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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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den Stab und gehorsam verstummte der Jubel.
    »Wir begeben uns der Herrschaft für drei Nächte. Die Tore Unseres Friedens werden geschlossen. Es ist an euch, den Frieden zu halten. Bedenkt, dass mit dem dritten Fanfarenstoß bei Sonnenaufgang ihr wieder unter Unserer Herrschaft steht!«
    Der Patriarch hatte mit lauter, kräftiger Stimme gesprochen, Herolde wiederholten seine Worte durch große Bronzetrichter, so dass sie laut über die Menge schallten. Wie vorher der Hohe Priester trat auch der Patriarch zurück und hinter ihm verschwanden die Männer seiner Garde im Inneren des Palastes. Sie hatten Urlaub, man würde in diesen Tagen keine gelbroten Uniformen in der Stadt sehen. Mit den Stadtwächtern verhielt es sich anders - die hatte der Patriarch kurzerhand zur Feuerbekämpfungstruppe erklärt.
    Hinter Battiste und Caedmon schlossen sich die Tore nicht ganz so lautlos und eindrucksvoll wie am Tempel, aber das gleiche gewaltige Brausen stieg aus der Menge auf, schwoll an und wieder ab und als der letzte Streifen Licht verschwunden war, erhob sich eine gellende Stimme in seiner nächsten Nähe:
    »Und jetzt - geh kacken, Duquesne!«
     
    Um Mitternacht verlor das festliche Treiben seine Steifheit. Die Aufzüge der Gilden, die mit ihren Ehrenzeichen und herausgeputzten Schutzgöttern feierlich den Anfang gemacht hatten, lösten sich auf und vermengten sich miteinander. Die ersten Schlägereien gab es, als Fleischer und Gerber aufeinandertrafen, die seit alters her eine innige Feindschaft pflegten.
    Gesellen, die anfangs brav hinter den Meistern hergelaufen waren, brachen aus dem Zug aus und riefen derbe Scherzworte und unverhüllte Angebote zu den Meisterinnen und ihren Töchtern hinauf, die auf schön geschmückten Wagen hinterherfuhren. Die Mädchen lachten, die dreisteren beugten sich weit über den Wagenrand und verteilten freigiebig Küsse und Umarmungen, ohne auf die finsteren Blicke ihrer Mütter zu achten.
    »Wartet nur, wenn ihr’s so weitertreibt, werden euch die Masken erwischen!«, schalt es aus den Reihen der Matronen, von denen nicht wenige das Treiben der jungen Leute mit heimlichem Neid betrachteten. Aber in den Wilden Nächten gab es für alle Gelegenheiten ...
    Vollends in Verwirrung kamen die Züge, wenn eine Schar wild quiekender Schweine oder brüllender Stiere, gefolgt von schreienden und lachenden Burschen, in sie hineinrannte und alles wild durcheinander kugelte. Hatten sich die schimpfenden Handwerker mühsam aufgerappelt, griffen sie wahllos nach den Tierhetzern und brüllten:
    »Vors Gericht, vors Gericht mit euch Lumpen!«
    Sogleich fand sich in aller Eile ein Gericht zusammen mit Richtern und Bütteln und die Beklagten wurden nach allen Regeln der Kunst abgeurteilt und bestraft. Die Strafen gaben die Übeltäter dem Gelächter preis - je zwei wurden Bein an Bein zusammengebunden oder mit auf dem Rücken gefesselten Händen gegeneinander gehetzt.
    Die Richter gefielen sich in ihrer Rolle und weitere Missetäter wurden vor ihren Stuhl geschleift und verklagt.
    Der grobe Geselle, der die Lehrjungen über Gebühr prügelte, durfte von ihnen mit einer aufgeblasenen Schweinsblase verdroschen werden; der geizigen Meisterin, die zuviel Wasser an die Suppe tat, heftete man ein dickes Bund Suppengrün an den Busen und der Knecht, der mit seinem Schatz poussierte, während das übrige Gesinde die Arbeit tat, musste sein Mädel auf dem Rücken durch eine Gasse von schadenfrohen Zuschauern tragen, die mit Strohbündeln auf die beiden einschlugen.
    Weigerte sich jemand, die Strafe anzunehmen, packten harte Fäuste den Widerspenstigen; man schleppte ihn zum nächsten Brunnen und warf ihn hinein. Der Patriarch hatten den Brauch des Tauchens verboten, doch wer hielt sich in den Wilden Nächten an Verbote und Erlasse? Die meisten kamen triefend wieder zum Vorschein, aber jedes Jahr gab es einige Unglückliche, die den Brunnen nicht lebend verließen.
    Hier und da sah man auch schon Maskierte auf den Straßen, aber noch waren es wenige. Die Reichen und Vornehmen feierten diese erste Nacht in rauschenden Festen in ihren Palästen und Häusern. Die Straßen gehörten den einfachen Leuten, in der zweiten Nacht würden sich Hoch und Niedrig auf den Straßen mischen und erst in der dritten Nacht würden die dunklen Götter wirklich herrschen und die braven Bürger, die sich jetzt vergnügten, würden zitternd hinter ihren vernagelten Türen und Fenstern verschwinden. Noch aber waren die Lustbarkeiten

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