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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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meiner Nachbarn hier unter der Brücke ist ein komischer Kauz. Er behauptet, in diesen unterirdischen Gängen müssten Schätze versteckt sein, die die Bewohner der Alten Stadt dort vor den eindringenden Barbaren versteckt hatten und die vergessen wurden, nachdem ihre Besitzer unter den Schwertern der Eroberer umkamen. Er verbringt seine Tage damit, diese Gänge zu durchstöbern und hat alles zusammengetragen, was er über das Kanalnetz finden kann. Ab und zu überkommt ihn das Verlangen, sich mitzuteilen und dafür bin ich ihm gerade recht, denn ich kann ihn weder unterbrechen noch sein Geheimnis verraten. Und so habe ich eine ganze Menge über diese unterirdische Stadt erfahren, ob ich wollte oder nicht. Er hat mir sogar einmal eine Zeichnung gemacht, um mir zu zeigen, wo sich die Suche lohnen würde.«
    Jermyn übersetzte für Ninian, sie richtete sich auf und nickte eifrig.
    »Eine Zeichnung? Die bräuchte ich. Habt Ihr sie noch?«
    »Ich werfe nie etwas weg«, erwiderte Vitalonga würdevoll, »aber es kann dauern, bis ich es finde.«
    Umständlich erhob er sich und verschwand in den tiefen Gewölben, die sich hinter seinem Laden tief in die Ufermauer hinein erstreckten.
    Er blieb lange weg und nachdem Jermyn Ninian erzählt hatte, was er erfahren hatte, gesellte er sich zu ihr auf die Kissen vor dem Kamin. Sie fuhren auseinander, als sie Vitalongas schlurfende Schritte hörten. Er übersah geflissentlich ihre geröteten Gesichter, breitete die Papierrolle, die er mitgebracht hatte, auf dem Tisch aus und beschwerte sie mit dem Kahwekännchen und einem schweren Messingmörser. Dann beugten sich der alte und die beiden jungen Köpfe über die Zeichnung. Sie war genau und sorgfältig ausgeführt und nach einer Weile meinte Ninian:
    »Darauf hätte ich auch selbst kommen können!«
    Wie die Strahlen der Windrose waren die Hauptkanäle um einen Mittelpunkt angeordnet, von dem aus sich mächtige Pfeiler wie Keile zwischen je zwei dieser Kanäle schoben. Die ganze Anordnung sah nicht anders aus als die achtblättrige Blüte aus Steinwürfelchen, die jetzt neben der Zeichnung lag. Vitalonga schmunzelte und strich sich das Kinn.
    »Stimmt, die Alten liebten derbe Späße, sie wählten als Zeichen ihres Abwassernetzes eine Blüte und nannten es Nonolet, das heißt in unserer Sprache ,Stinkt nicht’, aber tatsächlich stank nur das Geld nicht, das sie als Steuer auf das Abwasser erhoben, die Kloake selbst ... nun, ihr wisst ja, wie unerträglich der Fluss manchmal riecht, und das kaiserliche Dea war doppelt so groß wie die heutige Stadt.«
    Jermyn lachte und wiederholte Vitalongas Worte für Ninian, dann wandte er sich wieder der Zeichnung zu, deren Genauigkeit ihn beeindruckte.
    »Euer komischer Kauz scheint sich gut auszukennen, wenn er solche Zeichnungen machen kann. Vielleicht wäre es nützlich, ihm auf den Zahn zu fühlen. Ihr sagt, er sei Euer Nachbar - ist er Händler wie Ihr? Besucht er Euch oft?«
    »Er hat einen kleinen Laden und tut so, als handle er mit alten Büchern und Karten, aber ich bitte Euch: Bücher und Karten in dieser Feuchtigkeit! Ich habe die einzigen trockenen Gewölbe in diesem Gemäuer, weil ich hier im ältesten Teil sitze. Und wie oft er mich besucht? Nun, ab und zu, aber wenn ich es recht bedenke, war er jetzt schon recht lange nicht mehr da, ich habe ihn nicht einmal an meinem Laden vorübergehen sehen. Wer weiß, vielleicht hat er seinen Schatz gefunden und hockt in einer Villa am Ouse-See. Aber jetzt sagt mir, woher kommt dieses plötzliche und unerwartete Interesse am Kanalnetz dieser Stadt? Ich dachte, euer Wirkungskreis ...«
    »... läge eher in schwindelnder Höhe? Da habt Ihr recht, aber ein Kollege bat mich um einen Gefallen und so hat es uns in die Unterwelt verschlagen. Es ist eine ärgerliche Geschichte, aber wenn Ihr wollt, erzähle ich sie Euch. Hier ist es wenigstens warm. Also, im vorigen Jahr ... «
    »Sprich laut, Jermyn, ich verabscheue es, wenn ihr in Gedanken redet und euch dabei so stumm anstarrt«, beschwerte Ninian sich und er begann von neuem:
    »Im vorigen Jahr erhielt mein Kollege einen merkwürdigen Auftrag. Den Auftraggeber bekam er nie zu Gesicht - der Vermittler war ein Seelenloser, der nur wiederholte, was ihm gesagt worden war, aber nicht auf Fragen antworten konnte. Trotzdem klang die Sache so verlockend, dass mein Freund zusagte. Es hörte sich an wie eine Geschichte der Bänkelsänger: ,Steige in die Kammer, schaue nicht nach rechts oder links, nimm dies

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