AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
den er nicht beabsichtigt hatte, und den Duquesne geflissentlich übersah.
Paul de Berengar starrte ihm wütend hinterher. »Der verdammte Gauch! Was fällt ihm ein, mich nicht zurückzugrüßen, der Sohn einer schwarzen Hure! Hol ihn der Teufel«, zischte er, als Duquesne außer Hörweite war.
»Ärgere dich nicht, Kamerad, du kennst doch Seine Hoheit. Das geht uns doch am Arsch vorbei«, lachte einer seiner Gefährten und knuffte ihn gutmütig gegen die Schulter. Doch auch er achtete sorgfältig darauf, nicht zu laut zu sprechen.
Pauls finstere Miene erhellte sich nicht. Der andere hatte gut reden: Niccolo d’Este, war hochgeboren, er kannte nicht die Qualen einer zweifelhaften Herkunft. Paul hatte darunter gelitten, seit er denken konnte.
Zwar stammte seine Mutter aus der angesehenen Familie der Berengar, zu deren Vorfahren gar Abkömmlinge der Sieben gehörten, aber sie war in jugendlicher Narrheit mit einem hübschen Taugenichts durchgebrannt. Nicht nur namenlos, sondern auch ein Lump und Betrüger, hatte er seine junge Frau mit dem kleinen Sohn im Stich gelassen, als sich zeigte, dass die Familie Berengar keine Kupfermünze herausrücken würde, um die missratene Tochter zu unterstützen. Eine Weile hatte die Mutter versucht, sich durch Näharbeiten zu ernähren, aber als er fünf Jahre alt gewesen war, hatte das Elend sie so niedergedrückt, dass sie sterbenskrank geworden war. Mit letzter Kraft hatte sie sich mit ihrem Kind vor ihr Elternhaus geschleppt und wie eine Bettlerin an die Gesindetür geklopft. Die alte Wirtschafterin, die geöffnet hatte, hatte sie nicht erkannt, aber mitleidig eingelassen und in dieser Küche, die sie als vornehmes Fräulein nie betreten hatte, war sie zusammengebrochen.
Es hatte sich jedoch einiges geändert im Hause Berengar, und der Hausherr, den die erschrockene Babertin geholt hatte, war nicht der hartherzige Vater, sondern ihr Bruder, Ralf de Berengar gewesen, der den Verstorbenen beerbt hatte. Um viele Jahre älter als Pauls Mutter, hatte er an dem niedlichen, kleinen Mädchen gehangen und als er sie in ihrem Elend sah, den weinenden Jungen daneben, hatte ihm das Gewissen geschlagen, und er hatte die beiden liebevoll aufgenommen.
Seine Schwester war wenige Tage später in der Gewissheit gestorben, dass ihr Sohn in die Familie aufgenommen und ihre Schande getilgt war. Berengar, der bald zu der verantwortungsvollen Stelle des Stadtkämmerers aufgestiegen war, hatte den Jungen an Sohnes Statt angenommen und ihn in allem standesgemäß erziehen lassen. Durch das gute Einvernehmen, das zwischen ihm und dem Patriarchen herrschte, hatte er ihm sogar eine Stelle in der Palastwache verschaffen können.
Aber der Makel seines schurkischen Vaters haftete an ihm und grausam, wie Kinder sind, hatten seine Mitschüler ihn das nie vergessen lassen. Es war sein Unglück, dass Paul nicht nur das gute Aussehen seines Vaters, sondern auch sein wankelmütiges Wesen geerbt hatte. Des Makels seiner Geburt stets schmerzlich bewusst, litt er unter echten oder eingebildeten Kränkungen, die er wie einen kostbaren Schatz hegte und pflegte. Damit war der blutjunge, zwischen Hochmut und Selbstzweifeln schwankende Offizier eine leichte Beute für den Ehrenwerten Fortunagra gewesen, der ihn geschickt in seinen Netzen gefangen hatte.
Paul hatte den Verlockungen, den kranken Genüssen, in die Fortunagra ihn einführte, nichts entgegenzusetzen. Er glaubte, es zeichne den verfeinerten Geschmack eines wahren Edelmannes aus, seine Leidenschaften und Begierden zu leben und sich über alle Gebote hinweg zu setzen, die es für niedere Menschen gab.
Er war Fortunagra ganz und gar verfallen und dachte doch, alles was er tat, entspringe seinem eigenen Willen. Sehr schnell hatte er sich in die Rolle des Günstlings des mächtigen Patrons gefunden und den Abscheu, den er zuerst empfunden haben mochte, hatte seine geschmeichelte Eitelkeit bald überwunden. Nicht jeder Auftrag seines Gönners war gelungen, dennoch hatte der junge Mann sich so gelehrig gezeigt, dass er hoch in Gunst stand, der Ehrenwerte hatte ihm sogar von seinem mächtigen Verbündeten, dem Nizam von Haidara erzählt.
Doch Paul war auch nach anderen Seiten rührig. Er hatte die Base der Fürstin erobert, Margeau de Valois, die zwar nur aus geringerer Familie stammte, durch ihre hervorragende Stellung bei ihrer Herrin aber ein lohnender Gegenstand seines Ehrgeizes war. Eine der elegantesten Frauen am Hof war sie in Liebesdingen ebenso
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