Avanias der Große
lief zur Tür hinaus auf die Straße. Aber wo sollte er denn hin?
Die Alten waren ihm dicht auf den Fersen.
Würden sie ihm denn glauben, dass er der Sohn ihres Königs sei, fragte er sich. Nein. Auch nicht, wenn er ihnen das Siegel gezeigt hätte.
Es war ein wilder Mob.
Der Kronprinz von Alvestia lief um sein Leben.
„Soll das wirklich alles sein?“
Der zierliche und schmal gewachsene Lumkin starrte in das glühende Eisen. Was hatte er als Sohn einfacher Bauern schon vom Leben zu erwarten? War denn da die Arbeit als Schwert- und Hufschmied nicht schon zufriedenstellend genug gewesen?
„Nein!“
Lumkin, nein, er doch nicht. Er erwartete mehr vom Leben. Er wollte hinaus in die Welt. Frauen, Trinken, Spaß haben, das war sein Wunsch, das war das Leben, das er sich wünschte.
Das Eisen glühte immer noch. Sein Chef schlug mit dem Hammer das glühende Ding in seine Form. In diesem Moment gingen Lumkin viele Fragen durch den Kopf. Kannte er überhaupt diesen Mann da vor ihm? Was für ein Interesse hatte er selbst daran, für diesen Mann zu arbeiten? Gewiss, er musste seinen Lebensunterhalt verdienen. Aber das konnte es nicht sein.
Er hielt den Knauf des Schwertes fest. Dieser war glühend heiß. Lumkin schrie auf und zog seine Hand hoch.
„Schlappschwanz!“
An solche Beleidigungen war er schon lange gewöhnt. Aber musste er sich denn alles gefallen lassen?
„Du hast nicht nur Wimpern wie die einer Frau, du bist auch eine!“
Der dicke, alte Mann lachte. Seine verfaulten Zähne ekelten Lumkin an. Musste dieser alte Sack denn immer so persönlich werden?
„Da du ein echter Mann bist, kommst du ja auch allein zurecht.“
„ Was willst du damit sagen, Kleiner?“
„ Ich gehe und komme nie wieder zurück.“
„ Du bist ein Bastard. Wo willst du denn schon hin?“
Jetzt reichte es ihm. Er nahm das glühende Eisenteil und stach damit in des alten Mannes Hand. Der Alte schrie laut. „Du verdammter Zwerg! Ich werde dich umbringen!“
Der junge Mann mit den mädchenhaften Wimpern lief weg. Was hatte er da nur angestellt? War er etwa wahnsinnig geworden? Nie konnte er auch nur einer Fliege etwas antun. Aber vielleicht suchte er ja nur nach einem Grund, um von diesem Ort fliehen zu können.
Er rannte und rannte. Er rannte die Landstraßen entlang, an vielen Häusern vorbei. Die Menschen, Passanten, Holzfäller, Marktschreier und andere, bemerkten den kleinen Flitzer nicht einmal.
Lumkin hatte genug. Er lief vor der Welt weg. Die öde Welt, in der er Tag ein und Tag aus lebte. Wo sollte er denn jetzt hin? Allmählich traten Selbstzweifel bei ihm auf. Zurückgehen und sich entschuldigen, das konnte er nicht mehr tun. Doch, was war denn das da drüben?
Er sah eine große wilde Menschenmenge hinter einem jungen Mann her rennen. Ein junger Mann in demselben Alter wie er.
Lalindria und Sassanias weilten in ihrem Schlafgemach an diesem heißen Tag zur Mittagsstunde. Sie sprachen über allerlei Dinge, die profanen alltäglichen und auch über Ereignisse der Vergangenheit, über die sie eigentlich nicht mehr diskutieren wollten.
„An diesem Morgen fühle ich mich nicht wohl. Ich habe einen schlimmen Albtraum gehabt letzte Nacht. Ein schwarzer Reiter auf seinem Ross hielt ein mächtiges Schwert in seiner Hand und richtete es gegen mich. Ich vermute, er war Böntschakis. Verzeih mir, wenn ich offen so heraus spreche, was ich denke. Ich habe eine schlimme Vorahnung, dass uns schlimme Zeiten bevorstehen.“
Lalindria atmete nur noch schwer. Ihr Ehemann schaute sie während seiner Rede nicht an und bemerkte nicht ihren Schwächeanfall.
Sie nahm all ihre Kräfte zusammen und richtete sich wieder auf. „Was meinst du damit?“
„ Ich glaube, er ist immer noch nicht satt.“
„ Nein. Ich hoffe nicht, dass es zu einem Krieg kommt.“
„ Nein, Lalindria, es wird schon nicht zum Krieg kommen. Er braucht uns, denn er lebt von uns.“
„ Wie lange müssen wir noch dieses Joch ertragen? Warum können wir nicht diesen Tyrannen endlich vernichten? Die Alvestier sind wieder stark genug. Sie können die Palparen besiegen.“
„ Nein, nein, das sind sie nicht. Wir können uns nicht wieder einen Krieg leisten. Ich habe keine Kraft mehr für solch ein Unterfangen. Wir leben hier gut. Wir sollten das nicht aufs Spiel setzen.“
Seine Gattin wandte sich von ihm ab.
Er lächelte. „Versteh doch, alles, was hier auf Erden geschieht, passiert einem höheren, über allem stehenden Plan wegen, der von den Göttern
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