AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
unwillig, doch wie stets beugte er sich dem Willen seines Herrn.
Immer wieder hatte Duquesne über den ungeheuerlichen Vorschlag nachgedacht, den ihm Fortunagra während der Wilden Nächte gemacht hatte: ein Bündnis mit Haidara, das ihm die Macht über Dea in die Hand geben würde. Manchmal war er geneigt, ihn als bösartigen Scherz anzusehen, als Versuch, ihn, den Unbestechlichen, in eine Falle zu locken. Ja, ihm war sogar der Gedanke gekommen, ob nicht der Patriarch selbst hinter dem Angebot steckte, um seine Treue auf die Probe zu stellen. Ein guter Fürst traute niemandem, nicht einmal seinem treuesten Diener, und nichts anderes wollte Duquesne sein.
»Narr,« wisperte es in seinem Kopf, »Diener vielleicht dieses Patriarchen, solange er fähig ist, die Geschicke der Stadt zu lenken. Niemals aber Diener eines Schwächlings oder eines alten Narren, der sich in nutzlosen Spielereien verliert, während Dea der Raub fremder Mächte zu werden droht. Dann lieber selbst Herrscher sein ...«
Die dunkle Hand krampfte sich um den Sattelknauf. Wenn auch jene fremde Macht ihm den Steigbügel halten würde - saß er erst einmal fest im Sattel, würde doch er das Pferd lenken ...
Das empörte Wiehern des Hengstes hallte durch die Dunkelheit und die Nachtschwärmer drückten sich an die Häuserwände, als Duquesne dem Pferd die Sporen gab und durch die Gasse stürmte, dass die Hufe Funken aus den Steinen schlugen. Er mäßigte den rasenden Lauf erst, als das Tor des Stadthauses in Sicht kam, und ritt in scharfem Trab in den Hof. Erschrocken eilten die Stallburschen herbei, aber bevor der schwitzende Gaul zum Stehen kam, war Duquesne aus dem Sattel.
Mit langen Schritten sprang er die Stufen hinauf und rannte auf dem Weg zu seinem Quartier beinahe zwei erstaunte Kauffahrer über den Haufen.
»Verschwinde, lass mich allein!«, herrschte er Opadjia an und als der Diener die Tür hinter sich ins Schloss gezogen hatte, ließ er sich auf die Bank in der Fensternische sinken. Wahrhaftig, es war bitter, dass man sich nicht vor den eigenen Empfindungen verschließen konnte!
Er würde nicht zum Verräter werden, würde den Einflüsterungen der Dämonen, die Fortunagras Vorschlag geweckt hatte, nicht nachgeben! Er war seinem Herr treu und er diente Dea und niemals sollte ein Fremder den Thron der Stadt besteigen, dafür würde er bis zum letzten Atemzug kämpfen! So heftig hieb er mit der Faust gegen das eiserne Fensterkreuz, dass die Haut aufplatzte.
Der Schmerz brachte ihn zu sich. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und fand sie schweißbedeckt. Zornig auf sich selbst stand er auf. Einen schönen Anblick musste er geboten haben, als er wie ein Rasender durch das Stadthaus gerannt war. Er, dem Selbstbeherrschung oberstes Gebot war. Dafür würde er die Nacht in der unterirdischen Steinkammer verbringen, um sich zu kasteien und sein Gleichgewicht wiederzufinden. Es musste die übermäßige Belastung sein, der er seit Wochen ausgesetzt war, dass er derart die Fassung verlor.
Nein, er war niemals wirklich in Gefahr gewesen, den Versuchungen Fortunagras zu erliegen, beruhigte er sich. Die Eröffnung des Zirkus fand in wenigen Tagen statt, danach würde der Patriarch wieder Zeit und Muße für andere Dinge finden. Dann konnte Duquesne ihm Fortunagras Verschwörungspläne enthüllen. Bis dahin würde er seine Pflicht tun, denn hatte der alte Mann nicht gesagt, dass er ohne ihn verloren wäre?
Die Kälte, die ihn erfüllte, wich, als er an die müde alte Stimme dachte. Noch nie hatte der Patriarch so deutlich ausgesprochen, wie sehr er sich auf ihn verließ und seiner Dienste bedurfte. Wenn die Eröffnungsfeier dank seiner unermüdlichen Bemühungen der große Erfolg wurde, den der Vater sich wünschte, würde sich sein Sinn nicht doch wandeln und sich ihm zuwenden?
Duquesne wischte die blutende Hand am Wams ab, öffnete die Tür und begab sich in die Wachstube.
»Thybalt! Bericht! Gab es Besonderes?«
Der Patriarch lag endlich schnaufend in seinem Bett und sah nachdenklich zu dem bestickten Betthimmel hinauf, während Malateste mit leisem Klirren die Gerätschaften für die Nacht auf dem Nachttisch bereitstellte.
»Wirklich ein guter Mann, Duquesne, ein bisschen steif nur und zu hitzig - wie seine Mutter«, er seufzte.
Malateste nestelte die Klingelschnur am Nachthemd seines Herrn fest, hinkte um das gewaltige Bett herum und zog die Vorhänge zu, damit keine Zugluft den alten Mann störte. Die Nächte waren schon
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