Avanias der Große
Abend, als Nandia und Lumkin das von nun an gemeinsame Schlafgemach bezogen.
Sie saßen am Rand des Bettes nebeneinander, als Lumkin ihr das Kleid langsam auszog. Er entblößte ihren Rücken Stück für Stück und sah die dunkelbraunen-gelben Flecken. Auch er war zuerst geschockt, jedoch kümmerten sie ihn nicht weiter.
An jenem Abend tranken Urtschana und Avanias allein noch etwas Wein und plauschten dabei.
„ Dass es gerade mich treffen musste! Stell dir vor, ich hätte neben den beiden auch geheiratet. Wie schön wäre es doch gewesen!“
„ Du wirst über sie hinwegkommen. Weißt du, ich habe drei sehr hübsche und intelligente Schwestern. Du könntest doch mit mir nach Kolara kommen und eine von ihnen zur Frau nehmen. Was hältst du davon?“
„ Danke, aber ich denke, es ist noch zu früh! Sie ist doch erst vor kurzem bestattet worden!“
„ Aber du gehst an dieser Trauer zugrunde! Du musst etwas dagegen tun! In Zeiten der Trauer sollte man etwas ganz Anderes tun und sich dadurch ablenken und einen neuen Weg finden.“
„ Der Hass zerstört alles! Dinjakis hat mir meine Schwester gezeigt. Sie bereut alles, was sie getan hat. Die meisten Menschen, denke ich, tun das, nach ihrer fatalen Tat. Aber dann ist es schon zu spät! 'Du wirst sie nach deinem Ableben wiedersehen', sagte er. Bis dahin wird mein Leben nur die reinste Qual sein!“
„ Komme einfach mit mir mit! Du wirst sehen, du wirst dich wieder verlieben und eine gute Frau an deiner Seite haben!“
Avanias beließ es dabei und trank seinen Becher aus. Urtschana lag es sehr daran, dass Avanias in seine Familie einheiratete. Zum Einen mochte er ihn aufrichtig, und zum Anderen wollte er auch das Bündnis zwischen ihren beiden Völkern festigen. Avanias aber war noch unentschlossen.
„ Das ist eine sehr gute Idee! Geh doch hin! Du musst ja nicht sofort ja sagen!“
„ Ach, es wird nie irgendeine andere Frau ihren Platz einnehmen können!“
„ Das sagst du jetzt so, weil du nie herausgehst und nie andere Frauen triffst! Wenn du Urtschanas Schwestern erst gesehen und dich mit ihnen unterhalten hast, wirst du sicherlich anders darüber denken. Davon bin ich fest überzeugt.“
Avanias war kaum noch wiederzuerkennen. Sein Gewand trug er nun schon seit einigen Tagen. Er sah sehr gestresst von der Arbeit und von seinen Depressionen aus. Nandia war in heiterer Stimmung, sie hatte die letzten Tage und Nächte die Inbrunst der Liebe Lumkins spüren dürfen. Nun wollte sie, dass ihrem Bruder ebenso solch ein Glück widerfuhr. „Ich erzählte bereits von den Wundern, die der auferstandene Dinjakis vor unseren Augen getan hat. Magria war völlig anders. All meine Rachlust gegen sie waren im Nu entschwunden. Ich möchte, dass auch du ihr vergibst!“
Nandia wandte sich von ihm ab.
„ Sie ist jetzt tot. Ich bitte dich!“
„ Jemandem solche grausamen Taten zu vergeben, ist keine leichte Sache! Ich kann es noch nicht.“
„ Unsere Eltern haben ihr auch vergeben!“
„ Das werde ich irgendwann einmal vielleicht auch tun können!“
„ Du bist zu hart, Nandia!“
„ Hätte sie denn Mitleid mit uns gehabt?!“
„ Wir dürfen es den anderen Menschen nicht gleich tun! Wir müssen als gutes Beispiel vorangehen!“
„ Eines Tages, Bruder! Eines Tages! Nun aber sehen wir zu, dass es dir bald wieder gut geht. Begleite Urtschana und lerne seine Schwestern kennen, ich bitte dich! Du wirst dann Sarafie bestimmt vergessen. Da bin ich mir sicher.“
„ Das will ich hoffen, ich muss ständig an sie denken! In Ordnung, ich werde ihn begleiten.“
Nandia umarmte ihn und entfernte sich dann. Darauf betrat Lumkin den leeren Saal, als ob Nandia und er sich abgesprochen hätten. „Du siehst wirklich nicht gut aus, mein Bruder! Ich ertrage deinen Anblick nicht mehr! Du musst heiraten und glücklich werden!“
„Kann man denn überhaupt durch die Heirat irgendeiner Frau glücklich werden?“
„ Das kann ich dir versichern! Aber warum denkst du denn, dass du dich nicht wieder in irgendeine andere Frau verlieben könntest? Das ist Unsinn!“
„ Ach, am liebsten würde ich heute schon sterben!“
„ Rede nicht solch einen Unsinn! Das Leben bietet mehr. Das Leben ist nicht einfach, und oft sehr hart, gewiss. Aber wir müssen daher umso mehr die Augenblicke des Glücks auskosten und somit unsere Zeit angenehmer machen! Willst du etwa den Rest deines Lebens so wie jetzt verkümmern?“
Avanias legte seine rechte Hand auf seinen Kopf, er saß so,
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