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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Gestank nach Dung und menschlichen Ausdünstungen hing in der Luft und das holprige Pflaster war glitschig vom Kot der Zugtiere.
    Jermyn dröhnten die Ohren, er war wie betäubt. In der Verbannung hatte er vergessen, wie es an den Stadttoren zuging. Ein derber Stoß zwischen die Schulterblätter schreckte ihn auf.
    »Oi, Mann, was stehste da wie 'n Ölgötze und glotzt? Mach hinne, Dumpfbacke ...«
    Breitbeinig über der Deichsel stehend, trieb der Fuhrknecht sein Gespann an ihm vorbei, Jermyn konnte sich gerade noch mit einem Sprung zur Seite retten. Der Wagenkasten streifte ihn an der Schulter und er fluchte hinter dem Kerl her. Aber er war zu erschöpft, um dem Fluch Gewicht zu verleihen. Außerdem war er selbst schuld – wie ein dummer Bauer, der zum ersten Mal das göttliche Dea erblickt, stand er da.
    Ein vorübertrottender Gaul hob den Schweif und eine übelriechende Wolke stieg Jermyn in die Nase. Sein Kopf schwamm plötzlich, er kämpfte sich zu dem Bogenpfeiler durch und lehnte sich dagegen.
    Kalt und rau spürte er die verwitterten Steinbilder an seiner Haut und er drückte die Stirn daran, bis es schmerzte. Nach einer Weile legte sich der Schwindel, doch das flaue Gefühl im Magen blieb und er zwang sich, hinaus auf den Platz zu sehen. Essen – er musste etwas zu Essen finden und einen Schlupfwinkel, in dem er sich verkriechen konnte. Seine letzte Mahlzeit hatte er gestern Mittag gehabt und es war wenig genug gewesen.
    Sechzehn Tagesmärsche hatte er für die knapp dreihundert Meilen vom Haus der Weisen bis zum Nordtor gebraucht. Er war gelaufen, bis ihm die Augen zugefallen waren und sobald er ein Quartier für die Nacht gefunden hatte, war er in den Schlaf tiefer Erschöpfung gesunken. Es war ihm gerade recht gewesen, so hatte er nicht an Ninian denken müssen.
    Mit einem Ruck löste er sich von der Mauer und trat in das gleißende Licht hinaus. Zu seiner Rechten, im Schatten des Tores, lag eine Herberge der Grauen Brüder. Er war sehr müde und hungrig, das Schreiben von Vater Dermot würde ihm dort sofort Obdach verschaffen.
    Beinahe willenlos ließ Jermyn sich vom Strom der Menge fortziehen, bis er vor der Pforte stand und auf den schlichten Türklopfer starrte. Wenn er jetzt anklopfte, folgte er dem Rat der Väter – diesen weisen, wohlwollenden Ratschlägen, die ihn zu einem anständigen Menschen, einem geachteten Streiter für das Recht machen würden – und für immer von Ninian trennten.
    Verzweiflung stieg in ihm hoch, aber die Wut war stärker.
    In seiner Loge hatte der Bruder Pförtner das graue Gewand des Ordens gesehen, er trat aus der Pforte, um den Zögernden willkommen zu heißen. Doch die freundlichen Worte blieben ihm im Halse stecken, er erschrak vor dem Hass in den schwarzen Augen. Der junge Mann spuckte aus und wandte dem Bruder brüsk den Rücken zu.
    Kopfschüttelnd sah der Pförtner ihm nach, bis der rote Schopf zwischen den schmalbrüstigen Häusern am östlichen Ende des Volksplatzes verschwand. Was mochte solche Abneigung in einem Schüler der Guten Väter hervorgebracht haben? Voll Bedauern kehrte er in seine Zelle zurück.
    Jermyn aber hatte seine Entscheidung getroffen; er folgte den engen Gassen, die ihn unfehlbar dorthin zurückführten, woher er stammte – in die dunklen Viertel von Dea.
     
    Windmond 1463 p. DC
     
    Vierzehn Tage später saß er im Schankraum einer schäbigen Spelunke und verschlang den faden Eintopf aus Bohnen, Kohl und fasrigem Fleisch, den die mürrische Magd ihm hingestellt hatte. Die Mahlzeit war im Preis für das winzige Loch enthalten, das er bewohnte – der Wirt wusste bis jetzt nicht, warum er sich auf diesen Handel eingelassen hatte.
    Auf der Suche nach einer Unterkunft war Jermyn schnell klar geworden, dass er seine alte Lebensweise nicht mehr aufnehmen konnte.
    Eine Nacht hatte er für zwei Kupfermünzen in einer Bettlerherberge verbracht, aber für den Schmutz und das Ungeziefer war selbst dieser geringe Preis zu hoch gewesen. Außerdem musste er allein sein, die brodelnde Masse der Gedanken um ihn her bedrängten ihn nicht weniger als der Gestank der ungewaschenen Leiber.
    So hatte er sich eine Kammer gesucht, die er sich nicht leisten konnte, auch wenn er den Wirt dazu gebracht hatte, sich mit weniger zufriedenzugeben, als er zuerst gefordert hatte.
    Einer Magd hatte er ein paar Münzen gegeben, damit sie den kleinen Verschlag notdürftig säuberte. An die Sauberkeit hatte er sich gewöhnt, auch im Dreck der Elendsviertel wollte er

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