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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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einiges an Diebesgut angesammelt hatte. Aus einer zogen sie die braune Börse hervor und warfen sie dem Bestohlenen zu.
    »Da, zähl' nach! Und du kommst mit!«
    Der Dieb war aschfahl geworden und begann zu wimmern. Die Wächter stießen ihn vor sich her und der Bärtige hob die Hände an den Mund.
    »Merkt's euch, ihr Langfinger«, brüllte er so laut, dass die Umstehenden zusammenzuckten, »wir kriegen euch, un schwups seid ihr um eine Hand ärmer. In sieben Tagen von heute is Richttag auf dem Schindanger.« Sie zerrten den Schlotternden mit sich fort und die Menge beruhigte sich.
    Der Vorfall bedrückte Ninian, der Dieb tat ihr wider Willen leid. Aber Jermyn hatte den Vorfall nur mit dem kritischen Interesse des Kundigen verfolgt und als die Wächter die Börse und die andere Diebesbeute fanden, murmelte er verächtlich:
    »Was für ein Dummkopf, er ist zu schlecht, um als Einzelgänger zu arbeiten.«
    Das Schicksal des Mannes schien ihn nicht abzuschrecken. Er nickte Ninian zu und stürzte sich in die Menge.
    Voll böser Ahnungen folgte sie ihm, aber von allen Seiten schoben sich Menschen zwischen sie, sie verlor Jermyn einen Moment aus den Augen und als sie ihn wieder erblickte, stand er dicht neben einem beleibten Mann mit feistem, von Schweiß glänzendem Gesicht. Er trug ein Festgewand aus grünem, pelzverbrämtem Samt, zu warm für den Tag. Eine Frau redete auf ihn ein, ebenso üppig und unpassend gekleidet wie er, der reich verzierte Fächer, mit dem sie aufgeregt wedelte, hätte eher in einen Ballsaal gepasst. Ninian hoffte, dass der Mann zu behäbig war, um etwas zu merken, aber sie hoffte vergebens.
    Jermyn schien zu straucheln, Halt suchend klammerte er sich an den Feisten und brachte ihn beinahe zu Fall. Sie richteten sich beide auf, der Mann prustete und beklopfte mit wildem Blick seinen Rock. Dann reckte er sich wie ein Gockel auf seinem Misthaufen und brüllte aus Leibeskräften:
    »M...meine Börse, meine Börse ... helft, haltet den Dieb!«
    Seine Frau fiel mit schrillem Diskant ein und aufs Neue brach ein Tumult aus. Als Ninian zu dem Menschenknäuel vorgedrungen war, hing bereits eine ganze Traube von Hilfsbereiten an Jermyn, während der Dicke anklagend mit dem Finger auf ihn zeigte.
    Voller Angst und wütend über seinen Starrsinn, hob Ninian die Hände, um ihm beizustehen, als sie erkannte, dass er Beistand weder zu erwarten noch zu benötigen schien. Ungerührt stand er inmitten des Aufruhrs, beinahe gelangweilt, als ginge ihn das Ganze nichts an. Wieder kämpften sich der bärtige Wächter und sein kleinerer Gefährte heran. Ihre Augen glänzten und es war nicht schwer zu erraten, was sie dachten: Bei der Menge an törichten Langfingern winkte ihnen ein schönes Kopfgeld!
    Auf ein Zeichen ließen die Leute Jermyn zögernd los und wichen zurück. Er zeigte keine Furcht, sondern zupfte ruhig das Hemd zurecht, das sie ihm von den Schultern gezerrt hatten. Er schien keine größere Sorge zu haben, als dass es Schaden genommen hatte.
    Ninian ließ die Hände sinken. Er hatte nicht planlos gehandelt und sie beschloss abzuwarten, wie die Dinge sich entwickelten.
    »Was plärrst du?«, schnauzte der kleinere Wächter, während sein Gefährte Jermyn am Arm packte.
    »Er hat mich bestohlen«, der Mann rang nach Atem, »er hat mich angerempelt und beinahe umgeschmissen und als ich mich gefangen hatte, fasste ich gleich nach meiner Börse hier, denn man weiß ja, wie diese sauberen Burschen arbeiten«, er warf Jermyn einen bösen Blick zu, »und nun ist sie weg. Nur er kann es gewesen sein.«
    »Ja, schaut ihn an«, keifte die Frau aufgebracht, »er hat ein richtiges Gaunergesicht. Lasst ihn nicht entwischen. Durchsucht ihn!«
    »Haltet den Mund«, herrschte der Bärtige sie an, »wir wissen schon, was wir zu tun haben.«
    Er wandte sich Jermyn zu, aber etwas in dessen gelassener Haltung hinderte ihn, allzu grobe Worte zu gebrauchen.
    »Was habt Ihr dazu zu sagen?«
    Jermyn hob bedauernd die Hände.
    »Ich fürchte, ich kann Euch nicht sagen, was in diesen guten Mann gefahren ist. Es stimmt, dass ich ins Straucheln kam – etwas ist mir in diesem Gedränge zwischen die Füße geraten – und es mag sein, dass ich in dem Bemühen, mein Gleichgewicht zu finden, diesen«, er machte eine winzige Pause und maß die ganze massige Gestalt seines Widersachers von oben bis unten, »diesen Herrn berührt habe, da er mir im Wege stand. Das war alles und warum er ein solches Geschrei erhebt, ahne ich

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