AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
Speisen und Getränke in großer Menge gestiftet.
Freilich lief um den inneren Bereich eine Absperrung, die das einfache Volk nicht durchbrechen durfte. Aber es war nicht mehr als ein seidenes Band, an grünen Zweigen befestigt, so dass man die schöne, reichgekleidete Gesellschaft der vornehmen Gäste betrachten konnte.
Junge Damen bewegten sich in ihren kostbaren Roben wie bunte Vögel unter den dunklen Bäumen, ihr Geschmeide blitzte prahlerisch. Röcke aus Damast und Seide schleppten in schweren Falten über den kurzgeschorenen Grasteppich, aber die viereckigen Ausschnitte entblößten verführerisch weiße Nacken und hochgewölbte Brüste. Ninian rümpfte die Nase.
»Ein junges Mädchen soll zeigen, was es hat!« Laluns Worte kamen ihr in den Sinn und wie immer verstimmte sie die Erinnerung an Tillholde.
»Wie kann man sich so zur Schau stellen?«
»Was hast du dagegen? Ist doch gut, dass sich nicht alle Mädels beim Trödler um die Ecke einkleiden«, scherzte Jermyn, seine Blicke hingen wie die der anderen Männer an den herausgeputzten Damen.
Betroffen sah sie an sich herab. Sie fühlte sich wohl in den Beinlingen und der ärmellosen Tunika über dem leichten Hemd. Bisher hatte er nie eine Bemerkung darüber gemacht, dass ihm ihr Aufzug vielleicht nicht gefiel und die Vorstellung vergrätzte sie noch mehr. Aufgebracht drängte sie sich durch die Reihen der Gaffer. Nach einer Weile hatte er sie eingeholt. »He, was ist? Warum bist du plötzlich verschwunden?«
»Ach, konntest du dich losreißen?«, fragte sie schnippisch. »Ich kann mich wenigstens in meinen Sachen bewegen, ohne von einem Haufen Einfaltspinsel angeglotzt zu werden.«
Jermyn lachte und sie hörte selbst, wie neidvoll ihr Worte klangen. In mürrischem Schweigen lief sie neben ihm her, der schöne Garten war ihr für den Moment verleidet.
Plötzlich berührte er ihren Arm.
»Schau, da ist der heldenhafte Artos und Sabeena Castlerea.«
Er wies mit dem Kinn auf einen rosenfarbenen Baldachin jenseits der Absperrung. Der junge Kaufmann, in Brokat und Samt prächtig anzusehen, beugte sich über ein blondes Fräulein und redete wichtig auf sie ein.
Er hatte Wort gehalten. Vier Tage nachdem er den Brautschatz im Patriarchenpalast mit bewegenden Worten, großen Gesten und bedeutender Miene seinem zukünftigen Schwiegervater zu Füßen gelegt hatte, war ein weiterer Ochsenkarren mit einer Ladung Gold durch das Ruinenfeld gerumpelt.
Seine Braut schenkte dem großen Helden wenig Beachtung. Teilnahmslos starrte sie auf ihre im Schoß gefalteten Hände, an denen die Knöchel weiß hervortraten. Sie war reich, aber züchtig in himmelblauen Atlas gekleidet, eine zarte Spitzenhaube bedeckte den blonden Scheitel. Artos blickte umher und grüßte würdevoll nach allen Seiten, aber Sabeena hob weder den Kopf noch gab sie ihm Antwort.
Ninian empfand plötzlich Verachtung für die farblose junge Frau, die sich so widerstandslos in ihr Schicksal ergab.
»Warum lassen sie sich auf solch eine Ehe ein? Dieser aufgeblasene Wichtigtuer mit seinem Gehabe muss ihr ein Gräuel sein. Und er findet bestimmt keinen Gefallen an so einem faden Geschöpf.«
Jermyn antwortete nicht und als sie ihn ansah, fand sie seinen Blick mit ungewohntem Mitleid auf Sabeena gerichtet.
»Lass uns gehen, ich hab genug«, sagte sie, gründlich verärgert, und er erhob keine Einwände.
Sie strebten dem Ausgang zu, vorbei an einer Gruppe von Edelfräulein, die hinter der Absperrung Federball spielten. Mit gerafften Röcken liefen sie über den Rasen und stießen sich mit der flachen Hand einen gefiederten Ball zu, wenn sie ihn verfehlten, lachten sie hell auf. Plötzlich schoss der Ball, von einer eifrigen Hand getrieben, in hohem Bogen über das Band. Jermyn fing ihn auf.
Das Spiel geriet ins Stocken, die Fräulein blickten kichernd zu ihm hinüber und ein Page wollte sich in Trab setzen, um den Ball zu holen, als eine der jungen Damen ihn mit einem herrischen Wort zurückhielt.
Den Rock ein wenig angehoben, kam sie mit wiegenden Schritten über den Rasen, das Becken vorgeschoben, wie es die Mode verlangte. Ninian beachtete sie nicht, Jermyn dagegen musterte sie abschätzend. Ihr schien zu gefallen, was sie sah, denn süß lächelnd, mit langsamem Augenaufschlag lispelte sie:
»Du hast unseren Ball. Gibst du ihn mir?«
Jermyn warf den Ball hoch und fing ihn wieder auf. Dabei ließ er den Blick über das Fräulein gleiten, unnötig gründlich, wie Ninian fand. Sie hätte dem
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