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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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nicht.«
    Nach dieser Rede ging ein beeindrucktes Raunen durch die Menge, Ninian aber wollte ihren Ohren nicht trauen.
    Jermyn war in der Gosse groß geworden, unter Tagedieben und Verbrechern, aber er hatte schleppend gesprochen, in gewählten Worten, die nur einen Hauch von Ärger verrieten. Ein junger Herr aus vornehmer Familie, mit Miene und Haltung der reichen, gelangweilten Müßiggänger. Er hatte sie genau beobachtet bei den endlosen Partien des Himmelsspiels, die er mit ihnen auf den großen Plätzen gespielt hatte.
    Die Wächter zögerten, der dicke Mann aber, in Angst um seine Barschaft, ließ sich nicht so leicht einschüchtern. Er fuhr auf Jermyn los und stieß mit einem fleischigen Finger nach ihm.
    »Aber meine Börse ist weg! Wie erklärt Ihr das? Ich weiß genau, dass ich sie in diese Tasche gesteckt habe, als ich heute morgen das Haus verließ und gerade bevor er mich anstieß, war sie noch da. Als Ihr eben den anderen Halunken abführtet, fühlte ich zur Sicherheit noch mal nach ihr und da war sie noch da.«
    Der Atem ging ihm aus, er schnappte nach Luft und die Frau hetzte an seiner Stelle weiter.
    »Auch wenn er so vornehm daherredet, kann er ein Dieb sein. Ich sage, durchsucht ihn und Ihr werdet die Börse schon finden. Ich habe sie selbst genäht und bestickt, grüner Seidentaft mit Gold- und Silberfäden, es war seine Feiertagsbörse. Na los, macht schon, durchsucht ihn!«
    Vor zornigem Eifer hatte sie Schaumbläschen in den Mundwinkeln. Dem Wächter passte es sichtlich nicht, von einer Bürgersfrau Befehle entgegen zu nehmen. Er runzelte finster die Stirn, aber zu Jermyn sprach er beinahe höflich.
    »Nehmt die Schärpe ab, wenn's beliebt. Ich sehe nicht, wo Ihr sonst etwas verbergen könntet.«
    Jermyn seufzte, aber er begann gemächlich, den bunten Schal abzuwickeln. Der Wächter fragte den dicken Bürger unfreundlich:
    »Was hattet Ihr in Eurer Börse?«
    Die Dicke wischte sich den Schweiß mit einem seidenen Tuche vom Gesicht.
    »Sieben Kupfermünzen, neun Silberstücke und ... zwei Goldstücke«, antwortete er wichtig. »Ich wollte nachher eine kleine Wette wagen.«
    Er warf seiner Frau einen schuldbewussten Blick zu. Sie schürzte die Lippen und es konnte keinen Zweifel geben, dass sie sein Vorhaben missbilligte.
    »Und eine geweihte Medaille aus dem Tempel des Mammon«, fügte er schnell hinzu. Der Wächter tat es mit einem Schulterzucken ab. Alle trugen diesen Talisman bei sich, um die Börsen prall und voll zu halten.
    Jermyn hatte unterdessen die Schärpe abgenommen und sie nachlässig um den Hals geschlungen. Die Börse, die dabei zum Vorschein gekommen war, hatte der zweite Wächter an sich genommen.
    »Gehört sie Euch?«, fragte er streng.
    »Gewiss, und meinem Vater vor mir. Ein rechtes Familienstück. Ich weiß, sie ist schäbig, aber ich mochte mich nicht von ihr trennen.«
    Der Wächter hob die Börse hoch, sie war aus dunkelbraunem Leder gefertigt und mit einer reichen, aber abgegriffenen Goldprägung verziert. Ninian hatte sie noch nie gesehen. Ohne Zweifel war es nicht die Börse des dicken Mannes, aber so schnell gab seine Frau nicht auf.
    »Wer sagt uns denn, dass er diesen Beutel nicht auch gestohlen hat?«, rief sie schrill und der Wächter rollte die Augen. Doch Duquesne hatte sehr eindeutige Befehle erteilt, jedem Verdacht nachzugehen, und die Schaulustigen, die sich gerne die Wartezeit mit diesem Schauspiel vertrieben, wiederholten die Frage johlend.
    »Ja, wer sagt Euch das, Freund Wächter?«
    Auch der Wächter geriet jetzt ins Schwitzen.
    »Wenn es Eure Börse ist, könnt Ihr uns sicher sagen, was drin ist, junger Herr«, meinte er zähneknirschend.
    »Ah«, dachte Ninian belustigt, »jetzt ist er schon der ,junge Herr'.«
    Jermyn zuckte ergeben mit den Schultern.
    »Wie Ihr wollt. Wie viele Silbermünzen in der Börse sind, weiß ich allerdings nicht, und mit Kupferlingen schleppe ich mich nicht ab. Ich pflege mein Geld nicht jeden Tag zu zählen.«
    Der ätzende Spott trieb rote Flecken auf die feisten Wangen des braven Bürgers.
    »Zehn, nein, zwölf Goldstücke, da ich mich nachher auch ein wenig beim Himmelsspiel versuchen wollte«, mit einer übertriebenen Verbeugung in die Richtung des Dicken. »In welchem Jahr sie geprägt wurden, kann ich nicht sagen, im allgemeinen muss ich keine Rechenschaft über meine Barschaft ablegen. Und schließlich, wenn Ihr es denn wissen müsst, zwei kleine Anstecknadeln, Andenken an ..., aber das geht Euch nichts an. Ich

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