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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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war sehr weiß. Das Bein des zweiten war unter einem Balken eingeklemmt. Als sie den Balken anhoben, lag es eigentümlich verkrümmt da, es würde ihn so bald nicht wieder tragen. Der letzte Mann schließlich war bei Bewusstsein, er schien kein Glied gebrochen zu haben, aber er sah aus verzweifelten Augen zu ihnen auf.
    »Mein Kreuz«, ächzte er, »ich komm nich hoch ...«
    Jermyn seufzte. Keiner dieser vier würde die Höhle aus eigener Kraft verlassen können, selbst der Junge, der kaum verletzt war, zitterte an allen Gliedern. Jermyn fing seinen Blick ein und prüfte ihn. Nein, verletzt war der nicht, aber sein Gemüt war durch das schreckliche Erlebnis erschüttert, besonders durch den grausamen Tod des Mannes, mit dem er vielleicht gerade noch gescherzt hatte. Dabei brauchte er den Jungen ... nun ja, Glieder konnte er nicht heilen, aber den Schrecken konnte er lindern.
    »Wie heißt du?«
    »P...Picco, Patron,« stammelte der Junge und Jermyn konnte sich ein grimmiges Lächeln nicht verkneifen. Die Rolle schien an ihm zu kleben wie Fliegenleim.
    »Sieh mich an, Picco, nein, keine Angst«, der Junge war zurückgeschreckt, »ich will dir helfen. Pass auf: Das ist nicht dir passiert, der Geschichtenerzähler auf dem Marktplatz erzählt davon, sehr lebhaft, es ist als wärest du mitten darin. Und du bist der tapfere Junge, dem alle auf die Schulter klopfen werden. Wer fürchtet sich schon vor einer Geschichte?«
    Jermyn gab den Jungen frei. Der angstvolle, starre Blick war aus den braunen Augen gewichen und unter der Blässe kam der kecke Bursche zum Vorschein, der Picco wohl unter anderen Umständen war.
    »Besser?«
    Picco nickte und sah sich neugierig um. Beim Anblick des Gepfählten schauderte er, aber so, als höre er davon, nicht, als habe er es selbst miterlebt.
    »Nimm die Fackel und bleib bei den Verletzten. Sprich mit ihnen, damit sie nicht die Hoffnung verlieren. Ich klettere hinauf und sage den Männern Bescheid. Ich verlasse mich auf dich!«
    Picco nickte stolz und kauerte sich zwischen die stöhnenden Männer, während Jermyn sich an den Aufstieg machte.
    Kurz darauf war die Seilwinde unter der kundigen Anweisung des Vorarbeiters über dem Pfeiler aufgerichtet, die Männer hatten in aller Eile drei Bahren zusammengebastelt und einen großen Korb für Picco herbeigeholt.
    Seine Eltern standen händeringend am Rand der Grube, der Junge selbst aber fühlte sich als Held der Stunde. Er half dem Patron, die Männer auf die Bahren zu legen und mit Seilen darauf festzuschnallen, achtete auf die Fackel und als er schließlich in den Korb stieg, tat es ihm beinahe leid, dass das Abenteuer zu Ende war.
    Als aber der Korb heraufschwebte, war es genauso, wie er es sich erhofft hatte: Die Leute brachen in lauten Jubel aus, und nachdem seine Mutter ihn schluchzend in die Arme geschlossen hatte, drängten sich die Männer um ihn, klopften ihm auf die Schulter, knufften ihn freundschaftlich und schüttelten ihm die Hände, bis sie schmerzten. Er wurde im Triumph davongeführt und bekam nicht mehr mit, wie der Vorarbeiter selbst mit finsterer Miene in den Höllenschlund hinuntergelassen wurde, um dem Toten mit Jermyn den letzten, grausigen Dienst zu erweisen. Auch die Verletzten wurden fortgetragen, der Bulle hatte befohlen, sie zu guten Heilern zu bringen, deren Kosten er übernehmen wollte.
    Als die mit Tüchern verhüllte Gestalt heraufgezogen wurde, war alles Geschrei verstummt, die meisten Handwerker waren wieder an ihre Arbeit zurückgekehrt. Die Stadtwächter hatten sich angesichts des schrecklichen Unglücks zurückgehalten, aber niemand zweifelte daran, dass Duquesne gnadenlos den Tageslohn streichen würde, wenn die Arbeiter ihr Pensum nicht erfüllten.
    Schließlich standen nur noch die Sammler um das Loch. Auch ihre Gesichter waren ernst, dem Unglück angemessen, aber als Jermyn sich hinter der letzen Bahre hatte hochziehen lassen, trat Braggo de Poccole mit einem seltsamen Glitzern in den Augen zu ihm.
    »WasfüreinschrecklichesUnglück,« leierte er, »ah, mhm, hast du nicht etwas Ungewöhnliches dort unten gesehen, junger Mann?«, fragte er lauernd. Jermyn musterte den wohlgekleideten Mann, der sich die feisten Hände rieb.
    »Ei, gewiss, edler Herr,« erwiderte er honigsüß.
    »Was denn, Bursche, komm, es soll dein Schaden nicht sein, wenn du es uns sagst.« De Poccoles Stimme zitterte vor Erregung.
    »Nun, eine aufgespießte Leiche zum Beispiel und einen Mann mit zerschmettertem Rückgrat,«

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