AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
Schlag waren Zorn und Eifersucht da, als sei es gestern gewesen.
Donovan hatte sich verändert; die Reise hatte ihn männlicher gemacht und ihm festeres Auftreten gegeben, die modische Kleidung stand ihm so gut, dass die Edelfräulein mit glänzenden Augen zu ihm aufsahen. Er war nicht mehr der unsichere Tölpel, den man mit einem Blick oder Wort aus der Fassung bringen konnte. Formvollendet begrüßte er die Gäste, beugte sich elegant über die Hände der Damen, wie er sich im Haus der Weisen über Ninians Hand gebeugt hatte.
Ein überwältigender Drang ihn bloßzustellen, packte Jermyn. Ihn vor aller Augen der Lächerlichkeit preiszugeben und diese neuerworbene Sicherheit gründlich zu erschüttern. Es wäre so einfach, die Füße in den modischen Schnabelschuhen straucheln zu lassen oder ihm einen lächerlichen Tic aufzuzwingen. So einfach ... und der sicherste Weg, Ninian – mit ihrer ärgerlichen Neigung, die vermeintlich Schwachen in Schutz zu nehmen – gegen sich aufzubringen.
Jermyn zwang sich, die Augen von Donovan abzuwenden. Sie war zu ihm gekommen, aber nichts war zwischen ihnen geklärt und wenn sie ihm nur freundschaftlich zugetan war, so musste er den anderen mehr denn je fürchten. Das Glücksgefühl, das er eben noch empfunden hatte, erlosch. Beklommen wartete er, wie sie Donovans Erscheinen aufnehmen würde.
Doch Ninian sah nicht zur Treppe, sie hatte sich ihrem Nachbarn zugewandt, der eifrig auf sie einredete.
»Ihr habt sie ja gesehen, Fräulein«, sagte er gerade, »ein Gesicht, dass die Milch sauer werden könnte. Ich wette, Sabeena hatte nicht viel zu lachen unter ihrer Fuchtel, und jetzt muss sie auch noch diesen aufgeblasenen Kerl heiraten. Arme Kleine! Aber seht, da kommt er, der edle Bräutigam.«
Artos Sasskatchevan ritt den edlen Rappen, der ihn auch bei seinen Ausritten mit Ninian getragen hatte. Das große Tier tänzelte unruhig, verstört durch den Lärm, aber sein Reiter bändigte es mit einer Hand, während er mit der anderen leutselig in die Menge winkte. Das prunkvolle Wams aus Goldbrokat und die engen, schwarzgolden geflammten Beinlinge mochten ein wenig zu modisch für den strengen Geschmack der Castlerea sein, aber er trug sie mit lässiger Eleganz und das prachtliebende Volk von Dea klatschte beifällig. Das schwarze Haar war geölt und gekräuselt, der sorgfältig gestutzte Bart machte die feisten Wangen schmaler und verdeckte das schwächliche Kinn.
In würdig verwegener Haltung nahm er die Huldigung der Massen entgegen, die gekommen waren, um seiner Vermählung beizuwohnen.
In den vergangenen Wochen hatte sich Artos Sasskatchevan in die Rolle des kühnen Retters hineingelebt und mittlerweile glaubte er selbst, dass ihm allein das Verdienst am Gelingen dieser Hochzeit zukam.
Mit erstaunlicher geistiger Beweglichkeit hatte er die Demütigungen in dem verfallenen Palast vergessen und nur die Erinnerung an den Triumph gehätschelt, als er den Brautschatz vor dem Patriarchen, seinem Vater und Schwiegervater ausgebreitet hatte. Besonders gern dachte er an das ungläubige Gesicht des alten Sasskatch, die fassungslosen Blicke, mit denen er seinen Sohn und Erben gemustert hatte. Auf Fragen hatte er nur mit dunklen Andeutungen geantwortet und sie allmählich so ausgeschmückt, dass seine Freunde den Eindruck hatten, er habe den Brautschatz allein durch kluge Beharrlichkeit gefunden und mit Mut und Geschick zurückgeholt. Zu seiner heimlichen Erleichterung hatte Duquesne, dessen Zweifel er vor allem anderen fürchtete, kein Wort gesagt und keine Fragen gestellt.
Auch in die Heirat hatte Artos sich geschickt und nach einer Weile sogar Gefallen an der Vorstellung gefunden. Er rückte in den Kreis der Männer auf, die die Geschicke der Stadt bestimmten; mächtige Herren, die vorher nur einen törichten jungen Mann mit zu viel Geld in ihm gesehen hatten, beachteten ihn und fragten nach seiner Meinung. Die Stellung besaß den Reiz des Neuen und schmeichelte seiner Eitelkeit, so dass er sich aller Annehmlichkeiten und Ausschweifungen seines früheren Lebens enthalten hatte. Pflichtschuldig besuchte er Schwiegereltern und Braut, ließ sich mit ihnen an öffentlichen Plätzen sehen und machte Sabeena würdevoll den Hof. Es störte ihn nicht, dass sie ihm niemals in die Augen sah, mit kaum hörbarer Stimme antwortete und oft gar nicht zu begreifen schien, was er sagte. Im Gegenteil – erwies sie sich als halb schwachsinnig, würde es ihm umso leichter fallen, in der Ehe seine
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