Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
Vom Netzwerk:
allein in seinem Schlafgemach war.
    Mit einem Schlage war er wieder hellwach, aber er rührte sich nicht. Malatestes leichte Bewegungen kannte er, der Kammerherr würde niemals das dunkle Zimmer betreten, ohne sich durch ein Räuspern bemerkbar zu machen. Den Eindringling jedoch spürte er mehr, als dass er ihn hörte oder sah, eine Veränderung in der Luft, ein Geruch, er hätte es nicht sagen können. Schon manches Mal hatte ihm dieser Sinn das Leben gerettet. Verstohlen kroch seine Hand zu der Klingelschnur an seinem Hemd, als er ein merkwürdiges Kribbeln empfand, eine leise Kälte in allen Gliedern. Dann spürte er nichts mehr, weder Arme noch Beine, nicht die Last der Bettdecke, nicht einmal die Schmerzen in seinem gichtigen Fuß. Der Tod - dies musste der Tod sein. Aber seine Gedanken waren klar, seine Sinne scharf wie selten und er öffnete den Mund, um nach Hilfe zu rufen.
    »Lasst es lieber, sonst müsste ich auch Eure Zunge lähmen und das täte mir leid, denn ich will ein wenig mit Euch plaudern, edler Herr.«
    Eine junge Stimme und höfliche Worte, aber dem geschulten Ohr des Stadtherrn entging nicht der Hohn in ihnen.
    »Wer seid Ihr?«, flüsterte er heiser. Leises Lachen antwortete ihm.
    »Das müsste ich Euch nicht sagen, aber da ich nichts Geringes von Euch fordere und es im übrigen auch einerlei ist, will ich mich vorstellen.«
    Ein bläulicher Funke sprang auf, der ölgetränkte Docht glühte rot und aus dem sepiafarbenen Dunkel tauchte ein Gesicht auf. Brennende, schwarze Augen, Flammen über einer bleichen Stirn - die Fratze eines Dämons. Der alte Mann fragte sich, ob er nicht doch in die Welt der Toten hinübergeglitten war.
    Dann wuchs das Licht, das Gesicht nahm menschliche Züge an, der nächtliche Besucher ließ sich auf der Bettkante nieder, wie für einen gemütlichen Plausch, und der Patriarch erkannte einen jungen Mann. Sehr jung, aber ausgestattet mit der Haltung eines großen Herrn.
    Gegen seinen Willen regte sich Neugier in Cosmo Politanus. Wie mochte der Junge an den Wachen vor der Tür, vor allem an Malateste vorbeigekommen sein, der mit dem leichten Schlaf des Alters jedes Geräusch hörte? Ob er am Ende dem Kammerherrn zu einem Schlaf verholfen hatte, aus dem es kein Erwachen mehr gab?
    Als habe der Unbekannte seine Gedanken erraten, sagte er:
    »Sorgt euch nicht um den Alten in Eurem Vorzimmer, ihm ist nichts geschehen, er schläft wie ein Säugling«, er musterte den Patriarchen neugierig. »Es hätte Euch tatsächlich leid getan, wenn ich ihn getötet hätte, erstaunlich.«
    Der Patriarch hatte nicht gesprochen, er begann zu ahnen, wer vor ihm saß. »Ein Gedankenseher?«
    Der junge Mann verbeugte sich leicht. »Und Gedankenlenker, zu Euren Diensten, edler Herr. Setzt keine Hoffnungen auf Eure Wachen oder den wackeren Kammerherrn. Selbst wenn sie Verdacht schöpfen und die Tür öffnen, sehen sie Euch friedlich im Bett schlummern - allein.«
    Mit zur Seite geneigtem Kopf betrachtete er den Patriarchen.
    »Ich bewundere Euch«, meinte er anerkennend, »Ihr habt tatsächlich keine Angst. Aber ich will nicht länger in Euren Geist hineinschauen. Reden wir lieber. Gebt mir, was ich fordere und es wird niemand zu Schaden kommen.«
    »Und was forderst du, Bursche?«
    Der Junge runzelte die Stirn bei dieser herablassenden Frage. Oh ja, er war auf seine Würde bedacht, trotzdem antwortete er ruhig.
    »Den Mondenschleier, den Ihr der schönen Isabeau verweigert, mit Recht verweigert, wie ich meine. Gebt ihn mir. Ich bin sicher, Ihr bewahrt ihn hier auf, niemand würde sich von so einer Kostbarkeit trennen.«
    Der Patriarch schwieg verblüfft. Der Kerl konnte in die Köpfe der Menschen schauen, aber in welchem Kopf hatte er etwas über dieses gut gehütete Geheimnis gesehen? Wer wusste schon davon?
    Donovan? Seinem Sohn vertraute der Patriarch wie sich selbst. Und woher sollte Donovan diesen Halunken kennen? Eine leise Erinnerung streifte ihn, aber er konnte den Schatten nicht greifen.
    Seine Gedanken schweiften weiter. Isabeau? Das war wahrscheinlicher, sie gierte nach dem Schleier und wie es Weiberart war, hatte sie bestimmt mit ihren Busenfreundinnen über ihn geschimpft, über den störrischen alten Mann, der ihr den Schleier vorenthielt! Und die hatten getratscht, bis dieser Bursche davon erfahren hatte.
    Aber er hatte den Schleier weitergegeben und jetzt musste er um jeden Preis den neuen Bewahrer schützen. Im Moment war sein Geist frei, das spürte er und überlegte

Weitere Kostenlose Bücher