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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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suchte man einen freien Hehler auf, erfuhren sie in jedem Fall davon und kassierten ihren Anteil. Oder sie zwangen einen, für sie zu arbeiten.
    Jermyn lächelte schief. Er hatte den Vätern doch einiges zu verdanken, immerhin musste er nicht mit gekapptem Ohr herumlaufen. Und sie hatten ihn gut geschult – wie gut, würde sich bald herausstellen. Denn dass er seine besonderen Fähigkeiten einsetzen musste, wenn er etwas erreichen wollte, war ihm klar.
    Seine Kopfhaut prickelte – jemand näherte sich, jemand, der ihm nicht wohlgesonnen war.
    »Schau, schau, wer aufgetaucht is. Wenn das nich der junge Jermyn is, der so plötzlich 'nen Abgang gemacht hat.«
    In seine Gedanken versunken hatte er nicht bemerkt, dass neue Gäste den Schankraum betreten hatten. Einer der Männer war herübergeschlendert und setzte sich ohne zu fragen. Jermyn sah auf und blickte in ein glattes, gedunsenes Gesicht mit blassen, vorstehenden Augen.
    Da waren sie schon.
    Slick nannten ihn seine Kumpanen und er konnte recht wirksame Sperren um seinen Geist aufbauen. Jermyns Versuch, ihn auszunehmen, war an ihnen gescheitert. Slick hatte ihn festgehalten, seine Spießgesellen gerufen und gemeinsam hatten sie ihn zu ihrem Herrn geschleppt.
    Jetzt ging ein zufriedenes Grinsen über die stumpfen Züge.
    »Na, da wird sich der Patron aber freun. Er hat sich direkt Sorgen um dich gemacht, als du so plötzlich spurlos verschwunden bist. Wo haste denn gesteckt?«
    Jermyn antwortete nicht. Die beiden Männer, die mit Slick gekommen waren, lehnten feixend an der Theke. Sonst war der Schankraum leer.
    »Haste das Sprechen verlernt, Kumpel? Freust dich wohl nich, uns zu sehen, was? Ein kleines Vögelchen hat uns gezwitschert, dass de hier dein Unwesen treibst. Der Patron is ganz betrübt, dass de ihm noch nich deine Aufwartung gemacht hast, wie es sich für 'nen braven Gefolgsmann gehört.«
    »Ich bin nicht sein Gefolgsmann«, antwortete Jermyn gelassen.
    »Ach, nee? Es gibt da aber 'ne Abmachung zwischen euch, wenn ich nich irre.«
    »Nein, ich habe nie zugesagt. Zieh Leine, Slick.«
    »He, he, wie sprichste denn mit mir?«, rief der Mann mit gespielter Empörung. Er schien keinen Zweifel am Ausgang des Gesprächs zu haben und genoss es sichtlich.
    »Aber sei's drum. Du kommst jetzt schön mit uns zum Patron. Brauchst nich mal erklärn, wo de gewesen bist. Na, is das nich großzügig?«
    Jermyn sah ihn an. HAU AB UND NIMM DEINE FREUNDE MIT!
    »Oh nein, mein Freund, schon vergessen? Das klappt nich bei mir«, lachte Slick und Jermyn fühlte in seinem Geist den Filz, in dem sich sein Angriff vor drei Jahren so jämmerlich verfangen hatte. Er grinste. Das hier würde er genießen.
    HAU AB UND NIMM DEINE FREUNDE MIT!
    Der Gedanke zerfetzte die Sperre wie Spinnweben und Jermyn konnte kaum glauben, dass dieser schwache Widerstand ihn einmal aufgehalten hatte. Er verstärkte den Druck ein wenig und sah mit Genugtuung den Schrecken in den hervorquellenden Augen. Einen Moment lang versuchte der Mann den Schutz zu halten, aber Jermyn riss ihn lächelnd nieder.
    Verschwinde und lass dich hier nicht mehr blicken!
    Slicks Züge erschlafften. Gehorsam stand er auf, winkte seinen Begleitern und marschierte zur Tür. Sie folgten ihm mit einem verblüfften Blick auf ihr vermeintliches Opfer.
    Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, begann Jermyn zu lachen. So gut hatte er sich lange nicht gefühlt, so gut hatte er sich noch nie gefühlt! Vielleicht konnte er es in Dea wirklich zu etwas bringen. Und ja, er musste zugeben, dass die Väter ein Recht auf seine Dankbarkeit hatten. Ihre Schulung hatte ihn stark gemacht, wenn ihnen seine Pläne auch gewiss nicht gefallen würden. Aber das hatten sie sich selbst zuzuschreiben: Wenn er schon nicht Ninian haben konnte, dann wenigstens den ganzen Rest der Welt.
    Schon am nächsten Abend versuchten sie es ein zweites Mal.
    Nach seinem täglichen Streifzug schlenderte er durch die engen, schmutzigen Gassen zu seinem Schlupfwinkel zurück, mit ein paar Münzen in seiner Tasche klimpernd. Etwas war noch von dem Gold übrig, aber bald musste er für Nachschub sorgen.
    Heute hatte er sich am Palast des Patriarchen herumgetrieben. In seinem neuen Aufzug war er, wie die anderen jungen Müßiggänger, durch die breiten Straßen um das gewaltige, düstere Gebäude flaniert, scheinbar ziellos wie sie. Aber in Wirklichkeit wollte er sich mit den Gegebenheiten vertraut machen. Anzahl und Zugänglichkeit der Eingänge, Wachwechsel

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