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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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dass es seine Richtigkeit hat, wenn sie uns hier sehen. Aber es treiben sich schon zu viele da draußen rum und sie sind eine misstrauische Bande, also wird es anstrengend. Es kann sein, dass ich mich so ausweiten muss, dass die Verbindung zu meinem Körper dünn wird. Halt meine Hand so fest wie möglich, damit ich mich dort spüre, es darf wehtun, und führ mich über den Hof, zügig, aber ohne zu rennen. Bleib nicht stehen, hörst du? So schnell es geht durch das Tor und in die nächste dunkle Gasse, wo ich, hoffentlich, zu mir komme. Hast du verstanden, Ninian?«
    »Ja«, hauchte sie, »ich glaube schon. Hoffentlich klappt es.«
    »Es muss. Was anderes bleibt uns nicht übrig.«
    Sie traten aus der Nische, huschten durch die Halle und blieben hinter der großen Tür stehen. Jermyn spähte vorsichtig in den Hof hinaus, ergriff Ninians Hand und atmete tief durch. Zusammen betraten sie den Innenhof, der von vielen Pechfackeln beinahe taghell erleuchtet war. Während sie mit steifen Beinen über den gepflasterten Hof ging, warf Ninian einen Blick in Jermyns Gesicht. Es war blass und ausdruckslos. Er hatte seinen Geist ausgeweitet und neben ihr lief wenig mehr als eine leere Hülle. Sie drückte seine Hand und ging, ohne nach rechts oder links zu schauen, auf das mit Grünspan überzogene Bronzetor zu. Der linke Flügel stand zu ihrer Erleichterung offen.
    Der Weg schien ihr unendlich, das Tor kam nicht näher und sie fühlte die Augen der Hofleute auf sich gerichtet. Der Schweiß trat ihr auf die Stirn, lief an Wangen und Hals herab. Plötzlich erschlaffte Jermyns Hand in ihrem Griff, sein Gang wurde schleppend. Angstvoll sah sie ihn an, sein Gesicht war fahl, er atmete flach. Mit aller Kraft presste sie seine Finger zusammen, grub ihre Nägel in seine Handfläche und zog ihn weiter. Er stöhnte, aber er beschleunigte seine Schritte.
    Hinter ihr ertönten halblaute, erregte Rufe aus der Vorhalle. Sie biss die Zähne zusammen – schau nicht zurück ...
    Die beiden Torwächter hatten ihre Plätze verlassen und kamen näher. Widersprüchliche Empfindungen kämpften in ihren Gesichtern, der eine blieb stehen. Er blinzelte und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Ninian war, als sähe sie durch seine Augen: Zwei graugekleidete Gestalten liefen auf ihn zu, mit tief in die Stirne gezogenen Kapuzen, seltsamen Fußbekleidungen und zwei schweren Beuteln.
    Zweifel und Misstrauen erwachte in seinen Augen. Er öffnete den Mund und schloss ihn. Seine Blicke verschleierten sich, Jermyn hatte seinen Halt verstärkt. Der Wächter nickte ihnen zu und ging vorbei. Die Schritte seiner genagelten Schuhe dröhnten in Ninians Ohren, aber sie entfernten sich.
    Sie wollte aufatmen, als aus der Halle eine sich überschlagende Stimme gellte. »Wache! WACHE!«
    Der Wächter blieb stehen. Ninian spürte seinen Blick im Nacken und es überlief sie kalt, aber noch wirkte die Täuschung. Die Männer ließen sie unbehelligt und folgten dem Ruf ins Haus.
    Nur wenige Schritte und die vermeintlichen Dienstboten verschwanden aus dem Blickfeld in den Schatten des Torbogens.
    »Schließt das Tor! SCHLIEßT DAS VERDAMMTE TOR!«
    Jermyn mit sich her zerrend, rannte Ninian los und der Schrei verhallte in der grauen Dämmerung.

7. Kapitel
    16. Tag des Weidemondes 1464 p. DC,
im Morgengrauen
    Den größten Teil der Nacht hatte Wag in angespannter Wachsamkeit gewartet. Er hatte Jermyns Anweisungen ausgeführt und die ganze Zeit in die Dunkelheit gelauscht. Eingebildete Geräusche hatten ihn ein paar Mal die Leiter hinaufgejagt und er hatte sich dabei kräftig die Schienenbeine aufgeschlagen. Aber nachdem alles ruhig geblieben war, hatte er schließlich einen Stuhl hinter die Küchentür geschoben und dort Posten bezogen. Eine Weile hatte er noch über Jermyns Begleiter gegrübelt und war schließlich darüber eingenickt.
    Lautes, unmelodisches Pfeifen weckte ihn. Er sprang auf und fiel in den Stuhl zurück, sein Fuß kribbelte unerträglich. Fluchend humpelte er zur Tür und lugte vorsichtig durch den Spalt.
    Jermyn stürmte in den Vorraum, riss den Goller vom Kopf und warf ihn in die Luft.
    Der geheimnisvolle Gefährte kam langsam hinterdrein. Während er Jermyns wilde Kapriolen betrachtete, streifte auch er die Kapuze ab. Ein dunkler Zopf kam zum Vorschein und ein herzförmiges Gesicht mit schrägstehenden, hellen Augen und festem Kinn. Wag sperrte Mund und Augen auf. Der geheimnisvolle Komplize war ein Mädchen, ein hübsches dazu und, wenn er sich

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