AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
hat, bei die Gewürzhändler liegt das Gold säckeweise im Keller? No, hat er sich durchgewühlt, der Schmock! Vier Tage hat er für den Tunnel gebraucht und wie er durchgebrochen is, da lagen die Säcke, aber nich mit Gold, sondern mit Pfeffer un so’n Zeugs. ’S hat ihn fast zerrissen, so musst er niesen! Weil nämlich die Säcke geplatz sin. Klar, ham ihn die Diener gehört un gegriffen. Die mussten auch niesen, aber nich so doll wie er.«
»Woher haste denn deine Weisheit, Petke? Hast ihm wohl Händchen gehalten, was?«, grölte einer.
»Ganz recht, Trottel, ich hab ihn besucht, in seiner letzten Nacht, er hatte noch Schulden bei mir un ich wollt wissen, ob er noch was versteckt hat.«
Sie hatten einen Becher auf den armen Teufel getrunken und begonnen, von ihren eigenen Heldentaten zu berichten. Die Weinkrüge kreisten schneller, jeder wollte sich vor den Schankdirnen groß tun und plötzlich hatte Babitt gemerkt, dass er von einer geheimnisvollen Karte schwafelte, von einem Tunnel, der zur Schatzkammer des Patriarchen führte. Neben ihm hatte Knots mit schriller Stimme von einem komplizierten Schloss geprahlt, das er geknackt hatte, obwohl die ganze Palastwache hinter ihm hergewesen war. Niemand glaubte ihm, aber Babitt stand schwankend auf und packte ihn hart an der Schulter.
»Komm, wir mach’n ’nen Abgang, hier sin ssuviel A...Angeber ...«
Ohne auf Knots Protest zu achten, hatte er Mule zugenickt. Den großen Mann machte der Wein nicht redselig, aber er hatte sich brav erhoben.
Unter dem hämischen Gelächter der anderen waren sie hinausstolziert. Draußen hatte die heiße Luft Babitt wie ein Hammerschlag getroffen. Zwischen den Himmelspielern gab es kaum ein Durchkommen und sie wankten zu einem der Seitentore, um die Höfe zu verlassen.
Babitt war die Lust zum Spielen vergangen, die schmerzlichen Erinnerungen an den Einbruch füllten seinen dumpfen Kopf und er lehnte sich für einen Moment an den mächtigen Torpfeiler. Mit hängendem Kopf, die Hände auf die Knie gestützt, wartete er, dass die Übelkeit nachließ, während Knots und Mule ratlos dabeistanden.
»W...was wwarn losch, P...patron?«, nuschelte Knots, »war doch grad so gemütlich.«
»Idiot«, fuhr Babitt ihn an, »du w...wollst alles ausquatsch’n, Mann. Je...jermyn hätt’ dir d...das Hirn w...weggepuschtet.«
»Och, d...der«, meinte Knots, den der Wein sorglos machte, »d...der kann misch mal kreuzweise, von rechts nach links.«
»Ach ja? Weil’s in d...deiner B...birne eh nischt ssu wegm...machn gibt, was?«
»Schau mal, Patron, da is das Fräulein.«
Mules ruhige Stimme unterbrach den Streit, Babitt drehte sich um und beschattete seine Augen.
Vor ihnen erstreckte sich das Brachfeld, das harte Gras war in der sommerlichen Hitze verdorrt, und an manchen Stellen sogar schwarz verbrannt. Am Nachmittag hatte sich der Himmel bezogen, es war drückend schwül unter der bleifarbenen Glocke, aber jetzt, kurz vor Sonnenuntergang, brach das Licht durch einen schmalen Streifen am westlichen Horizont und tauchte die Welt in ein unwirkliches, fahles Gelb.
Über die Brache näherten sich Männer in kleinen Gruppen zu zweit oder zu dritt, ihre Gestalten dunkel vor dem unwirklichen Himmel. Sie kamen von der Pferdebahn, deren hölzerne Tribünen sich etwa eine halbe Meile entfernt am südlichen Ende des Feldes erhoben. Die Rennen waren beendet, nun fielen sie in den Höfen ein, um ihr Geld beim Himmelsspiel zu lassen.
Eine einsame junge Frau musste in dieser Gesellschaft die Blicke auf sich ziehen, noch dazu eine in einem solch aufreizenden Gewand. Sie trug keine Unterröcke, der geschlitzte, knöchellange Rock schwang um die Fesselschnüre ihrer Sandalen, das dünne Hemd unter dem verführerisch engen Mieder leuchtete weiß, ein Ärmel war von der Schulter gerutscht. Offen fielen die dunklen Locken auf ihre Brust, das schwindende Licht zauberte eine schimmernde Gloriole um ihren Kopf. Babitt spürte, dass er gaffte. Unwillkürlich dachte er an die drallen Schankdirnen, deren derbe Reize ihn und die anderen Männer verleitet hatten, sich aufzuplustern wie balzende Gockel. Ninian war anders, sie schritt fest aus, ohne die Hüften zu schwenken, aber unter dem Rock sah er das Spiel ihrer Beine: Oberschenkel, Waden, Knöchel schwangen in schönem Rhythmus. Sie hatte einen stolzen Gang.
»Wie ein hochgeborenes Fräulein«, dachte Babitt, »aber eines, das aus dem Stand über das Geländer in der Arena springt.«
Jeder anderen Frau
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