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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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bemächtigt und als sie den Lichtschein hinter der Plane sah, zögerte sie. Kaye war noch wach ...
    Im Wagen war es so eng, dass sie manchmal in der Nacht seinen Atem fühlte. Auch er war ein Mann und sie hatte für diesen Abend genug von Männern und ihren Begierden. Aber die Vorstellung, draußen zu bleiben und im Dunkeln einem der Knechte zu begegnen, bewog sie hineinzuklettern.
    Die kleine Lampe schaukelte sachte, als sie sich durch die Öffnung zwängte. Schatten tanzten über die Wagenplane und Kaye blickte unwillig von seiner Näharbeit hoch. Diesmal flickte er keine zerrissenen Rupfenhosen, sondern setzte mit silbernem Faden winzige Stiche in hauchzartes Gewebe.
    »Wo kommst du denn her?«
    »Von draußen!«
    »Sei so gut und setz dich. Du machst mir Schatten und ich seh schlecht genug bei dieser Funzel«, antwortete er schärfer, als es sonst seine Art war.
    Er nähte weiter und der Anblick der vertrauten, weiblichen Tätigkeit beruhigte Ninian. Schweigend sah sie ihm zu. Er hielt die Näharbeit von sich weg und betrachtete sie wie Lalun, mit gespitztem Mund und halb geschlossenen Augen. Als ihm der Faden aus der Nadel glitt, fluchte er nicht, sondern schnalzte missbilligend. Er klemmte die Zungenspitze in den Mundwinkel und fädelte den glitzernden Faden geschickt ein.
    »Kaye, vermisst du eigentlich Frauen?«, platzte Ninian heraus.
    Er zuckte zusammen und hob anklagend die Nadel. Durch die heftige Bewegung hatte er den Faden verloren.
    »Nun schau, was du gemacht hast, die ganze Mühe umsonst. Was für eine dumme Frage! Natürlich vermiss ich die Frauen. Mit niemandem kann man sich hier unterhalten, keiner hat Ahnung von Kleidern, nicht mal du. Hier gibt's keine Lebensart, kein Feingefühl. Nichts als Schreien und Fluchen.« Er blickte verträumt zur Wagendecke. »Einmal hat mir unsere Herrin die Ehre angetan, mich zu sich zu rufen, als die Schwiegermutter ihres Sohnes einen Besuch bei ihr machte. Die Lady Lindisfarne ist eine der elegantesten Damen Deas. Es war ein Genuss, mit ihr zu reden. Sie wusste Bescheid, sie kannte sich aus mit der neuesten Mode und sie war beeindruckt von meinem Vorschlag, den Rock vorne mit einer Schleife zu raffen, damit man die Diamantschnallen an ihren Schuhen sah. Oh, ja, solche Frauen vermisse ich sehr.«
    Er zog bedauernd die Mundwinkel nach unten, während Ninian ihn mit offenem Mund anstarrte.
    »Kaye, nein, das meine ich nicht. Fehlen dir die Frauen nicht ...«, sie stockte, aber als er sie fragend ansah, fuhr sie fort: »... nicht als Frauen? Als ... als Geliebte, meine ich.«
    »Waas? Nein, nein ganz bestimmt nicht. Vielen Dank für das freundliche Angebot, aber ich habe keinen Bedarf!«
    Er wich bis an die Wagenwand zurück. Ninian wurde dunkelrot.
    »Dummkopf«, fauchte sie, »was ist los mit dir? Du bist gar kein richtiger Mann.«
    Die Worte waren heraus, bevor sie sich zurückhalten konnte. Es passierte ihr allzu leicht bei Kaye, niemand im ganzen Wagenzug achtete seine Gefühle. Im flackernden Schein der Lampe war sein Gesicht starr, die hellen Augen blickten verletzt. Ninian schämte sich ihrer Grobheit. Sie streckte die Hand nach ihm aus.
    »Verzeih mir, Kaye. Ich benehme mich abscheulich. Ich wollte dir nicht zu nahe treten.«
    Er rührte sich nicht. Ohne die versöhnliche Geste zu beachten, sagte er rau: »Weißt du, warum ich meine Heimat verlasse und nach Dea gehe?«
    »Du ... du willst als Schneider dort arbeiten«, antwortete Ninian zögernd.
    »Ja, das ist der Grund, den ich den Leuten sagen kann. Aber es gibt noch einen anderen.«
    Er holte tief Luft. »Du hast gefragt, ob ich Frauen vermisse. Das tue ich nicht, nicht so, wie du es verstehst. Ich vermisse Männer. Seltsam, wo ich doch von ihnen umgeben bin, nicht wahr? Was glaubst du, würde geschehen, wenn ich mich ihnen so nähern würde, wie ich es wollte? Sie würden mich in der Luft zerreißen oder so ähnlich. Sie spüren jetzt schon, dass etwas nicht stimmt mit mir, deshalb machen sie sich über mich lustig oder meiden mich. Und ich? Ich sehe sie mit ihren starken, kräftigen Leibern, ihren schweißglänzenden, nackten Oberkörpern und die Kehle schnürt sich mir zusammen. Ich mag Männer so, wie ich Frauen mögen sollte, schon immer war es so ...«
    Seine Stimme versagte und eine Weile stichelte er abwesend an seiner Stickerei. Ninian wagte nicht zu atmen, sie war froh, dass er sie nicht ansah. Mit der gleichen tonlosen Stimme fuhr er fort.
    »Als ich ein Junge war, musste ich Frauenkleider

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