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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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nicht zu zwingen.«
    »Die nächste Reise geht in die Hochwälder, ist bestimmt mal 'ne nette Abwechselung ...«
    Sie schrieen so laut durcheinander, dass andere Knechte aufmerksam wurden und herbei kamen.
    Ninian lauschte, halb gefesselt, halb abgestoßen. Vielleicht war es besser zu verschwinden.
    Es zischte laut, als ein Mann aufstand und den Rest seines Biers in die Flammen schüttete.
    »Ihr habt ja keine Ahnung, wovon ihr redet!«
    »Oi, Rosten, was weißt denn du? Ham se dich schon mal gemolken?«
    »Halt's Maul, Järv, sonst stopf ich's dir! Ich weiß allerdings mehr als ihr«, fuhr er ruhiger fort, »mein Vater gehörte zu einem Wagenzug, der durch die Hochwälder zog und meine Mutter ist eine von den Waldfrauen.«
    »Ho, erzähl, Junge«, rief Ozark und andere stimmten ein.
    »Ja, erzähl, was ist mit den Waldfrauen?«
    Nachdem Rosten die Runde eine Weile schweigend betrachtet hatte, hockte er sich hin und begann:
    »Das tu ich, damit ihr keine Lügen mehr über das Volk meiner Mutter verbreitet.
    Mein Vater hat mit mir nur ein einziges Mal darüber gesprochen, aber ich weiß, dass er oft daran gedacht hat. Er war ganz jung, es war sein erster Wagenzug. Eines Abends rief der Zugführer sie zusammen und erklärte, dass zwei Abgesandte der Waldfrauen bei ihm um Kinder für ihre jungen Frauen gebeten hätten. Alle Männer, die nicht mittun konnten oder wollten, sollten eine Tagesstrecke weiterreiten und auf die anderen warten. Es sei jedem freigestellt und keiner würde verachtet, wenn er sich weigerte, aber, fügte er hinzu, es sei eine große Ehre und ein unvergessliches Erlebnis. Mein Vater sagte, der Führer sei ein harter, trockener Mann gewesen, aber seine Augen hätten bei diesen Worten geleuchtet. Am nächsten Tag sind einige wenige weitergezogen, aber die meisten blieben. Die Waldfrauen kamen und führten sie zu einem Lager im Wald, wo sie zusammen mit den Frauen Laubhütten errichteten. Sie gingen gemeinsam auf die Jagd und teilten die Beute. Dabei verloren sie die Scheu voreinander und die Frauen suchten sich einen Vater für ihr Kind aus. Mein Vater erzählte, dass sie anders als alle Frauen waren, die er bis dahin gekannt hatte. Sie trugen Lederkleidung wie die Männer und bewegten sich frei und ohne Furcht. Da sie keine Männer kannten, waren sie scheu und neugierig zugleich. Am Abend tanzten und sangen sie. Die alten Frauen streuten duftende Kräuter ins Feuer und in den Wein. Danach sei er mit dem Mädchen, das ihn erwählt hatte, in eine Hütte gegangen, wo sie drei Tage blieben. Diese drei Tage, so sagte er, werde er sein Lebtag nicht vergessen.«
    Rosten schwieg. Auch die anderen Männer hielten sich still, aber ihre Augen glänzten im Feuerschein. Rosten holte tief Atem und fuhr fort:
    »Am Morgen des vierten Tages waren die Frauen fort. Die Männer aßen und schliefen den ganzen Tag und die ganze Nacht, dann holten sie ihreGefährten ein. Bevor sie aufbrachen, kamen die alten Frauen noch einmal und sagten ihnen, dass sie alle kleinen Jungen, die geboren würden, nach zwanzig Mondumläufen zur Wagenstation am Rande der Hochwälder bringen würden. Jeder hätte ein Kleidungsstück seines Vaters bei sich, damit sie ihre Söhne erkennen könnten. Wenn ein Kind nicht abgeholt würde, so käme es in eines der Kinderhäuser der Fürstenhöfe oder zu einem kinderlosen Paar, es würde in jedem Fall gut dafür gesorgt. Mein Vater nahm mich zwanzig Mondenläufe später in Empfang und als ich alt genug war, bin ich mit ihm gezogen. Er hat noch oft die Hochwälder durchquert und er hat meine Mutter niemals wieder gesehen. Aber er sagte, er habe sie nie vergessen können. So ist das mit den Waldfrauen. Sprecht nicht schlecht von ihnen und wenn ihr ihnen begegnet, preist euch glücklich!«
    Er stand auf und verschwand zwischen den Wagen. Den anderen Männern war das Spotten vergangen, nach und nach folgten sie ihm in die Dunkelheit.
    Ninian drückte sich in den Schatten des Wagens und hoffte inbrünstig, von niemandem bemerkt zu werden. Allzu deutlich hatte sich das Verlangen der Männer in ihren Gesichtern gespiegelt. Sie waren schon lange unterwegs.
    Zum ersten Mal empfand sie Unbehagen bei dem Gedanken, die einzige Frau unter all diesen Männern zu sein.
    Durch die Dunkelheit tastete sie sich zu Kayes schäbigem, kleinen Wagen zurück. Viel deutlicher als am Tage spürte sie den Duft des jungen Grüns und obwohl die Nacht milde war, zitterte sie. Eine sonderbare Beklommenheit hatte sich ihrer

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