AvaNinian – Zweites Buch
beschaffen, ich möchte so ungern den Patriarchen deshalb bemühen ...«
Die liebliche Stimme schmeichelte, aber Fortunagras geübtes Ohr vernahm deutlich den drohenden Unterton. Da war ein Stachel in ihren Worten, spitz wie der stählerne Dorn in den zarten Seidenblüten an ihrem Ausschnitt.
»Herrin, ich diene Euch, mit allem, was in meiner Macht steht«, säuselte er und verwünschte die Anwesenheit der Frisurenmeisterin, die ihn hinderte, die wahren Absichten der kleinen Metze herauszufinden - obwohl es klug war, dass Isabeau ihn in Gegenwart der Dienerin empfing. Alle Welt wusste, dass er nicht zu ihren Bewunderern gehörte.
Als hätten die Dunklen Götter seinen Wunsch vernommen, sah die Meisterin auf und sagte unterwürfig:
»Verzeiht, Herrin. Ich finde die Perlen nicht. Erlaubt, dass ich dies Band nehme«, sie hielt ein glänzendes Brokatband hoch, aber die Fürstin schüttelte unwillig das Haupt.
»Unsinn, dein Geschmack lässt dich im Stich. Geh und such meine Jungfer, sie wird wissen, wo das Perlenband ist.«
Die Meisterin machte ein langes Gesicht. Das bedeutete einen umständlichen Gang in die Quartiere der Dienstboten, die Jungfer würde auf das Recht der Wilden Nächte pochen und musste mühsam überredet werden. Mit einem mürrischen Blick nach dem Beutelchen auf dem Frisiertisch verließ sie ohne Knicks das Gemach.
Die Fürstin wog es in der Hand.
»Heute muss ich sie mit Gold bezahlen«, sagte sie wehmütig, »damit sie ihre Arbeit tut, aber auf manche Dienste kann man nicht verzichten, nicht wahr, lieber Freund?«
Sie legte den Beutel zurück, zog die vermisste Perlenschnur aus ihrer Gürteltasche und ließ sie mit herausforderndem Lächeln durch ihre Hände gleiten.
»Nun, was sagt Ihr zu meiner Bitte, edler Fortunagra?«
»Ich sage, es ist gefährlich, giftigen Kriechtieren nahe zu kommen, Herrin.«
Die Fürstin lachte silbern und griff nach der Hasenpfote.
»Nicht, wenn man weiß, wo man das Tier packen muss.«
Sie betrachtete sich im Spiegel und stäubte ein wenig Puder über Gesicht und Dekolleté.
»Ach, ich werde alt«, klagte sie, »diese nächtlichen Feiern sind nichts mehr für mich. Ich werde heute Nacht meinem lieben Gatten Gesellschaft leisten und ein wenig mit ihm plaudern. Mir ist so mancher pikante Klatsch zu Ohren gekommen, es wird Cosmo gewiss amüsieren, davon zu hören.«
»Ihr würdet die Nacht des Mondes berauben«, antwortete Fortunagra mechanisch, während sein flinker Verstand arbeitete. Sie wusste etwas. Auf irgendeine Weise hatte sie von den Plänen des Nizam erfahren und nun drohte sie ihm. Donovan? Hatte ihn der Vorschlag so erschüttert, dass er der Stiefmutter sein Herz ausgeschüttet hatte? Dann musste er auf seiner Hut sein. Wenn nicht nur der geliebte Sohn von dem Verrat berichtete, sondern auch die Frau, die ihm so geschickt die letzten Tage versüßte, mochte der Patriarch ihnen wohl Glauben schenken und seinem alten Weggefährten seine Gunst entziehen. Und sobald die schützende Hand des Alten nicht mehr über ihm schwebte, würde Duquesne zuschlagen. Die Pläne Haidaras würden offenbar werden - der Nizam war ein rachsüchtiger Despot, der in dem Ariten einer furchtbaren Waffe gebot.
Machte Fortunagra Isabeau andrerseits zu einer Verbündeten - eine kluge, ehrgeizige Frau und skrupellos dazu - konnte sie ihm nützlich sein. Entschlossen stieß er die Spitze seines Gehstocks auf den Marmorboden und erhob sich.
»Lassen wir das Versteckspiel, Fürstin. Was wollt Ihr? Abgesehen, von den Purpurtieren ...«
»Ach, vergesst den Purpur - eine scheußliche Farbe, die mir überhaupt nicht steht«, schmollte sie kokett. Dann senkten sich ihre Mundwinkel und die blauen Augen wurden hart wie Glasmurmeln.
»Sorgt dafür, dass ich nach Cosmos Tod unter einem neuen Herrscher Stellung und Einfluss behalte! Ich will nicht in Bedeutungslosigkeit versinken, aber bei den großen Familien habe ich keine Unterstützung. Wenn Ihr mir das zusichert - und ich weiß, dass es in Eurer Macht steht - will ich nicht nur schweigen, sondern Euch helfen.«
Fortunagra zupfte die Spitzen an seinem Handgelenk zurecht und nickte langsam. Etwas ähnliches hatte er vermutet. Aber er wusste auch etwas von ihr, von ihren Wünschen und Begierden.
»Ich werde noch weiter gehen, liebe Isabeau - ich darf Euch doch so nennen, da wir nun ein kleines Geheimnis miteinander haben? Versprecht mir, ein Auge auf Donovan zu haben. Haltet ihn davon ab, seinen Vater mit, hm, falsch verstandenen
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