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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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tiefblauen Himmel. Als aus der Ferne ein tiefer, dröhnender Schlag heranrollte, gefolgt von einem zweiten und dritten, richtete er sich auf den Ellenbogen auf.
    »Sie haben mit der Anrufung der Götter angefangen.«
    Er drehte sich zu Ninian um.
    »Ich habe keine Lust, mich jetzt zum Tempel durchzuschlagen. Es ist viel zu heiß, lass uns hier bleiben.«
    Sie nickte. Er hatte recht, nur im Schatten war es erträglich und es grauste sie, wenn sie an die verschwitzten Leiber und ihre Ausdünstungen dachte. Heute würde die Menge nicht mehr nüchtern und friedlich sein und es gab auch nichts zu sehen – die Anrufung der Götter fand hinter verschlossenen Toren statt.
    Eine Weile lauschten sie in schläfrigem Schweigen den dunklen Trommelschlägen. In der Nähe des Tempels mussten die tiefen, dumpfen Töne unerträglich sein, selbst in dieser Entfernung spürten sie die Schwingungen.
    »Wir könnten ein bisschen klettern«, schlug Jermyn träge vor.
    »Och nee, nicht bei dieser Hitze. Ich mag mich nicht rühren.«
    Zwischen den Trümmern des Vorderbaus hatte sich in den langen Jahre allerlei Gewächs angesiedelt, wuchs und gedieh unverdrossen. Einige Büsche waren mehr als mannshoch, sie trugen dunkles, hartes Laub, die rosafarbenen Blütenbüschel verströmten betäubenden Duft und lockten Scharen von Insekten an, deren geschäftiges Summen die Stille zwischen den Trommelschlägen füllte.
    Sie fielen in sanftes Dösen, aber die Trommeln ließen sie immer wieder hochschrecken und Jermyn rappelte sich endlich auf.
    »Jetzt reicht's, wach bleiben kann man nicht und schlafen auch nicht. Du warst noch nie da oben«, er wies auf den schlanken Turm, der sich über ihren Köpfen erhob, »wir setzen uns an der Schattenseite auf das Sims und du erzählst mir, was du auf dem Wagenzug getrieben hast. Am Abend, wenn's nicht mehr so heiß ist, gehen wir zum Tempel der Liebe und sehn uns die Bettlegung an und«, er grinste anzüglich, »das Feuerwerk, wenn Artos seine Pflicht getan hat.«
    Ninian kicherte. »Oh ja, Feuerwerk liebe ich. Na, gut, klettern wir hinauf. Ist es schwierig?«
    »Nicht schwieriger als die kleine Einbruchstour, mit der du mir in den Ohren liegst«, neckte er sie, aber während sie über den Hof schlenderten, um das Seil zu holen, fügte er hinzu: »Wenn es nichts wird mit dem Feuerwerk, können wir uns das eine oder andere Haus ansehen. Heute Nacht werden viele leer stehen.«
    Erfreut sah sie ihn an.
    »Lass uns das tun. Vielleicht sollten wir gar nicht erst zum Tempel gehen«, meinte sie hämisch, »Artos ist nicht gerade in Leidenschaft zu seiner Braut entbrannt, er wird sich nach den anstrengenden Zeremonien erst mal ausschlafen.«
    Jermyn blickte in das hübsche, hochmütige Gesicht und stellte sich vor, wie es aussähe, wenn sie in Leidenschaft entbrannte.
    »Mal sehen«, erwiderte er nur.
    Sie brauchten nicht lange für den Aufstieg, das Sims war gerade breit genug, um bequem darauf sitzen und sie machten es sich im Schatten bequem. Die raue Mauer im Rücken dachte Jermyn mit wohligem Schauder an die Goldsäcke in der Turmkammer. Er musste den Wunsch unterdrücken, hineinzuklettern, um zu prüfen, ob noch alle da waren. Ninian hatte einen kurzen Blick darauf geworfen, aber sie hatte niemals Not gelitten, der Anblick erregte sie nicht weiter.
    Außer der Wasserflasche holte Jermyn ein leicht zerdrücktes Päckchen aus seinem Beutel. Als er die getrockneten Schilfblätter öffnete, kamen kleine, goldene Kuchen aus dünnem, mit grüner Paste gefülltem Waffelteig zum Vorschein.
    »Gierige, kleine Ratte«, knurrte er, »die besten Sachen behält er für sich. Das hab ich in seiner Schlafnische gefunden.«
    Er hielt Ninian das geöffnete Päckchen hin und lächelte. »Wie auf dem Alten Turm.«
    Sie lächelte zurück. »Ja, aber da war es immer dunkel.« Vorsichtig nahm sie einen der zerbrechlichen Kuchen.
    Sie ließen die Beine über das Sims baumeln und verschlangen Wags Leckereien. Die Steine kühlten ihren Rücken, ein leichter Wind machte das Atmen leichter und der Anblick der in der flirrenden Hitze brütenden Stadt erhöhte noch ihr Behagen.
    In der großen Stille, ab und zu unterbrochen von Trommelschlägen, begann Ninian zu erzählen.
     
    »Die ersten Tage waren scheußlich; ich durfte nicht zu früh auf den Zug stoßen, damit mich der Wagenführer nicht einfach zurückschickte. Auf der Straße zu bleiben wagte ich nicht aus Angst, mein Vater würde Leute hinter mir herschicken. Also ritt ich quer

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