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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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erzähl dir was von Dea.«
    Er nahm die Flasche und wieder berührten sich ihre Hände. Jermyn trank, es raschelte und sie hörte ihn leise fluchen, als er eine bequemere Stellung suchte. Sie kauerte sich mit dem Rücken gegen die Balustrade und schlang die Arme um die Knie.
    »Die Göttliche ist natürlich sehenswert«, begann er, »es gibt 'ne Menge Paläste mit Wachtürmen und Mauern und Zinnen – was man halt so braucht, um seinen Besitz zu schützen vor Leuten wie, na ja, wie mir. Zwischen den Palästen liegen große Plätze mit Säulen und Brunnen, wo das reiche Pack an den Sommerabenden lustwandelt«, er lachte höhnisch. »Sie hängen Lampen aus buntem Glas auf und mit Duftöl gefüllte Ampeln und die Bänkelsänger und Gaukler tun ihr Bestes, um die Leute zu unterhalten. Es gibt jede Menge Straßenhändler mit Bauchläden, die Süßkram und Räucherwerk und ich weiß nicht was verhökern. Wenn sie nicht zu alt oder zu hässlich sind, werden sie da geduldet, genau wie die Kinder, die Blumen verkaufen. Wenn es dunkler und so richtig voll wird, versorgt einen so ein Abend auf einem großen Platz mit Sore ...«
    »Mit was?«
    »Sore, Kröten – Geld für eine ganze Woche. Wenn man es geschickt anstellt und sich nicht erwischen lässt.«
    Jermyn unterbrach sich, um zu trinken.
    »He, lass' das lieber«, zischte Ava, »sonst kommst du nicht mehr die Treppe runter.«
    »Zerbrich dir nicht meinen Kopf«, erwiderte er großspurig, »willst du jetzt hören oder nicht?«
    »Ja, erzähl weiter«, gegen ihren Willen war sie gefesselt von seinen Worten.
    »Tja, es gibt den Fluss mit vier Brücken, auf einer davon stehen die Häuser der Goldschmiede, eines neben dem anderen, sie werden natürlich gut bewacht, aber für einen richtig guten Kletterer gibt's immer Möglichkeiten hineinzukommen.«
    Jermyn erzählte weiter, von dem Palast des Patriarchen, in dem Münzen geprägt und die Amtsgeschäfte erledigt wurden, von prächtigen Festen der Reichen in den großen Gärten, bei denen die Armen als Zuschauer dabei sein durften, von Märkten und Prozessionen, von wilden Rennen und Reiterspielen, die durch die ganze Stadt tobten, von geschickten Handwerkern und gerissenen Händlern. Bei all diesen Schilderungen versäumte er nie, beinahe prahlerisch darauf hinzuweisen, an welchem Ort, auf welcher Feier er günstige Gelegenheiten gefunden hatte, um sich am Hab und Gut der anderen zu bereichern. Er sprach mit Eifer, oft schwangen Hohn und Spott in seiner Stimme und doch schien es Ava, als vermisse er sein altes Leben.
    Sie lauschte gebannt. Donovan hatte während seines Besuchs von Dea erzählt, ebenso wie ihr Vater, den seine Wanderjahre in die große, alte Stadt am Meer geführt hatten. Keiner dieser Berichte hatte jedoch in ihr den Wunsch geweckt, die von Menschen wimmelnden Straßen und Plätze zu sehen. Doch Jermyns Sehnsucht steckte sie an. Sie sah sich mit ihm zusammen durch die Gassen streifen und die Wunder bestaunen, von denen er sprach. Das Gefühl erschreckte sie und als er die Flasche ansetzte, sagte sie hastig:
    »Du könntest ein Stadtführer für Diebe sein, so wie du redest. Stehlen war wohl am einfachsten, was? Wieso hast du nicht gearbeitet?«
    Jermyn schwieg so lange, dass sie schon glaubte, sie habe ihn beleidigt.
    »Ninian, gibt es bei euch arme Stadtleute?«, fragte er endlich, beinahe sanft, »Elendsviertel, wo Menschen auf der Straße leben und sterben?«
    »Nein«, erwiderte sie zögernd »es gibt keine großen Städte in Tillholde und arme Leute – mein Vater hat dafür gesorgt, dass niemand verhungern und erfrieren muss.«
    »Dann sind eure Armen zu beneiden. Ich hab von den Stadtteilen der Reichen gesprochen, aber es gibt auch andere Viertel. Der Dreck rinnt durch die Straßen und die Häuser stehen so dicht, dass man den Himmel nicht sieht. Sie sind verkommen, manchmal fallen ganze Mauerstücke auf die armen Teufel in der Gasse, Tag und Nacht. Kannst dir vielleicht vorstellen, was die Brocken anrichten. Glaubst du, das kümmert ein Schwein? Die Besitzer der Häuser, die durch die Mieten fett werden, bestimmt nicht. Wer dort landet, hat keine Hoffnung mehr. Man säuft«, es gluckerte als er die Flasche bekräftigend schüttelte, »um das Elend zu ertragen. Trotzdem wollen sie alle leben, sie essen, trinken, huren rum. Was glaubst du, wie es den Kindern geht, die dort geboren werden ... Fürstentochter?«
    Der Hohn war in seine Stimme zurückgekehrt und Ava antwortete nicht.
    »Das erste, an das ich

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