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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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denke, das sollte genügen.«
    Er nickte herablassend, der Wächter öffnete die Börse und prüfte den Inhalt. Er zählte seinem Kameraden die zwölf Goldmünzen in die Hand und holte die Anstecknadeln hervor. Es waren kleine verschlungene Gebilde, Liebesknoten genannt, aus Gold und blutrotem Schmelz gearbeitet. Reiche Damen schenkten solche verspielten, kostbaren Kleinigkeiten ihren jungen Liebhabern und aus der Menge ertönten anzügliche Pfiffe.
    Der Wächter ließ alles in den Beutel zurückgleiten und gab ihn zurück. Jermyn nahm die Börse gnädig entgegen und der Wächter musterte ihn prüfend. Es war ihm anzusehen, was er dachte.
    Wie Jermyn dort stand, in seinem blütenweißen Hemd, das bunte Tuch um den Hals geschlungen, mit dem unerschütterlichem Hochmut des Hochgeborenen, konnte er nur aus reichem Haus stammen. Ein vornehmer Junker, der zwölf Goldstücke mit sich herumtrug, einen massiven goldenen Ring im Ohr trug und sich keine Gedanken darüber machte, wie viel Silbergeld in seiner Börse war – warum sollte der einen fetten Bürger bestehlen?
    »Ich glaube, Ihr habt Euch geirrt, guter Mann«, begann der Wächter auf den Dicken einzureden.
    Der Mann wischte sich den Schweiß von der Stirn, er hatte merklich von seiner Haltung eingebüßt. Seine Gattin war aus härterem Holz geschnitzt. Wie ein Rattenbeißer, der seine Beute nicht mehr loslässt, wenn er sie einmal gepackt hat, fuhr sie auf Jermyn los.
    »Und ich sage es Euch in Euer freches Gesicht: Ihr seid ein Dieb, mein feiner junger Herr. Die Börse meines Mannes ist verschwunden und man sollte Euch durchsuchen von oben bis unten. Bis auf die Haut ...«
    Sie machte einen zornigen Schritt auf ihn zu. Jermyn wich nicht zurück, die schwarzen Augen glitzerten.
    »Bis auf die Haut?«, fragte er sanft. »Ihr scheint ja ganz versessen darauf. Wollt Ihr es vielleicht selbst machen? Gleich hier, vor allen Leuten? Ich habe gehört, Frauen in Eurem Alter haben seltsame Gelüste.«
    Ohne Hast streifte er sein Hemd ab und begann an den Bändern seiner Hose zu nesteln.
    Die Frau starrte ihn blöde an. Als sie begriff, dass er Anstalten machte, sich vor ihren Augen zu entkleiden, trat sie hastig einige Schritte zurück. Die Röte schoss ihr ins Gesicht und sie verbarg es entrüstet hinter ihrem Fächer. Die Zuschauer pfiffen und johlten vor Begeisterung und der Lärm brachte die Wächter, die mit offenen Mund zugesehen hatten, zur Besinnung. Der Bärtige trat zwischen Jermyn und seine Gegnerin.
    »Lasst es gut sein, junger Herr«, meinte er begütigend, »niemand beschuldigt Euch des Diebstahls. Bedeckt Euch.«
    Jermyn zuckte die Schultern, knotete seelenruhig die Hose zu und richtete sein Hemd. Der Dicke sah hilfesuchend in die Runde.
    »Aber meine Börse, mein Geld?«
    »Vielleicht habt Ihr sie zu Hause liegengelassen«, meinte Jermyn beiläufig, während er die Schärpe umband, »oder doch in eine andere Tasche gesteckt, guter Mann.«
    Der andere schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, ich weiß genau, dass ich sie in meine Brusttasche und nicht in die ...« Er hielt inne, fuhr mit der Hand in die Rocktasche und zog mit aschfahlem Gesicht einen grün glitzernden Beutel hervor.
    Die Umstehenden brachen in lauten Jubel aus. Die einen verspotteten den Dicken, die anderen empfahlen den Wächtern, nächstens auch die Opfer zu durchsuchen. Der Mann achtete nicht auf ihr Geschrei, sondern zählte mit zitternden Fingern sein Geld. Die Wächter aber runzelten grimmig die Stirn, sie fühlten sich zum Gespött gemacht.
    »Macht, dass Ihr weiterkommt«, raunzte der Bärtige, »sonst nehmen wir Euch wegen Störung der Ordnung mit. Passt besser auf Eure Habseligkeiten auf und überlegt Euch zweimal, wen Ihr beschuldigt.«
    Verlegen wandten sie sich an Jermyn.
    »Vergebt uns, junger Herr, Ihr wisst, wir haben strenge Anweisungen, jeden Diebstahl zu verfolgen. Nehmt es uns nicht übel.«
    »Ja, ja, schon gut. Der gute Duquesne kann stolz auf seine Leute sein«, winkte er gelangweilt ab, als seien ihm ihre Entschuldigungen lästig. Die Wächter zogen den Kopf ein.
    »Ihr ... Ihr kennt den Hauptmann?«, brachte der eine hervor.
    »Gewiss«, Jermyn lächelte herablassend, »ich habe schon manchen Schwatz mit ihm gehalten – ein fähiger Mann, aber schwierig«, seine Stimme wurde beißend, »also wagt es nicht, mich noch mal zu belästigen, sonst sehen wir uns vor Eurem Herrn.«
    Die Wächtern wurden blass, aber Ninian musste sich auf die Lippen beißen, um nicht laut

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