AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
Geist stattfand.
»Der Schatz, den Ihr den Brautschatz nennt, ist seit Jahrhunderten im Besitz der Familie, denn die Castlerea führen ihre Herkunft auf die Sieben zurück, die Kinder des Ulissos und der Göttin Demaris, die Dea gegründet haben. Immer standen sie dem Herrscherhaus nahe, in jedem Krieg zogen sie als Feldherren mit, in den Provinzen sammelten sie als Statthalter Reichtümer und oft war ein Castlerea Schwiegervater des Kaisers und damit die eigentliche Macht hinter dem Thron. Auf diese Weise kamen kostbare und einzigartige Dinge in ihren Besitz. Es heißt, den ersten Sternenschleier habe ein Castlerea dem Standbild der Demaris zu Füßen gelegt und sie habe die Familie dafür mit ihrer Huld gesegnet.
Die Alten sind vergangen und mit ihnen die Macht und Stärke der Castlerea. Vieles haben sie verloren, aber einige Dinge sind ihnen geblieben. Diesen Schatz bewachen sie eifersüchtig. Sie würden sich nicht davon trennen, selbst wenn es ihr Leben kostete. Daher ist es Unsinn, wenn die Sasskatchevan behaupten, den Schatz gäbe es nicht mehr. Ohne ihren Schatz würden die Castlerea verlöschen.«
»Woraus besteht er denn nun? Aus kostbaren Steinen oder Gold?«
»Der Geldwert der Gegenstände ist nicht entscheidend, es ist ihre Geschichte, die sie einzigartig macht.
Da ist zuerst ein Halsband, mit biegsamen, verschlungenen Gliedern, aus einem einzigen Stück Metall geschmiedet. Es gleicht dunklem Silber, aber es stammt nicht von der Erde, sondern stürzte in einem Gesteinsbrocken vom Himmel herab. Er schlug einen riesigen Krater, den heute das Wasser des Ouse-Sees füllt. Damals fanden sie auf seinem Grund schwarze Steine, die von den Adern dieses Metalls durchzogen war. Wer die Kette schmiedete und für wen, ist heute vergessen. Sie kam als Morgengabe zu einer Tochter der Castlerea, die zur Kaiserin aufstieg. Die Kette ist ohne Verschluss gefertigt und es geht das Gerücht, nur ein Castlerea könne sie über den Kopf streifen.
Das nächste Stück muss jede Braut der Castlerea tragen, obwohl es wahrlich kein bräutlicher Schmuck ist – ein Diadem aus weißem Gold, in das fünf schwarze Diamanten eingelassen sind. Wenn das Licht hindurch fällt, schimmern sie in tiefem Purpur. Diese Steine sind nur unter Lebensgefahr zu gewinnen. Sie wachsen in den Schloten eines feuerspeienden Berges, auf einer Insel in der Inneren See. Giftige Dämpfe steigen aus den Tiefen der Erde und wehe dem Kletterer, dem sie die Sinne benebeln – er stürzt in die flüssige Glut. Einige dieser Steine sollen die Castlerea selbst heraufgeholt haben. Vor allem der Verlust dieses Diadems bedroht die Hochzeit, denn keine Castlerea kann heiraten, ohne damit bekrönt zu sein. Der Diebstahl kam ans Licht, als man es aus den Gewölben holen wollte, um es für die jetzige Braut anzupassen.
Einen Ring gibt es, mit einem Stein, der die Farbe wechselt, wenn man ihn in eine Flüssigkeit taucht, die seinem Träger schadet. Sein tiefes Grün wird zu einem brennenden Rot und zu allen Zeiten war es vorteilhaft, den Wein zu prüfen, den einem die anderen Buhler um die Macht kredenzten.
Das einzig wirklich liebliche Stück in diesem Schatz ist eine große, tropfenförmige Perle und auch sie hat eine traurige Geschichte. Es heißt, es sei eine Träne der Demaris, die weinte, nachdem ihr sterblicher Gatte ertrunken war. Von allen Juwelen des Brautschatzes tragen die Damen der Castlerea nur dieses regelmäßig, denn wenn Perlen die Berührung der menschlichen Haut entbehren, sterben sie. Nach der Verlobung kam sie zu dem übrigen Schatz, damit die Braut sie in ihrer Brautnacht tragen konnte und so ist sie mit allem anderen verloren. Dann gibt es noch einen Feueropal, in den das Siegel der Castlerea geschnitten ist. Er ist faustgroß, mir ist kein größerer bekannt, und immer gleich warm, egal ob man ihn ins Feuer oder in Eiswasser legt.«
»Was ist mit meinem Ring, Vitalonga, was hat er für eine Geschichte?«
»Der Ring mit dem Augenachat? Ich muss Euch enttäuschen, er ist unbedeutend. Eine wunderbare alte Handarbeit, wie sie heute nicht mehr möglich ist, aber der Ring hat keine besonderen Fähigkeiten. Die Geschichte, der Achat sei das Auge des Riesen Pendennis, das Ulissos ihm ausstach, scheint mir nur eine Legende. Das ist der Schatz der Castlerea, über dessen Verlust die Familie verzweifelt.«
»Woher wisst Ihr das alles, Vitalonga? Habt Ihr die Schmuckstücke gesehen?«
»Denkt Ihr, ich sei nichts anderes als ein schäbiger
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