AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
Bullen, er sagt, du sollst ... he, was soll ... lass los ...«, er hatte sie an sich gerissen und umarmte sie so fest, dass es ihr die Sprache verschlug.
Von diesem Tag an gehörte der kleine Gott zu den Bewohnern des alten Palastes.
Der Rebenmond ging vorüber, der Windmond folgte, aber das Wetter blieb sommerlich warm. Der Tag der Eröffnungsfeier rückte näher, ganz Dea versank in fieberhafte Geschäftigkeit. Die nötigen Bauarbeiten am Zirkus waren abgeschlossen, nur an der Stelle des Einbruchs mussten die Bohlen weiträumiger ersetzt werden, als die Baumeister zunächst vermutet hatten. Die um ihre Schätze besorgten Bewohner des alten Dea hatten vor dem Barbareneinfall die eisenharten Balken herausgerissen und das Loch mit hastig zusammengezimmerten Brettern nur notdürftig geschlossen. Über die Jahrhunderte war es morsch und brüchig geworden, ja, es grenzte an ein Wunder, dass die Bretter so lange gehalten hatten. Als Jermyn davon hörte, behauptete er eigensinnig, der kleine Gott habe den Boden einstürzen lassen, um von ihm ans Tageslicht gebracht zu werden. Weder ihn noch seinen Gott schien es zu stören, welches Unheil dabei geschehen war.
Zuletzt musste der Zirkus vom Staub und Schutt der Reparaturen gesäubert werden, und von dem Dreck, der sich in den langen Jahren in den Gängen, Winkeln und Ecken angesammelt hatte. Auf Duquesnes Geheiß holten seine Männer dazu die Müßiggänger und Bettler von den Gassen und Plätzen der dunklen Viertel und zwangen sie, Besen und Schaufeln zu schwingen. In Bütten und Körben schleppten sie den Dreck aus der Arena zu Ochsenkarren, die ihn zu den gewaltigen Müllbergen im Westen der Stadt brachten. Duquesne hatte vorgeschlagen, den Dreck auf dem nahegelegenen Brachfeld aufzuhäufen. Das hatte ihm nur einen strafenden Blick des Patriarchen eingebracht. Kein Schuttberg sollte an den Niedergang des prächtigen Gebäudes erinnern.
Die Zwangsverpflichtungen ergrimmten das einfache Volk, die rumpelnden Karren mit ihren brüllenden Ochsen und peitschenknallenden Fuhrknechten verstopften die engen Gassen. Steine prasselten aus dem Hinterhalt auf die Stadtwächter, wenn sie die Zwangsarbeiter zusammentrieben. Ein oder zwei Mal gelang es den Angreifern, die Wachen in die Flucht zu schlagen. Man munkelte, der Bettlerkönig stecke dahinter, er habe den Widerstand organisiert, um seine Untertanen vor der erzwungenen Arbeit zu schützen, für die sie weniger bekamen, als sie an einem Tag zusammenbettelten.
Aber in dieser Sache verstand der Patriarch keinen Spaß. Er erlaubte Duquesne, hart durchzugreifen und als das nächste Mal Stadtwächter angegriffen wurden, ließ Duquesne jeden Bettler des betreffenden Viertels öffentlich auspeitschen und für zehn Tage in den Kerker werfen.
Danach wurden die Übergriffe seltener, aber der Zorn der Betroffenen wuchs. Nur ein Bruchteil der Bevölkerung würde einen Platz bei den Eröffnungsspielen ergattern, und wie immer fühlten sich die armen Leute übergangen. Vor den Wachstuben kam es zu Tumulten und Schlägereien, wenn Männer, die sich seit Wochen um eine der begehrten Tontafeln anstellten, mit leeren Händen abziehen mussten. Böse Worte von Schiebung und Betrug wurden laut, die Glücklicheren mussten sich nicht selten ihrer Haut erwehren. Die Grauen Brüder hatten alle Hände voll zu tun, die schlimmsten Ausschreitungen zu verhindern, zumal die Stadtwächter sich nicht scheuten, schnellen und harten Gebrauch von ihren Waffen zu machen.
Kamen dem Patriarchen solche Klagen zu Ohren, zuckte er in fürstlicher Gelassenheit die Schultern.
»Ich habe für das Volk getan, was ich konnte. Sollen die Glücklosen auf die nächsten Spiele warten!«
Aber die Unzufriedenen fanden Fürsprecher, mit denen er nicht gerechnet hatte.
»Cosmo, sie bestehen darauf! Sie werden nicht eher Ruhe geben, bis du ihnen nachgegeben hast.«
Die Fürstin fuhr sich mit dem Arm über die Stirn, an der die feuchten blonden Löckchen klebten. Nur mit einem dünnen, leinenen Hemd bekleidet, stand sie in der Schwitzkammer und bearbeitete den massigen Rücken des Patriarchen mit einer groben Bürste. Ab und zu goss sie ihm einen Schwall kühles Wasser über die Schultern, dann schnaufte der alte Mann vor Behagen. Er hockte auf einem Holzstuhl mit zwei Armlehnen, nackt bis auf ein Leintuch, das seine Blöße bedeckte, den kranken Fuß mit den verkrümmten Zehen in einem Bottich mit warmem Wasser. Der andere ruhte im Schoß des Mädchens vor ihm, das
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