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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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würdigen Männer in ihren langen gestreiften Gewändern sahen auf, aber nachdem sie die beiden jungen Leute erkannt hatten, wandten sie sich wieder der Bilha und ihren Gesprächen zu.
    Ninian schluckte schaudernd zwei Tässchen des bitteren schwarzen Trankes, den Rest überließ sie Jermyn, aber es reichte, um ihren Kopf zu klären. Sie stöhnte. »Ich hab mich lächerlich gemacht, wie du gesagt hast.«
    »Nur ein wenig. Mir hat es gefallen, du bist sehr süß, wenn du berauscht bist.«
    Er berührte sie nicht - es hätte das Missfallen der anderen Gäste hervorgerufen - aber sein Blick war eine Liebkosung, so eindeutig, dass sie errötete.
    »W...was jetzt?«, stammelte sie, »ich könnte noch eine Bilha rauchen...«
    »Nein, so lange will ich nicht hier sitzen«, erwiderte Jermyn heiser, »gehn wir raus.«
    Kaum standen sie auf der Gasse, riss er sie an sich und eine Weile gab es nur den heftigen Schlag ihrer Herzen und den ungewohnten Geschmack des Weines, der ihr Blut seltsam erregte.
    »Lass uns nach Hause gehen«, flüsterte Ninian, als seine Lippen über ihren Hals wanderten.
    »Warum? Das können wir auch hier«, er schob seine Hände unter ihr Wams.
    »Du bist verrückt, Jermyn!«
    »Ja, das bin ich, verrückt nach dir.«
    »Nicht, es ist kalt ...«
    »Uns wird schon warm werden. Süße, Süße ...«
    »Ha, Unzucht an öffentlichen Plätzen!«, gellte es hinter ihnen. »Packt sie, vors Gericht und auf den Bock mit dem geilen Pack!«
    Ein Trupp Narrenbüttel hatte sie von der Straße aus erspäht und stürzte brüllend in die Gasse. Die beiden Ertappten fuhren auseinander, der rote Funke glomm in den schwarzen Augen und die Büttel stolperten und landeten auf allen Vieren. Jermyn ergriff Ninians Hand, sie rannten zum andern Ende der Gasse hinaus, während die Männer hinter ihnen fluchend übereinanderkollerten.
    »Was hast du gemacht?«, keuchte Ninian.
    »Ich habe jedem ein zweites Paar Beine gegeben. Die müssen sie jetzt erstmal sortieren.«
    Lachend und atemlos fanden sie sich schließlich auf einem weitläufigen Platz, der von großen Feuern erleuchtet wurde. Riesige Bratspieße mit Ochsen und Schweinen drehten sich darüber. Es waren die Tiere, die früher am Abend durch die Straßen gehetzt und erlegt worden waren. Die tapferen Jäger ließen sich von den erwartungsvollen Hungrigen feiern und schwangen zum Zeichen ihrer Herrschaft gewaltige Schöpfkellen, mit denen sie die brutzelnden Braten begossen. In der Mitte des Platzes erhob sich ein gewaltiges Fass, aus dessen vier Zapfen der Wein in Strömen floss. Nicht wenige Zecher lagen schon mit glückseligem Gesicht am Fuß des Fasses, hielten nur noch ihre Becher unter die Zapfhähne und rülpsten träge, wenn die anderen über sie hinwegstolperten. An langen Tafeln drängte sich grölendes Volk. Davor standen Fässer mit eingelegtem Kohl und aus großen Körben wurde Brot verteilt. Der Dunst von verbranntem Fett und vergossenem Wein, vermischt mit dem beißenden Qualm der Holzfeuer, hing über den Köpfen der Feiernden.
    Jermyn deutete mit dem Kinn auf den Ochsen, dessen verkohlte Beinstümpfe grotesk in den Himmel ragten.
    »Willst du was essen?«, schrie er über den Lärm hinweg, aber Ninian schüttelte sich. Die Männer bewegten den Bratspieß nicht eben geschickt, das Fleisch war an manchen Stellen schwarz verbrannt, an anderen blutig.
    »Nein, bewahre, ich kann mich beherrschen.«
    »Gut, mir wäre es auch nicht recht gewesen, etwas von dem da anzunehmen«, sagte Jermyn, als sie den Platz überquert hatten und das Geschrei hinter ihnen zurückblieb.
    »Von wem?«
    »Das Festmahl hat Fortunagra gestiftet. Hast du seinen Palast nicht erkannt? Die meisten Edlen richten in der Ersten Nacht einen Schmaus für die Bewohner ihres Viertels aus, um sie zu besänftigen, damit sie’s nicht zu bunt treiben. Sie könnten ja sonst auf die Idee kommen, den Palast zu stürmen.«
    Sie durchquerten Straßen und Gassen, die trotz der Dunkelheit und Nässe belebt waren wie bei Tage. An jeder Ecke gab es einen Weinstand, überall zeigten Gaukler ihre Kunststücke oder versuchten es doch wenigstens. Ein glückloser Feuerschlucker etwa versicherte lautstark, welch herrliche Wundertaten er vollbringen würde, während er fieberhaft versuchte, die feuchten Kohlen in dem kleinen Becken zu entzünden.
    Sie hatten das Wilde Viertel fast erreicht, als ihnen ein Festkarren den Weg versperrte, der unter dem Gewicht der ausgelassen tanzenden Insassen zusammengebrochen war.

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