AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
erkundigst dich nach den Hofleuten, aber es liegt dir nicht am Herzen. Vater sagt, manchmal seist du ganz abwesend und er müsste dich mehrmals ansprechen, bevor du antwortest. Was geht in dir vor, Kind? Und diese heftige Weigerung zu heiraten, ja, auch nur Brautwerber zu empfangen – du weißt doch sicher, dass schon einige Edle bei uns nachgefragt haben, sogar aus regierenden Häusern. Wir haben noch keine Verbindung ernsthaft erwogen, aber du bist im heiratsfähigen Alter und wir müssen uns mit dieser Frage beschäftigen.«
Mit mühsam beherrschter Stimme antwortete Ava:
»Wie soll ich einen Thronerben heiraten, wenn ich doch hier regieren werde? Was soll das für eine Ehe sein?«
Die Fürstin seufzte.
»So etwas lässt sich regeln, wenn wir auch eine solche Verbindung ablehnen, es sei denn, du wünschst sie.«
Ava schauderte.
»Ja, das dachte ich mir. Aber es ist gut, wenn man jemanden zur Seite hat. Bestimmt hast du gemerkt, wie zahlreich die Aufgaben eines guten Herrschers sind, wie viele Dinge er bedenken und im Sinne haben muss. Steht man damit allein, so ist die Gefahr groß, dass man etwas aus den Augen verliert, dass man ungerecht wird. Und man ist sehr einsam, selbst wenn man von vielen Menschen umgeben ist. Ich kann dir nicht sagen, wie froh ich bin, dass ich deinen Vater habe, obwohl ich damals, als ich ihn heiraten musste, nicht glücklich war, das kannst du mir glauben.«
Die Fürstin sah Ava ernst an.
»Du sagst, du seist kein Kind mehr – lass dir also diese Dinge wie eine erwachsene Frau durch den Kopf gehen. Du hast Zeit, dich an alles zu gewöhnen, dein Vater und ich, wir werden schon noch eine Weile unsere Arbeit tun. Denke darüber nach – du kannst ruhig hier bleiben. Ich will noch einmal nach unseren Waren sehen und mit dem Vorsteher der Kaufleute sprechen. Der Anteil, den sie verlangen, erscheint mir ein wenig unbescheiden.«
Sie nahm ihre Tochter in den Arm, drückte sie an sich und verließ mit kampflustig erhobenem Haupt das Gemach.
Ava blieb niedergeschlagen sitzen. Wie eine Erwachsene ... das war leicht gesagt. Sie sah ja ein, dass die Mutter recht hatte. Es schauderte ihr davor, alleine die ganze Last der Landespflege zu tragen und täglich sah sie die herzliche Zuneigung der Eltern, die aus der erzwungenen Verbindung erwachsen war. Niemals würde die Mutter ihr das zumuten, was sie selber erlebt hatte, auch wenn es besser ausgegangen war, als sie geglaubt hatte. Ava würde ihren Gatten selbst wählen dürfen und warum sollte sie nicht unter den jungen Edelleuten einen zuverlässigen und angenehmen Gefährten finden? Sie kannte die meisten von ihnen seit ihrer Kindheit und mit einigen war sie gut Freund. Ein besseres Mittel gäbe es nicht, um zu vergessen und endlich Ruhe zu finden. Es wäre so leicht, dem klugen Rat der Mutter nachzugeben.
Dann ist Jermyn in Wahrheit für dich verloren, du wirst ihn nie wieder sehen. Sie empfand die Worte so deutlich, als habe sie jemand ausgesprochen. Ava sprang auf. Das schöne Gemach der Mutter, das sie so liebte, erdrückte sie plötzlich.
Sie stürzte aus der Tür und stieß beinahe mit einem Pagen zusammen. Nachdem er seine Bestürzung überwunden hatte, richtete er ihr aus, dass die Lady Eyra dringend nach der jungen Herrin verlange.
»Sie bat mich, Euch jetzt zu ihr zu bringen«, setzte er zögernd hinzu, denn Ava nahm die Nachricht nicht freundlich auf.
»Du wirst der Lady Eyra mitteilen, dass ich auf dem Weg zum Fürsten bin und sie sich gedulden muss«, erwiderte sie kalt und der Page schlich bedrückt davon. Wie sollte er der gebieterischen Dame einen solchen Bescheid überbringen?
Ava hatte nicht vorgehabt, ihren Vater aufzusuchen, jetzt blieb ihr nichts anderes übrig als das Vorhaben wahr zu machen. Sie nahm den längsten Weg zu seinem Arbeitszimmer, der ihr einfiel, und als sie nach leisem Klopfen eintrat, fand sie seinen Baumeister bei ihm. Der Fürst sah auf, nickte freundlich und wandte sich wieder seinem Gespräch zu.
Ava setzte sich in die Fensternische und blickte in den Hof hinunter. Alles Gesinde, das nichts zu tun hatten, drängte sich um die Wagen der Kaufleute, sie sah den glänzenden, kahlen Schädel des Zugführers unter sich. Der Mann wirkte erhitzt und als ein Page zu ihm trat, warf er gereizt die Hände hoch und verschwand mit dem Jungen aus Avas Blickfeld. Nun würde die Mutter um den Preis feilschen.
Die Hofleute erteilten ihre kleinen Aufträge, sie bestellten Waren aus Dea, redeten eifrig auf
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