Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
Vom Netzwerk:
klang scharf, ja gebieterisch.
    »Mein Gefährte«, stieß Ninian hervor, »eine Schlange hat ihn gebissen. Er ist kaum noch bei Bewusstsein und die Wunde sieht furchtbar aus.«
    »Eine Schlange? Dann ist keine Zeit zu verlieren, bring mich zu ihm, schnell!«
    Die Frau packte die Riemen der Kiepe fester und eilte in die Richtung, aus der Ninian gekommen war. Ninian folgte ihr verwirrt.
    »Wann ist er gebissen worden?«, fragte die Frau und ihr Atem ging nicht schneller, obwohl sie jetzt beinahe rannten.
    »Gestern, etwa um Mittag.«
    Es schien eine Ewigkeit her zu sein, seit sie über die verhängnisvollen Felsen gelaufen waren.
    »Hast du die Schlange gesehen? War sie gefleckt oder braun?«
    Ninian dachte an den dünnen Schatten auf den hellen Steinen.
    »Braun, ich glaube, sie war braun ...«
    »Das ist schlecht«, murmelte die Alte und ihre Beine griffen aus, wie Ninian es bei einem solch gebrechlichen Geschöpf nicht erwartet hatte.
    Es war nicht weit zu dem Baum, an dem Jermyn lag. Die alte Frau warf die Kiepe ab und hockte sich neben seine reglose Gestalt ins Laub. Mit sicheren Bewegungen zog sie ein Augenlid hoch, prüfte seinen Herzschlag und betrachtete die furchterregende Wunde. Jermyn schien keinen Schmerz zu spüren, er gab keinen Laut von sich.
    Einen Augenblick lang saß die Frau bewegungslos, sie starrte in das fahle, schweißnasse Gesicht und ihre Lippen bewegten sich lautlos.
    Ninian schien es, als ringe sie mit sich und namenlose Angst schnürte ihr die Kehle zusammen. Beinahe hasserfüllt hing ihr Blick an dem strengen, hageren Gesicht der Alten. Wenn sie sagte, es sei zu spät ...
    Die Frau erhob sich.
    »Wir müssen ihn in meine Hütte schaffen, hier kann ich ihm nicht helfen«, sie bückte sich, um seinen Arm zu ergreifen.
    »Wie soll das gehen? Ich kann ihn nicht allein tragen«, zweifelnd betrachtete Ninian die dürre Gestalt der Alten.
    »Wir tragen ihn zusammen, Mädel. Nun rühr dich und pack zu. Schieb ihm den Arm unter die Schulter, warte, wir richten ihn gemeinsam auf, eins, zwei - und hoch mit ihm!«
    Dankbar, nur gehorchen zu dürfen, tat Ninian, was die Alte sagte, und zwischen sich stellten sie Jermyn auf die Beine. Er stöhnte laut, seine Finger krallten sich in ihre Schulter und ihr schwindelte. Der Schmerz machte ihr nichts, sie war glücklich, dass noch Kraft und Leben in ihm waren, aber sein Gewicht lastete schwer auf ihr, die Angst und die Anstrengungen der letzten Stunden machten sich bemerkbar.
    »Reiß dich zusammen, er wird schon durchhalten, wenn du ihn nicht im Stich lässt.«
    Die klare Stimme brachte sie zur Besinnung, sie zwang sich, den Schwindel zu überwinden. Langsam setzten sie sich in Bewegung.
    »Deine Kiepe ...«, krächzte Ninian.
    »Die sei nicht deine Sorge«, schnitt die Alte ihr das Wort ab, »ich werde sie später holen. Spar deine Kräfte und schwatze nicht.«
    Halb trugen, halb schleiften sie Jermyn durch das Laub zwischen den Bäumen. Mit jeder Faser ihres Wesens betete Ninian um sein Leben, sie achtete nicht auf den Weg, aber ihr war, als bewegten sie sich immer tiefer in den Wald hinein. Es beunruhigte sie nicht, im Gegenteil, Kräuterkundige lebten oft einsam in der Wildnis und schüchtern wuchs die Hoffnung in ihr.
    Sie verlor jegliches Zeitgefühl und bewegte nur noch mechanisch die Beine, als es unversehens heller zwischen den Bäumen wurde. Eine kleine Lichtung öffnete sich vor ihnen und hinter einem grauen Knüppelzaun erhob sich ein niedriges Haus mit tiefhängendem, strohgedeckten Dach. Die Alte stieß das Tor mit dem Fuß auf und sie schoben Jermyn in einen blühenden Garten.
    Ninians Kräfte schwanden. Wieder ergriff sie der Schwindel, ihr leerer Magen zog sich schmerzhaft zusammen, Galle stieg ihr bitter in die Kehle, sie würgte, brachte aber nur wasserdünnes, gelbliches Zeug hervor. Jermyn neben ihr erging es nicht besser, er röchelte und Speichel tropfte aus seinem Mund auf den mit Holzspänen bestreuten Weg.
    »Schon gut, schon gut, ist gleich vorbei«, murmelte die alte Frau tröstend.
    Benommen nahm Ninian eine Tür wahr, unter deren Sturz sie den Kopf einziehen musste, dann einen dämmrigen Raum mit wenigen Möbeln, Töpfen und Geschirr, die im Halbdunkel blinkten. Die Alte stieß eine weitere Türe auf, sie zerrten Jermyn über die Schwelle und hievten ihn auf eine schmale, hölzerne Bettstatt.
    Kaum lag er da, wurde die Alte sehr geschäftig. Sie zog das weiße Bettzeug unter ihm weg, so dass er auf grobem, ungebleichtem Leinen

Weitere Kostenlose Bücher