AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
helfen. Er hatte die Aufgabe übernommen, sie zu ihrer alten und neuen Familie zu führen, da sie keinen Bruder hatte, der ihr diesen Liebesdienst erwies, wie es Brauch war.
Den Brautschatz übergab sie mit fester Hand Duquesne, vor dem sie immer gezittert hatte, und stieg hocherhobenen Hauptes an Donovans Hand die Treppe empor zu ihrem Bräutigam, dem sie zum ersten Mal gerade in die Augen sah.
Zwischen Vater und Bräutigam schritt sie unter dem aufbrausenden Jubel der Menge in den Palast und die Hochzeitsfeierlichkeiten nahmen ihren Lauf.
Schweigend sahen Jermyn und Ninian zu, wie die Träger vor der Treppe umschwenkten und Duquesne die Kassette in Empfang nahm. Jermyn hielt den Atem an, jetzt musste Ninian Donovan bemerken ...
Mit einem Schlag wich das angenehm überlegene Gefühl des Wohltäters der Angst davor, wie sie es aufnehmen würde. Aber sie stieß ihn nur an und sagte leise: »Schau, Donovan, er ist wieder in der Stadt.«
»Ja«, antwortete er einsilbig und da schwieg sie, bis die großen Tore sich hinter der Hochzeitsgesellschaft geschlossen hatten.
Sie warteten nicht, bis sich die Menge verlief, sondern bahnten sich einen Weg zu einer leeren Seitengasse. Die Sonne hatte den Mittagspunkt überschritten und brannte so heiß vom Himmel, dass sie dankbar in den Schatten der Häuser traten. Das Brausen der Stimmen versank hinter ihnen wie das Summen eines großen Bienenschwarms, der über die Köpfe hinwegstrich.
Jermyn gähnte. »Lass uns zum Schwarzen Hahn laufen, ich schlaf im Gehen ein.«
»Oh ja, eine Bilha wäre jetzt recht.«
Seit er dem schwarzen Getränk und sie dem Rauch der Wasserpfeife verfallen war, hatten sie oft die Fremdenkneipe aufgesucht, da sie dort beides bekamen und an den langen warmen Abenden auf dem Dach sitzen konnten.
Ninian liebte das Geräusch des siedenden Wassers und den herben, aromatischen Duft des Krauts. Vitalonga hatte ihr erklärt, welche Mischungen den Geist nicht berauschten, sondern schärften. Bei ihrem ersten Besuch waren ihr missbilligende Blicke gefolgt und der Wirt hatte streng den Kopf geschüttelt, als sie nach der Bilha verlangt hatte. Nach einem stummen Blickwechsel mit Jermyn hatte er jedoch nachgegeben. In den Südreichen trat der Beherrschende Wille häufiger auf, so dass er nicht auf seiner Weigerung bestand.
Nach und nach hatte man sich im »Schwarzen Hahn« an die junge Frau gewöhnt, die mit gekreuzten Beinen auf einem Polster saß und ebenso würdevoll an ihrer Bilha zog, wie der dunkelhäutige Kaufmann neben ihr.
Sie schlugen den Weg zum Fremdenviertel ein, jeder in seine Gedanken vertieft.
»Ist es nicht seltsam, dass alle Leute Mitleid mit Sabeena haben?«, brach Ninian endlich das Schweigen. »Den Bademädchen am Brunnen tat sie leid, der Mann neben mir ist geradezu zerflossen und sogar du hast sie angesehen, als ob dir gleich das Herz brechen würde.«
Es klang sehr vorwurfsvoll.
»Das stimmt nicht«, wehrte er sich, obwohl ihn ihr Ärger freute, »aber ja, sie tut mir leid. Hast du ihre Mutter gesehen? Steif wie ein Stock und hochmütig wie der Teufel selbst. Und jetzt muss sie diesen Artos heiraten, ob sie will oder nicht.« Er erzählte nichts von dem, was Sabeena ertragen hatte, es würde ihr Ninian nicht gewogener machen.
»Was heißt, ob sie will oder nicht? Sie könnte sich weigern. Man wird sie nicht an den Haaren zum Altar schleifen.«
Jermyn zuckte die Schultern und stieg über die ausgestreckten Beine eines Betrunkenen, der an eine Hauswand gelehnt einen frühen Rausch ausschlief.
»Da gibt's sicher andere Möglichkeiten. Ich kann mir denken, dass ihre Mutter weiß, wie man einem das Leben zur Hölle machen kann.«
Er warf ihr einen lauernden Blick zu.
»Was hättest du gemacht, wenn sie dich gezwungen hätten, einen ungeliebten Mann zu heiraten?«
Ninian antwortete nicht sofort. Die Vorstellung, ihre Eltern könnten sie zu etwas zwingen, war zu abwegig. Schließlich sagte sie langsam:
»Ich wäre weggelaufen, wie ich es getan habe.«
»Ja, aber Sabeena hat nicht deine Fähigkeiten. Wärst du auch gegangen, wenn du nicht Erde, Wind und Wetter beherrschen könntest?«
Sie dachte an den Überdruss und die unerträgliche Unruhe, die sie am Hof ihrer Eltern erfüllt hatte.
»Doch«, erwiderte sie fast trotzig, »ich wäre gegangen. Irgendwie kommt man immer weiter.«
»So? Was hättest du denn angefangen, wenn du mich nicht gefunden hättest? Wärst du zu deinen Eltern zurückgegangen?«
»Nachdem ich
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