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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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gepackt, bevor auch nur ein Laut über seine Lippen gekommen war. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast, so nah riss er den Mann zu sich heran. Seine Augen bohrte sich unbarmherzig in die des Dieners, bis dessen Gesichtszüge erschlafften. Als Jermyn ihn frei gab, sammelte er brummend die Kerzen ein, die aus dem Korb gefallen waren und setzte seinen Weg mit glasigem Blick fort, ohne die Eindringlinge länger zu beachten.
    »Was hast du mit ihm gemacht?«, flüsterte Ninian, während sie weiter hinunter schlichen.
    »Ich hab' ihm nur klargemacht, dass er niemanden auf der Treppe gesehen hat. So kann er nichts von uns erzählen. Hätte ich ihn niedergeschlagen, wäre früher oder später jemand über ihn gestolpert und hätte Lärm gemacht. Solange sie nicht merken, dass etwas faul ist, können wir heil hier rauskommen.«
    Er verschwieg, dass diese Hoffnung immer geringer wurde. Schon oft war es eng für ihn gewesen, aber nie hatte soviel auf dem Spiel gestanden. Jetzt hatte er nicht nur seine kostbare, mühsam errungene Beute zu verlieren. In der äußersten Gefahr würde er sie aufgeben, um Ninian zu retten, aber es wäre ein bitteres Opfer.
    Sie hatten den Fuß der Treppe erreicht. Mannshohe Bronzeleuchter erhellten die weitläufige Vorhalle, an deren Ende das herrschaftliche Portal lag. Eine kleine Tür stand darin offen. Nichts rührte sich, das Haus schlief noch. Nur ein wahrhaft reicher Mann konnte es sich leisten, die Kerzen auch des Nachts brennen zu lassen. Die Flammen tanzten, ihr Schein flackerte über die Statuten, die in ihren Nischen die Wände säumten.
    »Komm«, zischte Jermyn, »wir haben Glück. Schnell raus hier!«
    Sie hatten die Halle halb durchquert, als sie so unvermittelt stehen blieben, als hätten ihre Füße sich in dem bunten Flechtband des Marmorbodens verfangen. Von draußen näherten sich Schritte und Stimmen, lange Schatten fielen durch die Türöffnung. Jermyn zerrte Ninian in eine Nische, hinter den Sockel einer spärlich bekleideten Marmornymphe, und zwängte sich neben sie.
    Einer nach dem anderen betraten die Männer die Halle. Bis auf einen waren sie jung, elegant gekleidete Stutzer. Schneeweißes Leinenzeug quoll aus üppig geschlitzten Ärmeln, die bunten Wämse endeten herausfordernd kurz über den modischen, zweifarbigen Beinlingen. Alle trugen lange Dolche und ihre harten Gesichter straften die geckenhafte Aufmachung Lügen. In ihrer Mitte schritt, wie ein Rabe unter Pfauen, ein älterer Mann in schimmerndes Schwarz und Spitzen gekleidet, mit weißem Haar und blassem, vornehmem Gesicht. Während er vorüberging, sah Ninian ein kleines zufriedenes Lächeln auf seinen dünnen Lippen. Sie dachte an die Bilder unter seinem Kopfkissen und schauderte.
    Die Männer verschwanden aus ihrem Gesichtskreis, aber sie hörte, wie sie stehen blieben und der Ehrenwerte Fortunagra einige Worte sagte, die Gelächter bei seinen Gefolgsleuten hervorriefen. Schritte erklangen auf der Treppe, der größere Teil der Männer kam zurück und verschwand durch die Pforte auf den Hof.
    Jermyn hatte sie nicht aus den Augen gelassen, um einen Augenblick zu erwischen, in dem Halle und Hof menschenleer waren.
    »Gleich werden sie das aufgebrochene Schloss entdecken«, murmelte er, »dann ist hier der Teufel los.«
    Ninian antwortete nicht. Sie standen so eng aneinander gedrängt, dass er ihren Atem im Nacken spürte und ihre Brüste an seinem Arm. Es wäre ein erregender Augenblick gewesen, hätte sich nicht gleichzeitig eine scharfe Kante im Schatzbeutel in seine Rippen gebohrt.
    »Das Brautdiadem«, dachte er düster, »jede Wette!«
    Auch die Vorgänge im Hof trieben ihm jede süße Regung aus. Die Männer standen vor der Pforte und schienen es nicht eilig zu haben. Stimmen und Geräusche zeigten, dass der Haushalt allmählich erwachte.
    »Scheiße, wir kommen nicht raus ...«
    Sie blieb merkwürdig ruhig, ihr Atem kam tief und gleichmäßig, schwer und warm lehnte sie sich gegen ihn.
    »Ninian, du schläfst doch nicht?«
    Er schüttelte sie ungläubig und aufseufzend fuhr sie zusammen.
    »W...was, oh, bin ich müde!«
    »Deine Ruhe ist beneidenswert, aber jetzt ist wahrhaftig nicht der Zeitpunkt. Wir müssen unbedingt verschwinden, sie stehen hier früh auf. Wir gehen über den Hof und haun durch das Tor ab.«
    Mit einem Schlag war sie hellwach.
    »Was? Vor allen Leuten?«
    »Ja, ihnen wird nicht auffallen, dass wir hier nichts verloren haben, ich greife in ihre Vorstellungen ein. Sie werden glauben,

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