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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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konnte nicht zielen.
    »Gebt sie frei«, versuchte sie das Tosen des Sturms zu überschreien, »sonst zerschmettere ich euch! Lasst sie los!«
    Umsonst - ihren Worten fehlte Jermyns beherrschender Wille. Hilflos musste sie zusehen, wie Kamante an den Abgrund gestoßen wurde.
     
    Jermyns Zähne klapperten, während er über die glitschigen Dachplatten rannte. Regen prasselte auf seinen nackten Rücken, aber das Auf- und Niederzucken der Blitze vor ihm zeigte wenigstens, dass Ninian noch nichts geschehen war.
    Einmal glaubte er, auf der anderen Seite eine dahineilende Gestalt zu sehen, aber der stetig fallende Vorhang aus glitzernden Wassertropfen ließ keine genaue Sicht zu.
    Plötzlich drang eine wohlbekannte, schrille Stimme aus der Gasse herauf. »Patron, oi, Patron, Hilfe, ich steck fest ... Hilfe!«
    Jermyn beugte sich über die niedrige Brüstung und sah Wag hilflos gefangen in der Menschenmasse, die sich durch die Gasse schob. Nur sein weißes, flehend nach oben gewandtes Gesicht und ein Arm, den er wie ein Ertrinkender in die Luft reckte, ragten aus dem Gewühl. Von der Menge hin- und hergestoßen drohte der schmächtige Mann erdrückt zu werden.
    Mit einem letzten Blick auf die blitzumtosten Dächer schwang Jermyn sich fluchend über die Brüstung. Gefolgsleute - sie waren eine Last und eine Plage!
    Dubaqis Gesicht tauchte über ihm aus dem Regen auf.
    »Wo willst du hin? Sie sind da vorn, auf dem Dach.«
    »Ich weiß, ich muss hinunter, lauf weiter, hilf ihr!«, eilig ließ er sich die Mauer hinab.
    Das herannahende Gewitter hatte die Menschen in Angst versetzt, Zurufe würden sie nicht beachten und so ergoss Jermyns Geist sich zum zweiten Mal in dieser Nacht in ihre Köpfe.
    Ruhig, bewegt euch nicht! Es herrscht keine Gefahr!
    Wie ein aufgeschrecktes Pferd den beschwichtigenden Worten und dem Schenkeldruck eines geübten Reiters gehorchte ihm die Menge. Vorsichtig suchte er sich einen Weg über ihre Schultern, sie standen so eng, dass er zwischen ihren Köpfen kaum Platz für seine Füße fand. Als er endlich bei Wag angelangt war, schien der kleine Mann einer Ohnmacht nahe zu sein, so fest war er zwischen den anderen eingeklemmt.
    »Patron, da biste ja. Hilfe«, murmelte er kaum hörbar und Jermyn fragte sich, wie er ihn dort herauskriegen sollte.
    Aber schließlich gibt es manches, womit man um keinen Preis in Berührung kommen möchte ...
    »Uäh, mach Platz, der Saubär kotzt, der kotzt mir die Hucke voll ...«
    »So ’ne Sauerei ...«
    »Weg, weg, wie das stinkt ...«
    Jermyn machte seine Sache gründlich, einige der Umstehenden begannen zu würgen und alle versuchten eilig, aus Wags unmittelbarer Nähe zu entkommen. Als er seinen unglücklichen Gefolgsmann schließlich wie einen Korken aus der Flasche gezogen hatte, schubste und schleppte er den Halbtoten unter einen Balkon. Er schwang sich hinauf und zog den kleinen Mann mit Hilfe einiger rasch zupackender Hände zu sich hoch.
    »Kamante, was is mit Kamante?«, stieß Wag hervor, sobald er reden konnte.
    »Ninian versucht sie zu retten, Schwachkopf«, fuhr Jermyn ihn grob an, »und ich könnte ihr helfen, wenn ich mich nicht um dich kümmern müsste. Jetzt halt die Klappe und spar dir die Luft zum schnaufen, damit wir hier wegkommen!«
    Als sei es Wag gewesen, der die Stockung verursacht hatte, kam Bewegung in die Menge. Mehrere bewegliche Gesellen machten es Jermyn nach und kletterten auf die tieferliegenden Balkone. Nachdem Wag sich etwas erholt hatte, half Jermyn ihm hinunter auf die Gasse und sie drängten vorwärts so schnell es ging. Über ihnen zuckten Blitze, der Wind trieb ihnen den Regen in die Augen und plötzlich schrie Wag auf.
    »Patron, da oben, schau!«
    Auf den Dächern zu beiden Seiten der Straße hoben sich vor dem flackernden Himmel schattenhafte Gestalten ab. Über die Zinnen zur Rechten schossen Flammenbündel durch die Schwärze und in ihrem Schein sah Jermyn Ninian mit weit ausgestreckten, lodernden Armen. Zur Linken schwankte ein Knäuel wild stoßender Köpfe, Arme und Beine vor und zurück. Abgerissene Schreie drangen zu ihnen herunter.
    Wieder schrie Wag gellend, ein Blitz flammte und aus dem Haufen löste sich eine Gestalt, schoss über die Dachkante und fiel wie ein Stein auf die schreienden Menschen, die nach allen Seiten auseinanderstoben.
    »Kamante«, flüsterte Wag tonlos, aber Jermyn schüttelte den Kopf.
    »Nein, das war einer von den Bastarden, ich hab die Maske gesehn.«
    Er hatte kaum ausgesprochen, als es

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