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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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fröhlich und derb, nicht bösartig.
     
    Jermyn und Ninian saßen auf zwei Tonnen und aßen knusprig geröstete Schweinehaut, so scharf gewürzt, dass sie immer wieder zu der Korbflasche zwischen sich griffen. Sie war mit verdünntem Wein gefüllt, denn in diesen Nächten war es nicht ratsam, etwas anderes zu trinken. Die Wasserspucker setzten ihre Ehre darein, in jeden Brunnen, in jedes Fass, jeden Eimer zu spucken, der nur Wasser enthielt und da war es besser, sich ihrem Willen zu beugen und Wein zu trinken.
    »Wir schütten nachher im Schwarzen Hahn Kahwe hinterher«, hatte Jermyn gesagt, als Ninian die Korbflasche zweifelnd beäugte.
    »Na, das tröstet mich ungemein«, hatte sie erwidert, aber dann war ihr das säuerliche Zeug so schwach erschienen, dass sie es bedenkenlos getrunken hatte. Nun glühten ihre Wangen und sie war sehr heiter.
    »Schau, das könnten wir auch«, mit einem geringelten Stück Knusperschwarte deutete sie auf die Akrobatin, die mit zierlichen Schritten über die Stange lief, die auf den Schultern zweier kräftiger Männer ruhte. Jermyn peilte die Stange über den Daumen an.
    »Ich schon, aber du nicht. Du würdest sofort danebentreten und herunterpurzeln.«
    »Würde ich nicht!«
    »Doch!«
    »Nein! Pass auf!«
    Sie sprang von der Tonne und lief zu den Gauklern. Als sie auf einen der Männer einredete, schüttelte der unwillig den Kopf. Sie stampfte ärgerlich mit dem Fuß auf. Jermyn rutschte von seinem Fass und schlenderte gemächlich zu ihnen.
    »Ich will aber hinauf«, rief Ninian störrisch und der Mann verdrehte die Augen. Die Seiltänzerin stand abwartend auf der Stange und schlenkerte einen Fuß hin und her. Sie musterte Ninian spöttisch.
    »Du wirst dich lächerlich machen«, murmelte Jermyn, trotzdem bohrte sich der schwarze Blick in die Augen des Trägers.
    Es ist uns eine Ehre, das Fräulein gewähren zu lassen.
    Der Blick des Mannes wurde glasig.
    »Komm herunter«, rief er der überraschten Tänzerin zu. »Es ist uns eine Ehre, das Fräulein gewähren zu lassen!«
    Das Mädchen sprang widerwillig zu Boden und der Gaukler beugte das Knie, damit Ninian auf seine Schulter klettern konnte. Ein wenig schwankend richtete sie sich auf.
    Der Erdboden lag viel tiefer, als es von unten ausgesehen hatte, die Stange schien dünn wie ein Bindfaden. Sie schwang hin und her, auch die Träger bewegten sich oder narrte sie das flackernde Licht der Fackeln? Sie sah in das geschminkte Gesicht der Gauklerin, deren herabgezogene Mundwinkel sich triumphierend hoben.
    »Traust dich nicht, ha?«
    Ninian schloss die Augen und machte einen vorsichtigen Schritt. So ging es besser. Sie fühlte die Stange fest unter den Füßen und schob sich mit ausgebreiteten Armen langsam vorwärts. Als sie das Gefühl hatte, Stunden in der Luft zu sein und die gesamte Länge hinter sich gebracht zu haben, blinzelte sie vorsichtig. Das war ein Fehler: sie war nur bis zur Mitte gekommen und das vermaledeite Ding schwankte mehr denn je ...
    Jermyn stand unter ihr und sie schielte auf sein halb lachendes, halb besorgtes Gesicht hinab.
    »Hast du gesehen, dass ich es kann?« Sie musste heftig mit den Armen rudern, um das Gleichgewicht zu halten.
    »Ja, ja, du kannst es, komm runter, Süße!«
    Erleichtert ließ sie sich in seine Arme fallen. Sofort schwang sich die Tänzerin wieder auf die Stange und tänzelte leichtfüßig von einem Ende zum anderen. Jermyn fischte eine Silbermünze aus seinem Wams und warf es ihr zu. Sie fing es geschickt auf und dankte mit einer spöttischen Kusshand.
    Ninian wandte den Gauklern grußlos den Rücken und nachdem sie ein Stück schweigend gegangen waren, sagte sie würdevoll:
    »Ich wäre bis zum Ende gekommen, aber ich hatte keine Lust mehr, vor dieser bemalten Puppe auf und ab zu marschieren, verstehst du?«
    »Ja, sicher, ich versteh alles«, erwiderte Jermyn begütigend und schlang den Arm um ihre Schultern, »und jetzt gehn wir zum Schwarzen Hahn, mein Schatz!«
    Sie betraten die Fremdenschenke durch die Hintertür in der kleinen Seitengasse. Sie öffnete sich auf ein besonderes Klopfzeichen, das nur gute Kunden kannten. Die vordere Tür und die großen Fenster waren fest mit Brettern vernagelt, der Wirt und seine Stammgäste hielten nichts von den Wilden Nächten - es waren nicht ihre Götter, die da verehrt wurden. So bildete die Schenke einen kleinen Hafen des Friedens und nur gedämpft drang der Lärm des wilden Getümmels auf den Straßen durch die dicken Mauern. Die

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