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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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zurück. Es half Kamante nicht, wenn sie vor lauter Hast abstürzte.
    Nachdem sie zwischen den durchbrochenen Zinnen hindurchgeklettert war, strich sie die nassen Haare aus den Augen und spähte zu den Dächern auf der anderen Seite hinüber. Das nächtliche Dunkel und der graue Regenschleier versperrten ihr die Sicht und einen verzweifelten Augenblick lang glaubte sie, ihre Beute verloren zu haben. Dann blitzte zwei Häuser weiter etwas silbrig-weiß auf: Einer der Maskierten hatte sich nach ihr umgedreht.
    »Aber ja, mein Freund, so schnell werdet ihr mich nicht los!«, dachte sie grimmig und rannte weiter, so schnell sie es bei der schlechten Sicht und den schlüpfrigen Ziegeln wagte.
    Nachdem sie Jermyns Botschaft in ihrem Kopf gehört hatte, war sie über die Schultern der Menge, die sich ihr willig darboten, Kamantes Entführern gefolgt.
    Wie bösartige Vögel mit wilden Schwingen waren sie vor ihr hergeeilt, zwei hatten das zappelnde Bündel getragen, die anderen ihnen mit Peitschenhieben den Weg gebahnt. Um ihre Verfolgerin hatten sie sich nicht gekümmert und Ninian war nahe genug herangekommen, um das kalte Feuer einzusetzen. Doch die unruhigen Bewegungen und die wehenden Mäntel hatten es unmöglich gemacht, sorgfältig zu zielen, sie musste fürchten, Kamante zu treffen.
    Aus dem Augenwinkel hatte sie gesehen, wie sich die anderen Masken gegen Jermyn zusammenrotteten, aber sie hatte ihm nicht helfen können - eine Gestalt war aus dem Schwarm vor ihr ausgebrochen und hatte sich ihr in den Weg geworfen. Gespenstisch bleich war der lange Raubvogelschnabel unter der schwarzen Vermummung hervorgesprungen.
    Ich brech dir deine verdammten Knochen, Hure ...
    Wie Nadelstiche hatten sich die hasserfüllten Gedanken in ihren Kopf gebohrt, siegesgewiss hatte der Maskierte nach ihr gegriffen. Aber ihre Sperren hatten widerstanden, die Beine waren nicht unter ihr eingeknickt. Ihre Finger hatten sich in die zupackenden Hände verhakt, es hatte gezischt und blaue Funken gesprüht und der Gestank nach verschmortem Leder war ihr widerlich in die Nase gestiegen. Sie hatte den brüllenden Mann von sich gestoßen und war weiter gerannt, um die Fliehenden nicht verlieren.
    Trotz der Peitschen waren die Entführer in der überfüllten Gasse nur schlecht vorangekommen. Schließlich hatte einer seine Peitschenschnur um die Brüstung eines niedrigen Balkons geschleudert und sich daran hochgezogen. Die anderen hatten Kamante hinaufgereicht und waren hinter ihm hergeklettert. Sie waren stark und geschickt, diese Männer, nicht zu unterschätzende Gegner, und wieder hatte Ninian nicht gewagt, das kalte Feuer einzusetzen, zu groß war die Gefahr, dass sie ihr Opfer im Sturz mit sich rissen. Von Stockwerk zu Stockwerk waren sie geflohen, bis sie vom obersten Balkon auf das Dach gelangt waren und ihre Flucht dort fortgesetzt hatten.
    Ninian hatte schnell gesehen, dass sie den gleichen Weg wählen musste, doch am Fuß des Gebäudes hatten sich mehrere Vermummte versammelt, um sie daran zu hindern, und sie durfte sich nicht mit Kämpfen aufhalten. Auch die Fassaden auf der anderen Straßenseite hatten guten Zugang auf die Dächer geboten und so war sie an dem Maßwerk hochgeklettert, bis ihr der Fehltritt blutige Zehen beschert hatte.
    Sie hatte die Fliehenden jetzt beinahe eingeholt und erleichtert sah sie, dass Kamante sich noch wehrte. Auf ihrer hastigen Flucht gelang es den Männern nicht, das Mädchen dauerhaft außer Gefecht zu setzen. Vielleicht wollten sie ihr Spielzeug auch nicht durch einen zu heftigen Schlag unbrauchbar für spätere Belustigungen machen ... Plötzlich hasste Ninian die Maskierten wie sie nie zuvor Menschen gehasst hatte. Ohne sich zu besinnen schleuderte sie, über die Straßenschlucht hinweg, blauweißes Feuer nach ihnen. Zischend fuhr die Garbe in eine der verspielten Zinnen, Steinbrocken spritzten nach allen Seiten auseinander, aber sie hatte ihr Ziel verfehlt und höhnisches Gelächter klang zu ihr herüber.
    Sie biss sich auf die Lippen - es war töricht, die Himmelskraft zu verschwenden.
    Auf der anderen Seite war die Flucht unterdessen zu einem Ende gekommen. Eine Lücke klaffte in der Häuserfront, wo eine Gasse in die Straße mündete. Nur ein schmaler Durchgang, kaum breit genug für einen Handkarren, doch bis zum nächsten Haus war es ein furchterregender Sprung, zumal mit dem zappelnden Mädchen zwischen ihnen.
    Die Masken verharrten, sie schienen unschlüssig, welchen Weg sie einschlagen sollten.

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