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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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hier zurückgezogen lebte. Es war ein nahezu unwahrscheinliches Glück, dass sie gerade des Wegs gekommen war. Wenn es länger gedauert hätte ...
    Sie schauderte, es war besser, nicht daran zu denken. Die alte Frau würde, musste Jermyn retten! Verzweifelt ballte sie die Fäuste, aber allmählich wirkte der Frieden des Gartens auf ihr erregtes Gemüt.
    Auf den mit Steinen säuberlich umfassten Beeten blühte eine Vielfalt leuchtender Blumen, deren Farbenpracht sie beinahe blendete. Nur widerwillig, auf das ausdrückliche Gebot der Mutter, hatte sie in Laluns Lustgarten die Namen von Blumen und Sträuchern gelernt und jetzt erkannte sie nur wenige wieder. Rosen etwa, die überall in verschwenderischer Pracht wuchsen.
    Jenseits des kunstvoll verflochtenen Zaunes erhob sich der Wald und an einer Stelle rückten die Bäume so nahe an den Garten heran, dass die ausladenden Äste Schatten über die Beete warfen. Gelbbraunes Laub sprenkelte die geharkten Wege.
    Dort, wo der Garten sich um das Haus herumzog, war der Anfang eines aufgehäuften, langen Hügels zu sehen. Leuchtend gelb wucherten die Pflanzen dort und verströmten einen süßen, würzigen Duft. Über dem Hügel schwirrte es von Bienen, dicken pelzigen Hummeln und anderen Insekten, der Garten war erfüllt von ihrem geschäftigen, eintönigen Summen.
    Ninians Lider wurden schwer, im Verein mit der Hitze wirkten die Geräusche einschläfernd, obwohl sie heftig dagegen ankämpfte. Wie durfte sie schlafen, wenn Jermyn dort drinnen um sein Leben rang? Doch sie konnte sich der tönenden Stille und dem beruhigenden Zauber nicht entziehen. Immer noch verspürte sie leichten Schwindel, ein seltsames Gefühl der Unwirklichkeit. Sie schloss die Augen und ließ den Kopf an die weiß getünchte Hauswand sinken. Die gleißenden Farben, die sich ihrem inneren Auge eingeprägt hatten, verschwammen zu träge kreisenden Wirbeln. Bevor sie jedoch in dem Sog aus summenden Stimmen, Wärme und Duft verschwand, sprang die Tür auf. Ninian schreckte hoch.
    Die Alte ging, schwer an einem vollen Eimer und einem Spaten tragend, zum Waldrand. Ninian, die ihr bis zum Zaun gefolgt war, sah, wie sie den Eimer in eine Grube leerte, über die sie Erde und Laub schaufelte. Als sie zurückkam, lächelte sie.
    »Es geht ihm gut.«
    Ninian stürzten vor Erleichterung auf’s Neue Tränen in die Augen. Sie drehte sich um und wollte ins Haus laufen, aber die Frau ergriff ihren Arm.
    »Lass ihn. Er schläft jetzt und wird noch eine ganze Weile schlafen. Und du, mein Kind, wirst das auch tun. Wenn du wach wirst, kannst du zu ihm. Ihr habt Zeit genug.«
    Die letzten Worte sprach sie mit merkwürdiger Betonung.
    Ninian merkte es nicht. Sie wischte die Tränen fort und umarmte ihre Retterin überschwänglich.
    »Wie kann ich Euch jemals danken, ich weiß nicht einmal Euren Namen.«
    Die Alte zögerte, bevor sie erwiderte:
    »Mein Name ist Tidis. Ja, ihr sollt mich so nennen. Aber sag nicht Ihr zu mir. Wir haben zusammen vor dem Tod gestanden, das verbindet.«
    »Vor dem Tod«, Ninian wurde blass, »war es so schlimm?«
    Tidis nickte.
    »Aber nun ist es gut«, fügte sie beruhigend hinzu. Ninian umarmte sie noch einmal.
    »Du kennst auch unsere Namen nicht. Er heißt Jermyn und mein Name ist ...«
    »Ninian, ich weiß.«
    »Du weißt?«, fragte Ninian verdutzt. »Hat er meinen Namen gesagt?«
    »Wie?« Tidis schien ein wenig verwirrt. »Ja, ja, er hat nach dir gerufen.« Sie warf dem selig lächelnden Mädchen einem seltsamen Blick zu. »Aber komm jetzt, ich zeige dir, wo du schlafen kannst.«
    Sie führte Ninian an dem Hügelbeet entlang. An einem gemauerten Ziehbrunnen füllte sie ihren Eimer, schwenkte ihn aus und goss das Wasser in eine steinerne Rinne, die aus dem Garten hinausführte.
    Hinter dem Haus liefen ihnen flinke, kleine Hühner scharrend um die Füße, und während sie wie im Traum hinter der Alten herstolperte, nahm Ninian flüchtig umfriedete Gemüsebeete wahr und dahinter ein Gestell mit Bienenkörben. Vor einer niedrigen Tür an der Rückseite des Hauses blieb Tidis stehen.
    »Hier ist mein Heuboden. Ihr könnt hier schlafen, du und dein Freund, wenn es ihm besser geht und man seinen Schlaf nicht mehr bewachen muss. Ich werde dir Leintücher und Decken geben, damit magst du dich einrichten, so gut es geht.«
    Sie schmunzelte und ihr braunes Gesicht verzog sich lustig.
    »Wenn es ein wenig streng riecht, darf dich das nicht stören: Meine beiden Ziegen hausen nebenan«, sie musterte

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