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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Die meisten Fußgänger trampelten rücksichtslos über das wilde Durcheinander von zerborstenen Wagenplanken, Radspeichen und jammernden Verletzten, aber Jermyn und Ninian bogen davor in eine kleine Seitengasse ein und landeten auf einem kleinen, von einer Zeltplane überdachten Platz. Angespannte Stille herrschte hier, unterbrochen nur vom Klicken der Würfel, einem gelegentlichen Ausruf oder Fluch.
    »Glücksspieler ...«
    Jermyns Augen leuchteten auf. Er klimperte mit den Münzen in seiner Tasche, aber Ninian ergriff entschieden seinen Arm.
    »Oh, nein, du wirst dich nicht hier niederlassen und stundenlang spielen, während ich mich langweile. Wir wollten den Zug des Bettlerkönigs anschauen, erinnerst du dich? Deshalb sind wir nicht zur Schließung der Tore gegangen.«
    »Stimmt nicht. Ich schere mich nur einen Dreck um Götter und Staatsgewalt«, behauptete Jermyn, »ich brauche keine Erlaubnis um zu tun und zu lassen, was mir gefällt.«
    »Ja, ja, ich hätte es trotzdem gern gesehen. Oh, sieh mal«, sie stutzte, »das ist Wag, mit Kamante ...«
    »Oi, der Lump verzockt wieder mal mein Geld.«
    Sie gingen zwischen Tischen her und mischten sich unter die Zuschauer. Wag hockte vor einem hageren Mann im langen Talar eines Scholaren und starrte angestrengt auf drei Tonschüsselchen, die der Mann blitzschnell auf dem Tisch hin- und herschob.
    »Habt gut acht, werter Herr, ist sie hier oder dort, die kleine Maus? Ein Kinderspiel für einen scharfsichtigen Mann, folgt nur immer dem rechten Schüsselchen, Ihr könnt nur gewinnen, werter Herr, dafür braucht’s kein Glück, nur scharfe Augen. Nun, wo ist die Maus?«
    Der Scholar lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. Wag beugte sich vor, schaute von einem zum anderen, wobei er lautlos die Lippen bewegte. Schließlich deutete er auf das mittlere.
    »Das da, das muss es sein!«
    Der Spieler lüftete das Schüsselchen mit schwungvoller Gebärde.
    »Bedaure, bedaure, der werte Herr hat wohl nicht richtig hingeschaut«, sagte er mit kaum verhohlenem Spott.
    »Ei, zum Teufel«, rief Wag entrüstet und reichte widerwillig eine Münze hinüber, »ich hab’s doch genau gesehn. Aber das kommt von Eurem ständigen Gequatsche, ich werd ganz durcheinandrig davon. Haltet einfach mal den Schnabel!«
    »Meint Ihr? Gut, wie Ihr wollt. Aber dann ist es so einfach, dass Ihr den doppelten Einsatz wagen müsst.«
    »Ja, ja, schon gut. Mach voran!«
    »Wag, mir is langweilig.«
    Kamante, die mit mürrischem Gesicht dabei stand, stieß ihn ungeduldig an, aber er schüttelte ihre Hand ab.
    »Warte, Mädchen, nur noch einmal.«
    Der Scholar hielt die winzige, aber perfekt geschnitzte Holzmaus hoch und legte sie unter das rechte Schüsselchen. Er drehte auch die anderen beiden wieder um und begann sein Spiel von neuem. Dabei presste er übertrieben fest die Lippen zusammen und rollte vielsagend mit den Augen. Auch als die Schüsselchen zum Stillstand kamen, sagte er nichts, sondern hob grinsend die Brauen.
    »Jetz hab’ ich’s genau gesehn: das is es!«
    Wag deutete triumphierend auf das rechte Schüsselchen und griff schon nach dem Münzstapel des anderen.
    »Biste sicher, Freund? Ich mein, es wär das hier. Ich hab’s nich aus den Augen gelassen.«
    Ein stämmiger Mann im weinroten Goller beugte sich vor und tippte auf das mittlere Gefäß.
    »Nee«, Wag schüttelte eigensinnig den Kopf, »was redste denn? Das rechte is es, nich wahr, Kamante?«
    »Weiß nich, hab nich geschaut«, entgegnete das Mädchen missmutig und spielte gelangweilt mit dem Naschwerk in ihrer Hand. Wag kniff ein Auge zusammen und musterte den Mann im roten Goller listig.
    »Steckst mit ihm unter einer Decke, was? Sollst die Leute irre machen. Nee, nee, ich weiß, was ich weiß, das rechte is es!«
    »Oi, du Schandmaul ...«
    Bevor der Beschimpfte seinem Groll Luft machen und Wag am Kragen packen konnte, hob der Gaukler die Schüsselchen und beide Männer rissen die Augen auf.
    Das Mäuschen saß unter dem linken.
    Wag fuhr zurück.
    »Da soll mich doch dieser und jener! Wie kommt des denn da hin? Jetzt blinzelt mich des Aas auch noch an. Was denn?«
    Der Scholar deutete mit spitzem Finger auf seine geschlossenen Lippen.
    »Na, red meinetwegen wieder«, Wag nickte ärgerlich, »aber ich kapier’s nich.«
    Kamante zupfte ihn am Ärmel. »Wag, lass gehn, ich mag nich mehr.«
    »Hört auf Eure Freundin, überlasst Euren Platz einem, der dem Wein noch nicht zugesprochen hat«, spottete der Scholar und sah den

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