schaute dabei auf das Kreuz in meiner Hand – und plötzlich fiel die Klappe.
    Das Kreuz!
    Es konnte nicht anders sein. Das Kreuz war so etwas wie ein Türöffner. Es hatte mir den Weg gewiesen. Es hatte die Hindernisse zur Seite geschoben. Ich hielt so etwas wie einen Katalysator in der Hand, der in der Lage war, Grenzen zu überwinden.
    Earl Cameron sah mir an, dass die Lösung nicht mehr weit entfernt lag. Bevor er eine Frage stellen konnte, übernahm ich das Wort.
    »ja, ich denke, dass ich die Lösung habe. Ich weiß jetzt, warum ich das Schiff sah und Sie nicht.«
    »Was ist der Grund?«, fragte er schnell.
    »Hier – das!« Ich hielt das Kreuz in die Höhe. »Das genau ist der Grund. Ich habe es, ich bin darauf eingeschworen und Sie nicht.«
    Cameron schwieg. Ich an seiner Stelle hätte auch nichts gesagt, aber ich kannte die Regeln.
    Das Kreuz als Wunderwaffe zu bezeichnen wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Aber es hatte schon seine Vorteile und seine Bestimmung. Es konnte mir nicht nur die Augen öffnen, sondern Welten, und genau da hakte ich ein.
    Das Kreuz hatte reagiert, und es hatte ein Tor aufgestoßen, das normalerweise verschlossen blieb. Man konnte sagen, dass es eine Dimensionsgrenze eingerissen hatte.
    Das Schiff war vorhanden. Auch an der Stelle, an der ich es gesehen hatte. Nur befand es sich in einer fremden Dimension, möglicherweise auch in einer anderen Zeit, aber das musste ich noch herausfinden. Es stand zudem auf der anderen Seite, es war also ein Feind des Kreuzes. Man konnte von einem schwarzmagischen oder dämonischen Hintergrund ausgehen. Verschiedene Zeitebenen vereinigten sich hier, und durch die Kraft des Kreuzes hatte ich sie eingerissen.
    Das Schiff blieb tagsüber auf dem Grund liegen. Ob es tatsächlich dort lag, darüber konnte ich nur rätseln. Aber für mich hatte es so ausgesehen. Wenn allerdings die Nacht anbrach, dann wurden die Dimensionsgrenzen aufgehoben, sodass das Schiff wieder in die Höhe steigen konnte und sich in der normalen Gegenwart zeigte.
    Bisher war all dies Spekulation, aber mein Gefühl sagte mir, dass ich der Wahrheit doch recht nahe kam. Aber die Gedanken drehten sich nicht allein um das Geisterschiff, ich dachte auch an die Besatzung, die es ja ebenfalls gab.
    Was war mit ihr? Sie musste etwas Besonderes sein, denn sie blieb nicht auf dem Schiff. Sie ging sogar an Land, dafür gab es Zeugen. Hinzu kam noch der Mord an McLintick. Konnte es sein, dass ein Mitglied bewusst vergessen worden war? Oder gleich zwei?
    Auch Carlotta hatte eine derartige Gestalt gesehen, nur war das an Bord des Geisterschiffes gewesen.
    Viele Fragen, die auf eine Antwort warteten, wobei ich sie jetzt noch nicht geben konnte. Ich dachte daran, dass es am besten war, wenn wir die Nacht abwarteten.
    »Sie sind ratlos, John«, erklärte Earl Cameron.

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